Ansichten eines Informatikers

Calamity Jane

Hadmut
12.10.2014 21:17

Auf ARTE kam gestern abend eine Dokumentation über „Calimity Jane”.

Nicht gerade spannend, aber interessant und sehenswert, auch wegen der Zeit, in der Calimity Jane lebte: Sie hat die Eroberung des wilden Westens, den Einzug der Eisenbahn, den Goldrausch, das Aufkommen der Medien und der Presse und die ersten Shows miterlebt. Ihr Lebenslauf ist damit irgendwo auch ein Echo amerikanischer Geschichte – fast so ein bisschen wie Forrest Gump in echt. Man kann in der Doku auch die ein oder andere Information über den Wilden Westen mitnehmen, falls man sich dafür interessiert.

Sie war „emanzipiert”: Ist in Männerkleidern herumgelaufen, war mit Cowboys unterwegs, hat wie diese gearbeitet und sich benommen – meistens jedenfalls. Immer wieder wechselte sie auch zurück in die klassische Frauenrolle, trug Kleider, arbeitete als Krankenschwester, auch als Protituierte.

Doch von Erfolg war das nicht geprägt, sondern ein tragisches Versagen. Dabei war sie sehr beliebt und hatte beste Chancen, berühmt und reich zu werden – berühmt ist sie ja wirklich geworden. Sie hat aber Geld und Erfolgspositionen immer wieder versoffen (wörtlich gemeint), landete immer wieder im Knast.

Beachtlich finde ich aber, dass die überhaupt nicht um Quoten, Hilfe, Förderung usw. gebettelt oder über Unterdrückung gejammert hatte. Die hat sich einfach auf’s Pferd gesetzt und es selbst getan. Und damit große Anerkennung gefunden. Denn, auch das erläutern sie, die Saloons waren damals zwar überall zu finden, hatten aber so gut wie nichts mit dem Bild zu tun, was uns Hollywood da vorgegaukelt hat: Klavierspieler, Pokertische, tanzende Huren auf der Bühne. Saloons waren primitive Besäufnisstätten einfachster Machart, zu denen Frauen gar keinen Zugang hatten. Calamity Jane wurde aber voll akzeptiert und konnte ungehindert ein- und ausgehen, um mit den Cowboys zu saufen. Es zeigt nicht nur, dass „emanzipierte” Frauen (eigentlich ein dämliches Wort) damals – entgegen feministischer Doktrin – nicht nur akzeptiert werden konnten, und sogar begeistert über sie berichtet wurde, es zeigt auch, dass sie daran zugrundegegangen ist: Gelebt wie ein Mann, gesoffen wie ein Mann.

Der Film belegt allerdings auch etwas anderes, was ich schon öfters geschrieben habe: Die „Emanzipation” der Frau ab den 60er Jahren war kein Ergebnis des Feminismus, sondern des technischen Fortschritts. Denn im Film wird auch erläutert, warum sie es vorgezogen hat, wie ein Mann zu leben. Denn damals war es noch sehr, sehr mühsam und Knochenarbeit einen Haushalt zu führen. Frauen haben ein extrem eintöniges, arbeitsames und zerreibendes Leben geführt. Calamity Jane hatte immer wieder Kontakt mit dieser Situation, war Mutter, versuchte sich als „Putzfrau”. Männern ging es zwar auch nicht viel besser, aber sie waren wenigstens draußen in der Natur, hatten ihren Spaß, Saufen, Rauchen, hin und wieder ins Bordell. Calamity Jane musste als Kind beim Planwagentreck von Ost nach West Männerarbeiten übernehmen, weil sich der Vater keinen Angestellten leisten konnte. Sie gefielen ihr besser als die typischen Frauenarbeiten.

Überhaupt am Leben zu bleiben war für eine Familie mit höllischem Arbeitsaufwand verbunden, und der Haushalt musste eben erledigt werden. Ich habe neulich in einem australischen Museum einen Film darüber gesehen, in dem eine Köchin (von heute) mal vorführt, wie man früher eine Jelly gekocht hat. Man war da zwei Tage beschäftigt, Tierschädel auskochen bis sich ekliger Schleim bildet, durch Tücher pressen, abschöpfen usw. Heute kauft man das im Supermarkt. Früher war Wäschewaschen oder den Haushalt zu reinigen üble Arbeit, heute gibt es Waschmaschinen und Waschmittel mit Enzymen.

Die „Emanzipation der Frau” ist nichts anderes als die Folge der Wegrationalisierung und -technisierung des klassischen Hausfrauenberufs. Es gibt da immer noch eine biologisch codierte Aufgabenteilung, aber die Aufgabe ist nicht mehr da und es entsteht eine Lücke. In den Siebzigern hat man die Lücke noch durch Yoga-Kurse und Kaffeeklatsch gefüllt, war aber zu langweilig. So ein bisschen Vergangenheitsforschung ist oft aufschlussreich.

11 Kommentare (RSS-Feed)

DerMike
12.10.2014 21:28
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Hmmm…
oder ist es eben die Errungenschaft des Feminismus’ dass die durch neue Techniken gewonne Freizeit der Frauen eben nicht nur für nen Kaffeeklatsch
genutzt werden kann sondern für das Anstreben einer beruflichen Karriere?


Anmibe
12.10.2014 23:30
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In diesem Zusammenhang ein Hinweis auf den Philosophen Karl Popper, der in einer seiner Schriften davon sprach, daß die Befreiung der Frau mit der Erfindung der Waschtrommel begann. Eben weg von dem arbeits- und zeitintensiven Waschbrett hinzu zu leichterer und kürzerer Arbeit, die Freiräume schuf. Soweit ich mich erinnere hat ihm dies schon vor Jahrzehnten viel Kritik eingebracht, zu Unrecht wie ich fand.


Bärle
12.10.2014 23:35
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Damals gab es ein Bürgertum, das sich statt Waschmaschinen und ähnlichem Dienstmädchen und Köchinnen, Hausmeister und Butler leisten konnte. Während zeitgleich im Prekariat es Aufgabe der Hausfrau war, für die Versorgung der Familie zu sorgen. Einkochen, Einmachen, Backen, Lagern, Kleider flicken, Gemüse pflanzen und so weiter war die Aufgabe der arm verheirateten Frauen, während ihr Mann malochen ging, damit Bares in die Familie kam. Auch Kinder kriegen war wichtig, denn die Kinder hüteten sich selbst und konnten bald im Haushalt mithelfen.


Emil
13.10.2014 0:21
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In der Westernserie “Deadwood” war Calimity Jane eine der wiederkehrenden Nebenrollen. Sie wurde als tragische Figur dargestellt, die weder Männlein noch Weiblein war und wohl aufgrund dieser inneren und äußeren Zwiespältigkeit kräftig dem Alkohol zusprach. Keine Ahnung wie nahe diese Darstellung an der Realität war.

http://de.wikipedia.org/wiki/Deadwood_%28Fernsehserie%29


Peter Suxdorf
13.10.2014 7:17
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Ich würde die Feminist*INnnnnnnen gerne einmal in einem abgesteckten Bereich unterbringen und genau dort alle Erzeugnisse des pösen weißen Mannes weglassen. Mal schauen wie weit sie dann kommen mit ihrer Emanzipation…


Dirk S.
13.10.2014 9:59
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Solche Frauen hat es immer schon gegeben und wird es auch weiterhin geben. Sie sind aufgrund ihrer Leistung und ihrer Person bei Männern angesehen, akzepiert und respektiert und unterscheiden sich somit von den Feministinnen, die solche Frauen für sich vereinnahmen wollen, aber dabei nichts von deren Eigenschaften mitbringen. Und das ist der Unterschied: Einer leistungwilligen Frau steht alles offen, was auch Männern offen steht, sie werden respektiert ob ihrer Leistung; Genderheulerinnen werden nicht respektiert und geachtet, da sie sich den “Erfolg” zusammenheulen und -maulen wollen, aber nicht bereit sind, die dafür notwendige Leistung zu erbringen. Daher wird man sich noch an eine Calamity Jane erinnern, wenn eine Anke Domscheit-Berg schon längst vergessen ist.

Erinnernde Grüße,

Euer Dirk


Stürgel
13.10.2014 11:40
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> In der Westernserie “Deadwood” war Calimity Jane eine der wiederkehrenden Nebenrollen.

Warnung: Deadwood ist eine mitreißende, äußerst spannende Serie, deren auf sechs Staffeln angelegter Spannungsbogen nach der dritten (und leider letzten) Staffel mit einem Cliffhanger plötzlich abbricht. Es zerreißt einem das Herz.

Nicht ansehen, wenn man noch an das Gute auf Erden glaubt.


m
13.10.2014 12:12
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Mein Reden seit langem:

Nicht der Feminismus hat „die Frauen befreit“ sondern Technologie. Die Technologie der weißen Männer auch noch. Oh Schreck. 🙂


Dirk S.
13.10.2014 16:25
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@ Anmibe, @ Bärle

Die Emanzipationsbewegung der Frau entspringt der bürgerlichen Suffragettenbewegung des frühen 20ten Jahrhunderts. Die Damen hatten die Zeit und finanziellen Mittel, sich dafür zu engagieren (wobei ursprünglichen Forderungen ok waren). Und zumindest in den USA hat sich dann auch früh gezeigt, dass aus diesen Gruppen schnell was schlechtes entstehen kann: Die Prohibition. Das hat den Staaten vor allem Alkoholismus und Kriminalität eingebracht. Die Menschen haben sich daran gewöhnt, Gesetze zu ignorieren und daran leiden die USA noch heute (Zero Tolerance als Gegenmittel).

@ Peter Suxdorf

> Mal schauen wie weit sie dann kommen mit ihrer Emanzipation…

Das klingt zwar jetzt gewalttätig, aber das Ergebnis deines Versuchs kannst du auch damit erreichen, dass du etwa 3/4 aller Femistinnen umbringst. (Das ist kein Aufruf dazu!) Die leben nur deshalb, weil der böse weiße Mann die Gynäkologie entwickelt hat, die Frauen das Leben rettet und verlängert, was denen in deinem Versuch sofort fehlen würde. Ohne die moderene Medizin würden Frauen selten älter als 30 werden, wenn überhaupt so alt. Wenn man alte Grabsteine betrachtet, findet man viele für Männer über 60 aber nur wenige für Frauen dieser Altergruppe. Und die Teilnehmerinnen, die nicht an Krankheiten verrecken, würden in deinen Versuchsszenario größtenteils stumpf weg verhungern. 1/4 würde es am Ende wohl schaffen, länger zu überleben, vor allem jüngere. Der Rest wird sich in die Natur rückintegrieren.

@ m

> Die Technologie der weißen Männer auch noch.

Auch hier zeigt sich: Jede gute Tat rächt sich. Nichts neues unter der Sonne.

Sonnige Grüße,

Euer Dirk


FonZo
20.10.2014 1:07
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Empfohlen sei die TV serie “Deadwood” in der sie auch vorkommt, und die Serie bildet den “wilden” Westen der Kritik nach am realistischsten ab. Sowohl das Kaff als auch viele Protagonisten und tatsächliche Ereignisse finden sich in der Serie wieder.

…und es heisst “calamity” (immer)


Bud
23.10.2014 15:03
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> So ein bisschen Vergangenheitsforschung ist oft aufschlussreich.

Sag ich auch immer: Wer die Geschichte nicht kennt, kann die Gegenwart nicht begreifen.