Ansichten eines Informatikers

Sony und Panasonic gegen Nikon und Canon

Hadmut
1.6.2018 23:16

Bemerkenswert.[Nachtrag]

Als ich Student war, gab es drei große Kameramarken für normale Kleinbildspiegelreflexkameras: Canon, Nikon und Minolta. Natürlich noch diverse andere, Pentax und jede Menge solcher, deren Namen mir kaum noch einfallen, und letztlich spielte die Kamera keine allzu große Rolle. Die Kamera bestand aus Sucher, Filmhaltung und Verschluss. Fertig. Da gab’s nicht viel, was Einfluss auf die Qualität nehmen konnte, und die Belichtung hat man gerne mit einem externen Belichtungsmesser gemessen. Ausschlaggebend waren die Objektive, und selbst die waren im Vergleich zu heute meist, naja, bescheiden, weil sie nicht besser sein mussten. Normaler Film hat nicht so eine super Auflösung, und weil man Bilder mit dem Diaprojektor oder als Foto 10×15 oder vielleicht auch mal 13×18 angesehen hat, kam’s da eh nicht so drauf an. Viele der alten „Objektivschätzchen” sehen besser aus als ihre Abbildungsleistung tatsächlich ist.

Ich hatte mir als Student eine Minolta gekauft. Ein Kumpel dagegen die Nikon. Kauf die Nikon, sagte er, die ist besser. Ich sah das damals anders. Minolta als nicht so der erste Hirsch am Platz war einfach günstiger als Canon und Nikon. Mit Canon hatte ich als Kind schon fotografiert (Papis Kamera, AE-1 und A-1), war auf die aber gar nicht gut zu sprechen, weil die A-1 trotz nur seltener Benutzung direkt nach der damals nur kurzen Garantie den Geist aufgegeben hat. Ind die teuren Objektive waren dann alle unbrauchbar, weil Canon mal eben das Bajonett gewechselt hat, oder damals gerade dabei war, da wusste man noch nicht so genau, wo es da hingeht. Nikon galt als gut, aber nicht sehr modern und dafür teuer, während Minolta damals die günstigere, aber sehr moderne 7000i hatte, die damals das heißeste Eisen mit dem neuen Autofocus war. Der Vorgänger 7000 hatte das erste brauchbare, eingebaute Autofocus-System, aber noch hakelig, und mit der 7000i haben sie dann eine richtig gute Kamera daraus gebaut. Hatte sogar noch solche Chipkarten zum Einstecken, einerseits Geldmacherei, andererseits eine Möglichkeit Funktionen in einer Zeit nachzurüsten, als es Firmwareupdates noch nicht gab. Dazu Objektive von Sigma, weil billiger.

Irgendwann hingen sie bei der Digitalisierung hinterher.

Könnt Ihr Euch noch an das APS-Filmformat erinnern? Sollte kleine, handliche Kameras ermöglichen. Minolta hatte ein eigenes Spiegelreflexsystem Vectis rausgebracht, deutlich kleiner und leichter, eigene Objektive, eigentlich nicht schlecht. Aber die APS-Filmkapsel war eine Totgeburt, weil schon bei der Vorstellung in Konkurrenz zu den ersten Digitalkameras.

Zwar waren Film-Kameras damals den Digitalkameras qualitativ noch hoch überlegen und (Stichwort: Kodak PhotoCD) das nonplusultra der Digitialisierung sollte sein, chemisch zu fotografieren und dann im Labor die Fotos scannen und auf CD brennen zu lassen, aber es war zu teuer und zu umständlich. Die Leute verzichten gerne auf Qualität, wenn es dafür schnell, sofort, einfach, billig ist. Knöpfchen drücken, fertig. Auch wenn die Displays damals kleiner als zwei Daumennägel waren. Meine erste Speicherkarte für Kameras hatte 2 Megabyte.

Minolta hatte dann einen durchaus vielversprechende frühe Digitalkamera, die Dimage RD3000, aber schon teuer und gebaut für die Vectis-Objektive, eines schon bei Geburt toten Systems. Die Bridge-Kameras Dimage 7 und 7i waren gut, aber Strohfeuer. Da kam dann nichts mehr rüber.

Irgendwann haben sie zwar dann doch Kameras für das normale Objektivsystem herausgebraucht, waren dann aber schon ziemlich abgehängt. Ich habe eine Dynax 5D (6 Megapixel!) gekauft, und bald ohne Verlust wieder verkauft, weil noch nicht so dolle (ich aber einen Käufer gefunden habe, der sie unbedingt am nächsten Morgen brauchte) und irgendwann war Minolta da abgehängt, obwohl die ursprünglich digital gut losgelegt hatten.

Dann hieß es plötzlich, Minolta gibt auf. Und verscherbelt sich selbst an Sony.

Sony.

Die mit dem Walkman. Und dem schlechten Service.

Man rümpfte die Nase.

Sony gab sich Mühe, schnell den Eindruck zu vermitteln, dass man das Minolta-Geschäft weiterführen werde, um diese Kundenschicht nicht zu verlieren. Die Leute hatten immerhin Objektive, und brauchten passende Kameras. Die gab’s nun nicht mehr und das zwingt zum Systemwechsel. Sehr schnell brachte Sony die Alpha-100 raus, sogar preisgünstig, die ich mir damals gekauft habe. Stand zwar schon überall Sony drauf, aber man merkte, dass das Ding eigentlich noch von Minolta entwickelt worden war und Sony nur verkaufte, was sie da im Nachlass gefunden hatten. Eigentlich war das nur eine nachgebesserte Dynax 5D (Minolta hatte immer Kameras mit Kinderkrankheiten rausgebraucht und kurz darauf mit einem Nachfolgemodell nachgebessert), und mit der habe ich einige Zeit fotografiert, um meine Objektive aus der Studentenzeit noch benutzen zu können. Wie schnell die rausgehauen wurde merkte man daran, dass sie keinen Slot für den Sony Memory-Stick hatte, die legten tatsächlich einen Adapter bei.

War OK, aber nicht gut. (Ich habe sie noch.)

Von Sony kam erst mal nichts neues. Stank danach, als wollten die nur den Minolta-Nachlass verkloppen.

Zeit zu wechseln. Canon und Nikon verglichen. Die Canon-Kameras fand ich zwar hässlich, aber technisch etwas besser. Profifotografen und ein Profifachhändler rieten mir dringen zu Nikon. Canon habe damals arge Qualitätsprobleme gehabt, das Bajonett sei nicht zuverlässig, die Objektive unscharf.

Man sagte mir, Nikon sei ein Objektivhersteller, der auch Kameras verkauft, um seine Objektive loszuwerden. Canon dagegen sei ein Kamerahersteller, der auch Objektive verkauft, um… Im Ergebnis seien die Kameras von Canon besser, aber die Objektive von Nikon.

Also stieg ich auf Nikon um.

Nikon galt als Platzhirsch bei Bildqualität, außerdem als überhaus zuverlässig und robust. Kann ich in weiten Teilen voll bestätigen. Jedenfalls wenn man die Profimodelle nimmt.

Hätte ich während des Studiums gleich auf den Kumpel hören sollen? Egal. Das Zeug aus der Analogzeit funktioniert nicht gut an Digitalkameras, man hätte ohnehin alles neu kaufen müssen.

Und so machte Nikon genau das, wofür man und ich sie so schätzte: Robuste, schwere Kameras, die sehr gute Bilder machen. Sonst nichts. Das war nämlich lange Zeit das Wichtigste.

Canon dagegen war qualitativ oft nur ein Stück hinter Nikon, hatte aber nicht nur eine geniale Marketing-Idee mit den eindrucksvoll hell lackierten Objektiven, sondern sich irgendwann qualitativ (angeblich) wieder gefangen. Aber eine bessere Strategie. Canon hat sich frühzeitig auf Video spezialisiert, die Canon-Spiegelreflexkameras wurden schnell zum Klassiker für Videoaufnahmen in Profiqualität zum erträglichen Preis. Das hängt damit zusammen, dass Canon auch sehr viele professionelle Videokameras macht, darunter praktischerweise viele, die mit Canons Objektivsystem zusammenarbeiten. Hätte ich das damals absehen können, hätte ich mich vielleicht doch für Canon entschieden, denn von Nikon kam da nicht viel.

Eigentlich war ich auch lange Zeit der Meinung, dass mich das nicht stört, weil ich mir einbilde, recht ordentlich fotografieren zu können, mich was Video angeht, aber für völlig untalentiert halte und seit einfachen Stop-Motion-Animationsfilmchen mit der Super-8-Kamera als Kind auch nichts erwähnenswertes mehr zustandebekommen habe. Was Videos angeht, muss ich leider sagen, dass ich mental zu lange auf dem Stand der Super-8-Kamera stehengeblieben bin. Der Fortschritt, Smartphones und Youtube führten aber dazu, dass auf einmal Video der Brüller ist, und Fotos praktisch wertlos geworden sind. Man sieht immer öfter, dass man angestrengt versucht, Fotos zu animieren, wenn man nichts bewegtes hat. In Videos, in denen man Bilder zeigen muss, zoomt man hinein, um auf jeden Fall den Eindruck eines stehenden Bildes zu vermeiden. Selbst Zeitungswebseiten fangen an, die Bilder etwas heranzuzoomen, wenn man mit der Maus darüber fährt. Hinz und Kunz youtuben.

Das führte nun wieder zu einem Qualitätssturz.

Hatte man sich bei Fotos an 20 bis 40 Megapixel gewöhnt, galt jetzt plötzlich FullHD schon als Top-Qualität, dabei sind das gerade mal etwa 2 Megapixel, die Steinzeit der Digitalfotografie. (Inzwischen ist man bei 4K, etwa 8 Megapixel). Plötzlich taten es wieder einfachere Objektive oder eben Minikameras in Handys.

Und auf einmal war Sony vorne dran. Die nämlich verstanden es, ihre ursprünglich getrennten Abteilungen für Video und Foto zusammenzuführen und ihren Fotokameras Video beizubringen. Das dauerte einige Zeit, und war auch nicht gleich so von Erfolg gekrönt, aber die Revolution kam, weil sie frühzeitig auf den Spiegel verzichtet haben und eine spiegellose Reihe herausgebracht haben, die mit kürzeren und etwas kleineren Objektiven auskommt, dafür ihre Vorteile bei Video ausspielt. Sony nämlich weiß, wie man gute Videos macht. Die bauen Profi-Kameras für Fernsehsender.

Nun könnte man meinen, das liefe auf ein Video-Duell zwischen Canon und Sony hinaus. Ist aber nicht so, denn auch Canon war da wenig innovativ. Die Kameratechnik im DSLR-Bereich blieb altbacken.

Nikon dagegen, dem einstigen Platzhirsch, noch unter Alterswürde, laufen die Kunden weg. Im unteren Bereich zu den Handys, Nikon hat den Marktgang von Kompaktkameras absagen müssen, Erdbeben in Japan kamen ihnen auch noch dazwischen. Und oben erst zu Canon, dann zu Sony, wegen der Videofunktionen, die von Nikon eher stiefmütterlich betrachtet wurden. Dazu kam dann noch das kleine Nikon-1-Kamerasystem, das künstlich kastriert und qualitativ, naja, eher bescheiden war. Zwar spiegellos, aber ansonsten kein Brüller. Canon hat ebenfalls ein kleines, spiegelloses System, kommt aber auch nicht richtig in die Pötte.

Sonys Alpha-System dagegen läuft gut. Ein System aus großen und kleineren Kameas, die auch preisgünstig anfangen, und über professionelle Videofunktionen verfügen (z.B. S-Log).

Nun haben Nikon und Canon angekündigt, auch professionelle spiegellose und videoorientierte Kameras herauszubringen, sie sollen irgendwann dieses Jahr angekündigt und ab nächstes Jahr verkauft werden. Die werden sich auch verkaufen, denn die Leute sitzen auf ihren Objektiven.

Aber man merkt sehr deutlich, dass sich Nikon und Canon den Schneid haben abkaufen lassen. Ausgerechnet von Sony, über die anfangs jeder gelacht hat, und die ja zwischendurch selbst fast pleite waren. Ursprünglich Hersteller von Walkman und albernem Kinderspielzeug.

Das Problem für Nikon dabei: Während Canon seine Sensoren selbst herstellt, kauft Nikon sie von Sony. Alles, was Nikon hat, hat Sony da auch. Und mehr.

Und noch ein anderer ist da groß aufgetaucht: Panasonic. Die ja ursprünglich auch nur als Feld-, Wald- und Wiesenhersteller für Telefone und Küchenmaschinen galten. Zusammen mit Olympus, die ihren bekloppten Sonderweg bei Speicherkarten (xD) fast nicht überlebt hätten, haben die auf das Micro-Four-Thirds-System gestürzt, das für gute Fotoqualität eigentlich zu klein ist, aber für Videoqualität durchaus reicht und eben kleiner und damit portabler, aber immer noch Welten besser als Handy-Videokameras ist. Mit der GH5 haben die einen Überraschungsbrüller herausgebraucht.

Und: Die verbessern das Ding nachträglich noch durch Firmwareupdates. Bei Nikon gibt es als Firmwareupdates fast nie neue Funktionen. In der Regel nur Bugfixes oder Kompatibilität zu neuen Objektiven, die sie verkaufen wollen.

Es liest sich wie Nokia gegen Apple: Die beiden Platzhirsche Nikon und Canon geraten durch altbackende Produkte, die nicht aktualisiert werden, gegenüber zwei Außenseitern, die frisch und modern aufspielen, ins Hintertreffen.

Sony hat sich vorgenommen, bis… Mist, jetzt finde ich die Quelle gerade nicht … irgendwas um 2020, also demnächst, Nummer Eins auf dem Kameramarkt zu sein.

Ich vermute, das schaffen die.

Nikon hat zwar gerade eine sehr gute Kamera im Angebot, die D850, die von vielen als beste Kamera angesehen wird. Aber eben nur bei Fotografie und das für 3.800 Euro. Nur das Gehäuse.

Ursprünglich dachte man, Nikon und auch Canon seien wegen ihrer Objektivqualität unangreifbar. Aber sowohl Sony, als auch Panasonic haben sich einfach Partner geholt. Sony macht mit Zeiss, Panasonic mit Leica, und bieten unter deren Markennamen und von denen entwickelt ihre Premiumobjektive, die Nikon, sofern man Tests glauben darf, jedenfalls nicht nachstehen oder sogar besser sind. In vielen Vergleichstests werden inzwischen die Zeiss-Objektive als Referenzobjektive angegeben (aber die Preise sind auch extrafett).

Ich weiß gerade nicht, was ich machen soll.

Was Nikon angeht, habe ich zwar eine ordentliche Sammlung von Objektiven, die zwar inzwischen bis zu 10 Jahre alt sind, aber noch sehr gut in Schuss und locker nochmal 5 bis 10 Jahre halten können (so gesehen sind sie gar nicht so teuer), aber die einzige Kamera, die mich da derzeit interessieren würde, ist eben die D850, und die ist mir einfach deutlich zu teuer.

Ich warte da jetzt mal ab, ob die spiegellos etwas brauchbares bringen. An den angemeldeten Patenten erkennt man, dass sie ein neues Objektivsystem mit neuem Bajonett herausbringen wollen (und dafür dann sicherlich die Nikon-1 beerdigen), und wenn es dann keinen Adapter für das alte System gibt, dann dürften sie erledigt sein. Dann dürfte vermutlich Sony auch Nikon übernehmen.

Und so zeigt sich wieder einmal: Wer beim Digitalgalopp nicht mitrennt, geht unter.

Verblüffenderweise haben es gerade erzkonservative Firmen wie Zeiss und Leica geschafft, da mitzuhalten und ihre Nische und Partnerschaften zu finden, und das zu machen, was sie besonders gut können: Objektive.

Nikon kann auch gut Objektive machen, aber sie haben die Nische verpasst und sich zu arrogant verhalten. Vergleiche ich die Nikon-1-Kameras mit den kleinen Panasonics, dann hat Nikon die Kameras künstlich kastriert, während die bei Panasonic da einfach Gas geben. Die können mehr.

Mein letzter Nikon-Kauf war die 360°-Kamera von Nikon. Und das auch nur, weil ich sie mit Sonderpreis, herabgesetzt und Cashback effektiv für die Hälfte bekommen habe. Die ist robust, hat Wechselakkus, aber ist umständlich, von der Qualität nicht so herausragend und bedarf der Nachbearbeitung, die Software ist wie bei Nikon inzwischen so oft lustlos, mit Schwächen, wird nicht nachgepflegt.

Ich habe noch eine zweite, ganz billige, aus China, von Xiaomi. Die liefert nicht nur qualitativ bessere Bilder, sondern ist auch kleiner, handlicher, hat eine weit bessere App – und ab und zu mal Firmwareupdates mit neuen Funktionen.

Ich bin mal gespannt, ob es die Kamerasparte von Nikon noch lange gibt. Die schrumpfen ja schon und wollen sich auf einem Premium-Markt konzentrieren, Hochpreisiges machen. Nur dass da die Kundschaft eben auch weiß, was andere bieten.

Nachtrag 1: Obwohl der Kamera-Markt derzeit schwierig ist, nach Meinung vieler gesättigt und rückläufig, kommt Sony gerade mit der Herstellung nicht hinterher, weil sie denen die Kameras – angeblich – förmlich aus den Händen reißen.

Nachtrag 2: Ein Leser hat mir einen Link geschickt, wo das mit 2020 steht. Ich glaube, ich habe das woanders gesehen, aber wohl von Leuten, die auf derselben Veranstaltung waren.