Ansichten eines Informatikers

Bedingungsloses Grundeinkommen

Hadmut
5.6.2016 11:13

Anmerkung zu einem Ärgernis Update!/Nachtrag 4

Hier nochmal explizit, weil ich es gerade im Kontext von Leschs Interview erwähnt habe, was mir aber schon länger durch den Kopf geht:

Momentan kocht ja gerade massive diese Diskussion um das „Bedingungslose Grundeinkommen” hoch.

Was mir völlig absurd erscheint. (Sogar die linke Nahles hat gemerkt, dass das Unfug ist, und die kapiert ja sonst gar nichts und schmeißt jedes Steuergeld raus, dessen sie habhaft werden kann. Wenn sogar die was merkt, muss es schon sehr, sehr wüst sein.)

Wir haben in diesem Land Millionen Arbeitslose.

Wir haben in diesem Land soviel zu tun.

Das Land ist marode, vieles ist kaputt, soviel muss noch gebaut werden, Berlin ist eine riesige Müllhalde und müsste mal ausgemistet und geputzt werden. Manche U-Bahnhöfe fühlen sich wie ein Abstieg in die Hölle an.

Öffentliche Einrichungen wie Schimmbäder, Bibliotheken usw. werden nicht ausreichend gepflegt, bekommen gekürzte Öffnungszeiten oder werden ganz geschlossen, weil nicht genug Personal da ist. In Berlin wartete man monatelang auf einen Termin bei den Bürgerämtern.

Wir könnten, wenn wir denn wollten, mit dem ganzen Förder- und Hartz-IV-Geld, das so wirkungslos verpufft, sehr viel Nützliches tun, wenn wir stattdessen Jobs vergäben. Hier bitte, das ist jetzt Deine U-Bahn-Station, Du hältst die sauber. Oder: Du hilfst bei der Stadtverwaltung aus. Oder: Du hilfst in einem Krankenhaus. Oder: Du betreust Flüchtlinge. Oder, oder, oder.

Wir haben soviel zu tun und kein Geld zu verschenken. Warum also nicht Jobs auf allen Schwierigkeitsgraden anbieten und jedem, der arbeitslos ist, statt HartzIV oder Grundeinkommen einen Job anbieten?

Die Sache hat nämlich noch einen ganz anderen Aspekt:

Es wird immer begründet, wir wären so ein reiches Land.

Sind wir ein reiches Land? Nein. Wir haben enorme Staatsschulden. Bei wem? Vor allem bei Bürgern, weil viele der Lebensversicherungen usw. in Staatsanleihen angelegt sind.

Momentan haben wir schon das Problem, dass es praktisch keine Zinsen mehr gibt, die Anleger also um ihre Zinsen gebracht werden. Naja, kann man so und so sehen, man kann Zinsen auch als ungerecht auffassen. Momentan sieht es aber so aus, dass wir nicht nur keine Zinsen mehr zahlen, sondern die Schulden auch niemals zurückzahlen werden. Man kann die Nullzinspolitik nämlich auch so auffassen, dass wir eine Staatsentschuldung auf dem kalten Weg haben. Die Schulden bleiben einfach als Zahl stehen, aber werden nie zurückgezahlt und nie mehr bezinst, unterscheiden sich also nicht mehr von Schulden, die man nicht hat. (Gut, Staatsverschuldungen haben eine Laufzeit, die muss man irgendwann zurückzahlen. Aber bei negativen Bankzinsen werden Anleger die schon zum Zinssatz 0 kaufen.) Im Prinzip eine enorme Kapitalvernichtung, indem man Staatsschulden einfach so neutralisiert, ohne offiziell einen Schuldenschnitt zu verkünden.

Bedingungsloses Grundeinkommen hieße, Geld an die Öffentlichkeit zu verpulvern statt Staatsschulden zurückzuzahlen. Heißt im Prinzip, dass man die Lebensversicherungen und Renten der anderen versäuft.

Die Frage ist, was dahintersteckt.

Die bessere Frage ist, wer dahintersteckt.

Wenn man sich mal anschaut, woher das kommt und wie das begründet wird, dann heißt es immer, wir bräuchten ja nicht mehr zu arbeiten, weil das die „Roboter” jetzt alles für uns machen würden.

Ach.

Wieviele Roboter seht Ihr denn so im täglichen Leben? Räumt einer bei Aldi die Regal ein und sitzt an der Kasse? (Man ist versucht zu sagen ja, denn es kommen zunehmen die Kundenkassen in vielen Läden, bei denen der Kunde selbst kassiert, aber das ist eben der Kunde, nicht der Roboter.) Bisher haben wir keine Hinweise darauf, dass die Automatisierung wirklich Arbeitszeit reduziert. Sie verändert sie, zweifellos. Statt am Fließband den Rücken krumm zu machen, sitzen nun dreie am Monitor und Dutzende in den Softwarefirmen und Dienstleisterbüros, um das Zeug zu programmieren und planen.

Gut, manche Dinge rationalisieren wir weg. Zeitungsredakteure, Buchhändler und sowas. Die waren aber vorher schon nicht produktiv, sondern hatten mehr oder weniger Pseudojobs. Warum sollte man deren freigewordene Arbeitszeit nicht für irgendwas nutzen? Notfalls was ganz einfaches?

Der Grund ist ein ganz anderer.

Die Forderungen kommen nämlich aus dem linken geisteswissenschaftlichen Milieu.

Oder besser gesagt: Aus der akademischen Aussschuss-Müllhalde.

Wir haben durch die Überakademisierung und die geisteswissenschaftliche Durchversorgung Unfähiger mit Abschlüssen, Doktorgraden und Berufsillusionen eine enorme Bevölkerungsschicht erzeugt, die sich für eine intellektuelle Elite und für alles unterhalb ihres selbstüberschätzenden Trugbildes zu erhaben hält, faktisch aber gar nichts kann und für alles zu doof, selbst für einfachste Aufgaben wie Straße fegen zu eingebildet ist. Mit denen ist nichts anzufangen, überflüssig, untauglich, nur aufs Streiten und Pöbeln ausgelegt, und zu alt, zu dumm, zu eingebildet, um noch irgendetwas anderes zu lernen.

Und wisst Ihr, warum diese Geisteswissenschaftler gerade volle Panik bekommen? Selbstfahrende Autos. Wir brauchen bald keine Taxifahrer mehr.

Oder anders gesagt: Wir haben einen enormen Haufen von Leuten auf dem Arbeitsmarkt, die akademisch kaputtgemacht sind. An geistiger Arbeit können sie nichts, an körperlicher auch nichts, selbst an nutzloser Arbeit können sie nichts, weil sie nicht mehr teamfähig und zu streit- und beschwerdesüchtig sind, zu alt, zu doof, zu eingebildet, um noch was zu lernen oder sich zu handwerklicher Arbeit heranzulassen.

Wir steuern gerade auf eine selbstgemachte Arbeitsmarktkatastrophe zu.

Einerseits haben wir enormen Bedarf an Arbeitskräften, andererseits haben wir Millionen von Leuten völlig und irreparabel arbeitsunfähig gemacht. Bisher schon haben wir den Zustand, dass die wenigen produktiv und ernstlich arbeitenden Leute all diese Master-in-Nichtskönnen-Leute über Pseudo-Jobs (auch als „Bullshit-Jobs” bekannt) mitfüttern müssen. Das klappt aber irgendwann nicht mehr, weil man trotz Frauenquote nicht noch mehr Pseudo-Jobs vortäuschen kann. Irgendwann sind die Quoten über 50% und dann zieht das Argument nicht mehr oder schlägt sogar ins Gegenteil um.

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist nichts anderes als das Unterfangen, die Einkommenslage an die Befähigungssituation von Geisteswissenschaftlern anzupassen, weil inzwischen mehr Geisteswissenschaftler rumlaufen als wir Pseudojobs erzeugen können. Es ist die Fortsetzung und Konsequenz der „bedingungslosen” Schul- und Universitätsabschlüsse.

Zynisch könnte man sagen, dass man Leute ja nicht völlig hirn- und bedingungslos durch Abitur, Studium, Promotion pumpen kann um sie dann mit 30 zu überraschen und zu sagen, so, Du musst jetzt arbeiten und Dich selbst ernähren. Das hat ihnen vorher keiner gesagt, das haben sie nie gelernt. Dieselben Leute, die an den Universitäten gerade Safe-Spaces ohne jegliche Frage oder Aufgabe, dafür mit Welpen- und Kätzchenbildern an der Wand brauchten, und oft eben mit Frauenquoten und Blondinenprüfungen gratis bis zum Master oder Doktor kamen, kann man jetzt nicht plötzlich damit konfrontieren, arbeiten zu müssen. Schlaraffenland muss weitergehen.

Update 1: Geht gerade durch die Presse, die Schweizer haben das Bedingungslose Grundeinkommen mit 78% abgelehnt.

Update 2: Ein Leser schreibt mir, dass das in der Schweiz sowieso Schwindel gewesen sei. Dass das aussichtslos war, sei denen klar gewesen, denen sei es vielmehr um ihr eigenes Grundeinkommen gegangen, da habe eine Clique um Daniel Hägi einfach erkannt, was die Leute gerade politisch sponsorn und sei darauf geritten. ca. 20 Geisteswissenschaftler hätten sich da einfach nur die Taschen vollgestopft. Fahren goldenen Tesla und so.

Update 3: Die haben wohl auch einige Verbindungen in die Esoterik-Szene. Was erklärt, warum die an ein volkswirtschaftliches Perpetuum Mobile glauben.

Nachtrag 4: Wisst Ihr, was noch ein Grund ist, warum die Roboter-Argumentation Schmonzes ist?

Als ich vor 30 Jahren bei der Bundeswehr war, habe ich mich mit einem von der Stube – inhaltlich, nicht im Bösen – lange darüber gestritten, ob eine Verkürzung der allgemeinen Arbeitszeit auf unter 30 Stunden finanzierbar wäre. Obwohl damals Roboter noch keine wesentliche Rolle spielten und nur in ein paar Autofabriken rumstanden, und die Computerisierung noch auf dem Stand C64 war, kam der schon mit dem Argument, die Produktivität hätte sich doch durch Maschinen so sehr gesteigert. Also im Prinzip die gleiche Argumentation wie heute, nur eben mit Robotern statt Produktivität. Da wird einfach nur eingesetzt, was gerade aktuell ist, mit Robotern hat’s eigentlich nichts zu tun.