Ansichten eines Informatikers

Was kommt nach „Nein heißt Nein”?

Hadmut
4.2.2018 12:16

Die Kampagne „Nein heißt Nein” ist schon wieder ausgebrannt, jetzt kommt die nächste Stufe.

Erstens wissen wir seit der Bundestagswahl und Martin Schulz in Bezug auf Koalitionen und Ministerämter, was „Nein heißt Nein” bedeutet. Nämlich „Nein heißt Ja, unbedingt, das muss so”. Die SPD ist nämlich weiblich.

Und inzwischen gab es ja auch diverse Vorwürfe sexueller Übergriffe, zu denen die Frauen dann sagten „Also »Nein« habe ich jetzt nicht gesagt, ich bin sogar mitgegangen, aber gedacht habe ich, dass ich eigentlich nicht will”. Deshalb war die Ansage „Nein heißt Nein” zwar groß und breit, aber eine Sackgasse, denn es stellte sich heraus, dass die meisten Frauen ihren Unwillen nicht artikulieren. Ist auch temporalmechanisch schwierig, denn die Entscheidung zum „Nein” kommt ja meist auch erst nachträglich, wenn der Sex nicht zufriedenstellend war, die Duldungsstarre wieder abgeklungen ist und der Hormonpegel im Zyklus in die andere Windrichtung zeigt. Die Diskussion ging ja zuletzt zu den „Non-verbalen Nein-Signalen”. Alles mögliche und unmögliche soll jetzt „Nein” heißen. Warum hat er nicht gemerkt, dass sie mit dem Blinddarm SOS-Morsezeichen gewackelt hat?

Die Konsequenz daraus: Männer sollen jetzt Gedanken lesen.

Schreibt die TAZ.

Selbstverständlich können wir Gedanken lesen. Das kann nämlich jeder gesunde Mensch. Wir tun es dauernd. Wir achten auf die Spannung der Lippen, ob das Gegenüber misstrauisch oder freundlich schaut, wir interpretieren die Neigung des Kopfes, registrieren die Körperspannung des Gegenübers und wie viel Abstand sie oder er zu uns einhält.

Früher hatte man keinen Sex, weil sie „Migräne” hatte. Heute soll man keinen Sex haben, weil er mit der Neigung ihres Kopfes unzufrieden ist.

Die Lösung: Lügendetektoren. Auch Polygraph genannt. Man muss die Frau vorher nackt auf einen Stuhl festschnallen, von oben bis unten mit Messsonden zukleben, natürlich auch die Sonden zur Zungenaktivität, zur Durchblutung und Feuchtigkeit der Scheidenschleimhaut, Klitoris- und Nippelfestigkeit und Anspannung der Gesäßmuskulatur nicht vergessen, dann natürlich gerichtsfeste Aufzeichnungen auf Polygraphen-Papier, und die Frau dann dazu befragen, ob sie Sex haben möchte. Am besten noch eine aktuelle Tageszeitung davor halten und auf Video aufnehmen. Und mit Zeugen.

(Hilft auch nicht wirklich. Es gibt welche, die stehen auf sowas und würden genau durch sowas rattenscharf, und dann bestünde die Gefahr, dass sie hinterher sagen, man habe sie nur durch den Polygraphen so scharf gemacht.)

Ein Großteil unserer Kommunikation ist nonverbal. Das zu leugnen, ist ignorant bis böswillig. Unter Männern ist es völlig normal, auf diese Signale zu achten. Jemandem in der Kneipe zu nahe zu kommen und dessen Unwillen zu ignorieren, gilt als unverschämt. Man überfällt sich nicht gegenseitig wie ein Räumpanzer, der einen dauernd anfasst und mit der eigenen Lebensgeschichte volllabert. Wer den anderen zu einem expliziten „Geh mir mal vom Leib“ nötigt, ist oft kurz davor, eins auf die Nase zu kriegen.

So weit kommt es allerdings nur selten, weil wir untereinander unsere natürliche Gabe nutzen, Körpersprache zu entschlüsseln. Ob ein intensiveres Gespräch möglich ist, signalisieren wir uns gegenseitig hauptsächlich darüber.

Was wieder mal ein weiterer Schritt dazu ist, jegliche Eigenverantwortung der Frau auf den Mann abzuwälzen und die Frau auf das Niveau eines Kleinkindes zu stellen, das nicht für sich selbst sprechen kann.

So weit sind wir schon, dass wir einerseits sagen, Frauen könnten alles genauso gut wie Männer und Konzernvorstände müssten per Frauenquote besetzt werden, aber wenn’s um’s Bumsen geht, könnten sie nicht mal selbst „Nein” sagen, der Mann müsste da ihre Körpersprache lesen. Was ist, wenn so ein Konzern gegen die Wand fährt? Warum hat die Chefin nicht rechtzeitig „Nein” gesagt? Ach, sie hat es „non-verbal” gesagt? Man habe nur versäumt, ihre Körpersprache zu beachten?

Läuft es am Ende mit der Einwanderung auch darauf hinaus, dass Merkel non-verbal „Nein” gesagt und wir alle es sträflich unterlassen hätten, ihre Körpersprache zu interpretieren und ihre Gedanken zu lesen? Ist die Merkel-Raute vielleicht der non-verbale Hinweis, wo wir eigentlich hin- und durchschauen müssen, um in ihren Eingeweiden – oder anderswo – zu lesen, was sie eigentlich sagen will?

Nähmen wir an, man täte es.

Dann ist man auch dran, weil man der Frau belästigend auf den Hintern oder in den Ausschnitt gestarrt habe. Stellt Euch vor, man guckt einer Frau tief in den Ausschnitt und erklärt die dann damit, dass man aus feministischer Sorgfältigkeit heraus versucht, ihre non-verbalen Signale und ihre Körpersprache zu lesen, ob sie gerade mit einem Sex haben möchte, und sich dazu vergewissen müsse, ob ihre Nippel gerade fest sind oder nicht?

Stellt Euch vor, Rainer Brüderle hätte gesagt, dass er die Dirndl-Auslage nur studiert habe, um zu ergründen, ob sie wirklich mit ihm Sex haben wolle.

(Im Studium hatten wir eine zwar seltsame, aber höchst sehenswerte Kommilitonin, die zudem eine stets – wie soll ich sagen – überaus körperbetonte, sportliche Kleidung trug, die über ihre vegetativen Körperfunktionen, insbesondere der – unentwegt wechselnden – Festigkeit ihrer Nippel und gelegentlich auch ihres Camel-Toes, keine Zweifel aufkommen ließ. Ihr Spitzname war Weng-Zeng. Die Verballhornung des schwäbischen A weng z’eng. Leider war das das einzige Exemplar, an das ich mich jetzt spontan erinnern könnte, bei dem das Lesen der Körpersprache hinreichend verständlich war, weil sie über hinreichend artikulierte Körpersprache verfügte.)

Dabei tut es nichts zur Sache, dass manche Frauen gemischte Signale senden oder selbst Signale ignorieren.

Tun sie das nicht auch verbal ständig? So wie die SPD? Nein heißt »ich will unbedingt«?

Es sind nicht die sogenannten „Zicken“, die freundliches Flirten sabotieren, sondern es sind die Gedankenlese-Verweigerer, die uns alle unfreier machen. Eine Sorte Männer, die sich weigert zu verstehen, dass Begehren nicht unbedingt ein Kompliment ist.

Worauf beruht diese Erkenntnis?

Mit ihrer Haltung machen sich diese Männer in jedem Sexclub Berlins, vom Insomnia bis zum Kitkat, lächerlich. Sie pressen ohne jede vorherige (nonverbale) Kommunikation Frauen, deren Körper sie wollen, ihre Hüfte an den Hintern und nennen das „Antanzen“. Sie walzen durch die Klubs wie Panzer, bedrängen Frauen und vergiften die Stimmung.

Das Sexualverhalten der Frau am Beispiel von Berliner Bumsclubs. Ist ja ne tolle Empirie. Allerdings ist es da ja auch so laut, dass man ein „Nein” ohnehin nicht hört.

Das ist dann auch die bevorzugte Befähigung für Berliner Nachtclubs: Gedankenlesen. Da stehen die alle drauf.

Oder um es anders zu sagen: Mit jedem weiteren feministischen Erguss wird die Frau nur weiter zum Objekt der Lächerlichkeit.