Ansichten eines Informatikers

Ist Schönheit kulturell…

Hadmut
27.6.2014 19:41

…oder vielleicht doch genetisch bedingt? Die Journalistin Esther Honig hat ein eher neutrales Portrait einer Frau an fast 40 Leute aus 25 Ländern – Amateure bis Profis – geschickt und sie gebeten, das Portrait per Photoshop nach ihren jeweiligen Schönheitsidealen aufzuhübschen.

Oder sind die Bilder gar nicht so verschieden? Gibt es abzüglich des ganzen Schmink- und Religionsschnickschnacks (entgegen dessen, was die Presse allgemein darüber schreibt und darin sehen will) doch Schönheitsmerkmale, die bei allen gleich sind?

Mir fällt beispielsweise auf, dass wenn die Gesichtsform verändert wurde, sie immer schmaler, länger gemacht wurde. Nie in die andere Richtung, nie rundlicher. Immer geht es in Richtung weiblicher, in ein oder zwei Fällen so naja, bissl komisch, aber in keinem einzigen Fall in Richtung Vermännlichung.

Praktisch alle haben der Frau (manche sehr laienhaft, aber in derselben Absicht) eine glattere, makellosere Haut verpasst (oder es zumindest versucht). Kein einziger hat ihr einen Bart, ne Narbe oder etwas in der Art angepappt. Während die Frau im Original (halt ungeschminkt, bewusst möglichst neutral aufgemacht, und eben auch ein eher neutraler Typ mit neutralem Ausdruck gewählt) in ihrem weiblichen Merkmalen sagen wir mal jedenfalls nicht aufdringlich ist, wurde die fast immer „weiblich aufgedonnert”. Auffallend häufig wurde dafür gesorgt, dass sie drastisch deutlicher nach Frau aussieht, notfalls mit massivem Einsatz des Farbtopfes.

Was ich durchaus als durchgehendes Kriterium für „Schönheit” ansehen würde. Schönheit setzt anscheinend voraus (und das kenne ich auch aus der Photographie so), dass das Gehirn beim Betrachteten schnell, einfach und zuverlässig das Geschlecht erkennen kann.

13 Kommentare (RSS-Feed)

Bud
27.6.2014 20:14
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Yoh, naja, ein weiterer Datenpunkt, der das bestätigt, was wir eh schon wussten.

Related question: Es wird ja immer so behauptet, vor 100 und mehr Jahrennhätte das Schönheitsideal eher rundliche Formen bevorzugt. Ich hab das bisher immer einfach hingenommen, aber jetzt so im Rückblick frage ich mich, ob das vielleicht eine weitere unfundierte Behauptung aus der Liga der mit sich selbst unzufriedenen ist, oder vielleicht eine Verkürzung/Fehlinterpretation. Weiß da jemand was konkretes?


Hadmut
27.6.2014 20:31
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@Bud: Das kann schon sein. Guck mal, was Rubens so produziert hat.

Es gibt aber durchaus Schönheitsideale, die das fülliger mögen. Etwa im Mittelalter. Oder auch der berühmte (sorry, heißt wirklich so, sogar unter Medizinern) „Hottentotten-Arsch”. Es gibt in Afrika (Namibia) ein paar Gegenden, in denen die Frauen monströs fette Hinterteile und Oberschenkel entwickeln, die prall abstehen. Das gilt dort als schön. Warum? Weil es Gegenden mit sehr wechselhafter Nahrungsmittellage waren. Da hat sich das Ideal herausgebildet eine Frau zu wählen, die nicht gleich bei der ersten Dürre verhungert sondern körperlich zeigt, dass sie was für schlechte Zeiten speichern kann. Was deutlich belegt, dass „Schönheit” von Lebens-, Fortpflanzungs- und Brutpflegetauglichkeit kommt.

Deshalb waren auch bei uns in Zeiten schlechter Ernährungslage Frauen sexy, die wirksame Speicherkapazitäten hatten und nicht im ersten Winter verhungern. Alle angefragten Länder in diesem Testfall sind aber solche, in denen die kontinuierliche Ernährung heute gesichert ist, wo das also nicht mehr notwendig ist.

Viele unserer heutigen Schönheitsideale (symmetrisches Gesicht, reine Haut, lange Beine usw.) sind Indikatoren für Gesundheit, Abwesenheit von Krankheiten und dafür, als Kind richtig ernährt worden zu sein.

Die Konstante ist, dass es immer auf Lebens-, Fortpflanzungs- und Brutpflegetauglichkeit hinausläuft.

Die Varinate ist, dass das dann jeweils was anderes bedeuten und erfordern kann.


Aranxo
27.6.2014 21:05
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Ich hab mal folgendes gelesen (Quelle kann ich aber leider nicht benennen):

Es ist durchaus so, dass unser jetziges westliches Schlankheitsideal eben wirklich nur jetzig und westlich ist. Was Hadmut schon erwähnt hat, gilt in manchen Bereichen Afrikas: Je fülliger der Hintern, desto besser. Und bei uns war das früher auch anders, Stichwort Rubens.

Was aber gleich geblieben ist: Es kommt auf das Verhältnis der Umfänge von Brust, Taille und Hüfte an. Auf den einfachen Nenner gebracht: Taille erkennbar -> sexy, Taille nicht erkennbar -> nicht sexy. Nicht umsonst haben sich Frauen früher reihenweise in Korsetts gezwängt. Gibts ja immer noch, ist aber etwas aus der Mode gekommen, weil unpraktisch.

Warum das ganze? Eine mögliche Erklärungstheorie ist, dass die Taille Befruchtbarkeit anzeigt, da diese während einer Schwangerschaft nicht mehr zu halten ist. Warum sollte sich aus evolutionstheoretischer Sicht ein Männchen darum bemühen, ein Weibchen zu begatten, das schon schwanger ist. Die Fortpflanzungsabsicht wäre von vorneherein fruchtlos.


Bud
27.6.2014 21:30
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Ok, na das stimmt mit meinem Wissensstand überein (nur die Monsterärsche kannte ich noch nicht). Ich hatte schon langsam das Gefühl, das gar nichts von dem stimmt, was ich jemals “wusste”.


kokko
27.6.2014 21:58
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gibt auch ethnisch motivierte Schönheitsideale wie beispielsweise in Asien wo eine Lidfalte statt Mandelaugen und rötliche Haare als sexy gelten. Hatte auch mal was gelesen aus Brazilien oder so – dass da zeitweise auch kleiner Busen als besser galt und das auch irgendnen ethischen Hintergrund hatte… gibt ja auch so Sachen, die irgendwann mal in Mode kommen und nicht wirklich praktisch, gesund und angenehm sind

Aber überall ist die Basis: Zeichen die zeigen, dass man

a) gesund/der Lebensumgebung angepasst (symetrische Körper-/Gesichtsform, Kindchenschema, in kalten Regionen kein Knochengerüst sondern was auf den Rippen haben u.ä)

und/oder
b) reich ist
-bei Nahrungsüberschuss dünn rumlaufen // bei Mangel dick
-bei sonst üblicher Arbeit unter freiem Himmel weiß rumlaufen (siehe aber auch Bleichmittelcremes in Asien) // bei Arbeit im Büro mit brauner Haut signalisiert man hätte noch genug Freizeit um sich sinnlos in die Sonne zu legen

und/oder
c) Macht bzw einen bestimmten Stand (verheiratet/geschlechtsreif etc) hat
-Körpermodifizierungen aller Art
-besondere Kleidung/Schmuck

Gibt dann so tolle Moden wie bsp
-Fußabbinden, die eher auf einen merkwürdigen Fußfetisch einzelner gewachsen, aber dann durch Vorbilder von allen übernommen wurden – bis dahin dass alles egal war Hauptsache die Füße sind klein
-schwarze Zähne
-rasierte Scham (gilt/galt in einigen Kulturen als Zeichen für Prostituierte)
-Nacken bei Frauen als erotisch und besonders geschminkt (zb Geishas)
-hohe Stirn inkl rasieren der Stirnhaare und versetzen der Augenbrauen nach oben [wegrasieren und weiter oben hinmalen](China?)


kokko
27.6.2014 22:22
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Schönheit setzt anscheinend voraus (und das kenne ich auch aus der Photographie so), dass das Gehirn beim Betrachteten schnell, einfach und zuverlässig das Geschlecht erkennen kann.

In einigen Kulturen galten Männer als gutaussehend, wenn sie Frauen ähnelten oder es gab für beide Geschlechter gleiche Ideale wie weiße Haut, kleiner Mund, Mondgesicht (bspw in Japan). So nach dem Motto: Schön ist das weibliche => weiblich rüberkommende Männer sind schön.

Und es war/ist ja auch bei uns bisschen der Trend von Machomen hin zu eher feminineren Typen (sicher nicht ganz so extrem bis hin zur Angleichung aber immerhin)… gibt ja auch so tolle früher war alles besser Bilder wie http://livedoor.blogimg.jp/asunaronews/imgs/6/f/6f6d0b52.jpg


Alexander Kohl
27.6.2014 22:52
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Ich verstehe an der Stelle nur leider nicht so ganz, woher jetzt der Gegensatz zwischen Lernen und Genetik sein soll. Daß die genannten Schönheitsideale immer einen Selektionsvorteil darstellen steht doch nicht im Widerspruch dazu, daß sie erlernt sind, denn auch Lernen ist ja nichts anderes als Anpassung. Daß sich bestimmte Grundprinzipien des Lernens letztlich genetisch rekonstruieren lassen (eine befruchtbare Frau hat keinen Babybauch, das ist in der Tat genetisch) ist dann doch recht trivial.


jan
27.6.2014 23:59
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Das aussehen ist genetisch bedingt,
Was wir als schön empfinden zu weiten zeilen anerzogen,
Rubensfrauen sind heute kein schönheitsideal mehr.

Aber grundlegende Sachen haben sich nicht geändert,
Ein symetrisches gesicht ist immer hübscher als eines welches unsymetrisch ist,

Körperpropartionen die erkennbar sind, sind besser als nicht vorhandene.
Das die Bewertungskriterien sich ändern ist ein anderes Thema.

Und es gibt die gesellschaftlichen Kriterien,
Bzw genauer gesagt Kriterien für gesellschaftliche Gruppen.

Da mein ich jetzt aber eher beeinflussbare Sachen wie Kleidung und Frisur.

feuerwehrleute, Sicherheitspersonal, Polizisten, Soldaten haben traditionell kurze Haare.
(Schon mal versucht eine Atemschutzmaske schmerzfrei abzulegen bei Haaren länger als drei oder vier Centimeter?

Bartwuchs ist auch so eine Sache, wer weiß das er öfters die Maske benutzen muss, rasiert sich garantiert, ist reiner Selbstschutz, das ding soll gefälligst dicht sitzen.

Aus meiner Beobachtung ist derzeit ein gewisses Mittelmass das beste.
Als Mann sollte man schon Muskeln haben, aber bitte nicht Schwarzenegger mässig, weil dem muss ich ja alles immer dreimal erklären,
Ein kleiner Kerl ohne Muskeln?
Was soll der hier, der soll doch lieber ins Büro, sieht man doch das der ein Nerd ist.
Usw, usf.

Zu den Photoshop experimenten sag ich nix weiter, ausser photoshopdesaster.com 🙂

Das Problem dabei ist ja das Original neutrale Bild wurde ja eben an genau die Leute gesendet die schon jahrelang bildbearbeitung machen.

Man hat also deren Geschmack bestätigt.
Und der Enduser, Mediennutzer unterliegt dem Gewöhnungseffekt.

Ein Thema das abgewandelt viele Männer betrifft.
$Freundin entspricht nicht dem was in den Medien als sexy hingestellt wird.
$freundin kann sich wirklich nicht vorstellen das du sie schön findest, steht doch überall, und kann man überall sehen das schöne Frauen anders auszusehn haben.

Und zu guter letzt,
Die hübsche Hülle taugt auch nix wenn im Hirn nur seltsames zu finden ist.
Homöpathie als wirkungsvolle Medizin, weil der Ekaard von Hirschhausen hat das mal so gesagt.
Logische Argumente? Leider Nutzlos, da bleib ich dann doch lieber Single 🙂


Hadmut
28.6.2014 0:06
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> Zu den Photoshop experimenten sag ich nix weiter, ausser photoshopdesaster.com

Dass es so stümperhaft ist, könnte in diesem Falle sogar von Vorteil sein, weil eben nicht professionell erlernte Standardtechniken angewandt werden, sondern in Murkserei halt besser erkennbar ist, wo die jeweils hinwollten.


Angelo Neuschitzer
29.6.2014 13:40
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Zu Rubens:
Einmal hat der auch Männer deutlich fülliger gezeichnet als andere Maler es tun (schaut euch mal seinen Adonis an. Klar hat der Muskeln, aber verglichen mit einem durch trainierten Athleten ist er recht füllig).

Und vor allem ein Blick auf andere Maler der gleichen Zeit (Ich habe mal ein zufälliges Set von https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Maler_des_Barock genommen; Genauere Vergleiche wären spannend) zeigt mir:
Bartolomeo Bassante: Frauen normal (weder hager noch füllig)
Johann Baptist Wenzel Bergl: Frauen schlank (soweit ich das bei der Bildqualität noch beurteilen kann)
Paolo Filocamo: Frauen normal
Charles Errard: Frauen normal – füllig
Johann Andreas Hommel: Keine Frauenbilder gefunden
Johann Oswald Harms: Frauen normal
Hans Jakob Dünz: Frauen füllig
Melchior Buchner: zu wenige Bilder gefunden
Lorenz Koch: zu wenige Bilder gefunden
Johann Christoph Kayßer: zu wenige Bilder gefunden
Antonio Galli da Bibiena: Frauen normal
Giovanni Carlone: Frauen normal

Jetzt bin ich natürlich kein Kusthistoriker und habe die Liste oben in ~30 Minuten mit einer Bildersuchmaschine zusammengestellt – insofern ist das Ergebnis höchstens ein Meinungsbild, trotzdem habe ich eher den Eindruck das “Rubens hat gern füllige Menschen gezeichnet” wahr ist als “Früher haben Maler gern füllige Frauen gezeichnet”.

Mir ist es (subjektiv, ich hab keine Studie durchgeführt) aufgefallen das quasi alle Bilder von Aristokratenfrauen diese als schlank darstellen – entsprechend erwarte ich das das auch das gängige Schönheitsideal war.

Natürlich kann das auch an der Auswahl der Bilder dieser Maler liegen die ins Internet gekommen sind (und damit das Schönheitsideal von heute widerspiegeln). Wie gesagt man sollte das mal genauer untersuchen und von einem “normal” ~ BMI 23 nicht 18 ausgehen. Weil klar, wenn man die Bilder heutiger Schönheitsideale als “normal” festsetzt ist eigentlich jedes Bild einer normalen Frau deutlich übergewichtig.


Anonym
30.6.2014 15:50
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kokko
1.7.2014 2:15
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kokko
1.7.2014 2:23
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hier nochmal der link aber zur ganzen Sendung
https://www.youtube.com/watch?v=BCunjndafec