Ansichten eines Informatikers

Ein Geisteswissenschaftler gegen Gender

Hadmut
29.12.2017 1:03

Ach, guck an.

Die FAZ berichtet von einem Philosophen, (Robert Pfaller – nie gehört), der – obwohl Philosoph – doch merkt, dass das linke Gegurke nur Täuschung ist:

„Wir leben in einer Welt, in der immer mehr Menschen mit der größten Selbstverständlichkeit in Armut und Aussichtslosigkeit getrieben werden und in der man zugleich Erwachsene vor Erwachsenensprache warnt. Das eine hängt offenkundig mit dem anderen zusammen: Denn es sind dieselben Mächte, die das eine und das andere vorantreiben.“ Könnte es tatsächlich sein, dass die ganze Antidiskriminierungs-, Gleichstellungs-, Gender- und Queer-Politik nur ein riesiges Ablenkungsmanöver ist? Eine Verschwörung der Profiteure von Neoliberalismus und Austeritätspolitik?

Natürlich ist sie das. Habe ich doch ausführlich gezeigt, dass es vor allem Korruption, Geldwäsche, ein Raubzug ist, und es darum geht, dass sich eine Menge Unfähige und Faule hemmungslos bereichern.

Robert Pfaller, Autor dieser starken Thesen, ist Professor für Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz. Volkswirtschaftler mögen sich hier mit Grausen abwenden, aber als Philosoph kann man Pfaller seine empirisch unterkomplexe Attacke auf den Kapitalismus durchgehen lassen.

Der interessante Punkt daran ist, dass die FAZ das nicht ertragen will und versucht, es in einem Kapitalismuskritik umzumünzen, der arme Philosoph nur halt nicht getroffen und das Ziel verfehlt hätte.

Pfaller behauptet, die Postmoderne zeichne sich – anders als die Moderne – durch ihre Politiken der Ungleichheit aus. Nicht mehr der Anspruch der Menschen auf einen gewissen Teil des gesellschaftlichen Reichtums solle befriedigt werden, sondern lediglich ihrer spezifischen Empfindlichkeit eine symbolische Anerkennung widerfahren. Pfaller qualifiziert sich damit als Verschwörungstheoretiker, auch wenn dieses Theorem unter dem Etikett Verblendungszusammenhang des Kapitalismus schon länger herumspukt.

Aber wenn Feministen behaupten, alle Männer der letzten 300 Jahre hätten sich verschworen, um die Frau als unterdrücktes Geschlecht zu konstruieren und gefangen zu halten, ist das keine „Verschwörungstheorie”?

Und wenn hier einer Kritik übt, ist das gleich eine „Verschwörungstheorie”? Als Notbremse in der Hilflosigkeit journalistischer Unfähigkeit?

Das Durchforsten von Kinderbüchern nach diskriminierenden Begriffen wie „Negerkönig“ oder die Kennzeichnung literarischer Texte mit Warnungen seien Ermunterungen zur Empfindlichkeit, die die Erwachsenen infantilisiere und entsolidarisiere.

Philosophisch-dämlich-künstlich formuliert, aber darauf läuft’s hinaus. Infantilisierung. Kindergartenniveau für alle.

Wer sich ständig durch das Besondere diskriminiert fühlt, vergesse die Falschheit des Allgemeinen. Was wiederum von den Profiteuren dieser Falschheit beabsichtigt ist. Pfallers Anklage schwingt sich am Ende zu dem Urteil auf, dass es die infamen Sozialdemokraten und Grüne gewesen seien, die sich mit ihren wirtschaftlichen Reformen zum willfährigen Erfüllungsgehilfen der Neoliberalen gewandelt hätten. Ihre an sich begrüßenswerte Diversitäts- und Minderheitspolitik sei darum auch nur ein Täuschungsmanöver gewesen.

Das gefällt mir so. Trotz der sperrig-ungelenken Geisteswissenschaftlerphrasierungen.

Das Problem von Pfallers Anklageschrift liegt darin, dass er auf die Diversitäts-Verfechter einschlägt, obwohl er doch den Kapitalismus treffen wolle.

Wolle? Oder solle? Passt der FAZ nicht, dass da einer Kritik übt, obwohl man doch nur an Kapitalismus Kritik üben darf?

Political Correctness und Anerkennungs-Politik seien nur Masken der neoliberalen Umverteilung nach oben, während die Mehrheit der Menschen verarme. Natürlich geht Pfaller mit solchen Vorwürfen das Risiko ein, dass „der Kapitalismus“ oder „die neoliberalen Eliten“ davon ohnehin nicht erschüttert werden, während die in ihrem Feminismus- und Genderwahn Verblendeten es ihm übelnehmen werden, wenn er ihre „Empfindlichkeitspolitiken“ für Luxussorgenproduktion erklärt, die in ihren Zielen lächerlich sei. „Größtes Pathos für kleinstes Pipifax“ überschreibt Pfaller das Kapitel über die „postmodernen Pseudopolitiken“ an den amerikanischen Universitäten. Es ist zu bezweifeln, dass er noch einmal eine Einladung zum Vortrag dorthin bekommt.

Hähähä.

Wieder sieht die FAZ nur Kritik am Kapitalismus als einzig legitim an. Und verkündet gleich mal, dass man diesen Abweichler nicht mehr einladen dürfte.