Ansichten eines Informatikers

Jeder fünfte Bürger Analphabet?

Hadmut
3.5.2014 22:34

Die Süddeutsche schreibt, dass 18% der Bürger Analphabeten seien.

Mit dem Begriff muss man etwas vorsichtig sein, denn es geht dabei nicht nur um primäre (totale) Analphabeten, sondern auch um funktionale. Davon spricht man schon, wenn die individuellen Kenntnisse niedriger sind als die erforderlichen und als selbstverständlich vorausgesetzten sind. Ich hatte mich damit schon vor ein paar Jahren bei der Recherche für Adele und die Fledermaus beschäftigt, um anhand dieser Definition aufzuzeigen, dass sogar viele deutsche Universitätsprofessoren funktionale Analphabeten sind, weil sie nicht über die erfordlichen und als selbstverständlich angesehenen Schreib- und Lesefähigkeiten verfügen – gemessen am Amt und an den Aufgaben. Viele können da einfach nicht, was sie können müssten. Hätten sie einen ihren Schreib- und Lesefähigkeiten angemessenen Beruf, wären sie bei gleichen Fähigkeiten keine Analphabeten.

Deshalb ist der Begriff Analphabetismus durchaus elastisch und weitreichend, und nicht immer in der extremen Konsequenz, die man gemeinhin mit dem Begriff verbindet. Aber gerade deshalb ist es weniger abwegig, von einem so hohen Analphabetenanteil in der Bevölkerung auszugehen, wenn der Begriff eben viel weiter geht als nur die abzudecken, die gar nicht lesen können.

Zeigt aber auch, wo gerade diese Inklusions-Politik hinläuft. In die Verblödung. Denn es ist ja nicht Ziel der Politik, alle Leute auf ein Bildungsniveau zu bringen, das für Professuren, Vorstandsämter usw. ausreichend ist, sondern umgekehrt die Anforderungen so weit zu senken, dass jeder da reinkann. Also die Ämter auch für funktionale Analphabeten zu öffnen. Und das merkt man dann eben auch. Viele labern und labern und labern, aber sagen nichts. Merke ich ja gerade beim Streit mit der Humboldt-Universität. Die wurschteln da seit Jahren, sind aber nicht in der Lage, einen Studienplan, eine Literaturliste oder überhaupt mal einen Überblick über ihre Lehrinhalte zu erstellen. Analphabetismus bei Professoren.

9 Kommentare (RSS-Feed)

jan
4.5.2014 1:15
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Das kommt eben bei raus wenn nur gewisse Jobs angesehen sind.
Das fast jeder Beruf aber benötigt wird um eine Gesellschaft am laufen zu halten wird da vergessen.

Ein Bäcker mit 5 semestern Studium in frühhistorische französische sprachen ist sinnlos,toll der hat da jetzt seinen bachelor, wenns richtig dumm gelaufen ist auch noch einen Master.
Aber von dem was er tut, hat er wohlleider wenig Ahnung.


euchrid eucrow
4.5.2014 1:39
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bei genauerem hinblick ist die sog. inklusion nichts weiter als ein weiteres sparpaket im bildungssektor. förderschulen kosten einfach zu viel.


Michael
4.5.2014 7:06
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Verblödet wählt und konsumiert “besser”.
http://www.youtube.com/watch?v=1oxEcNqbQWY


Thomas M.
4.5.2014 9:21
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Inklusion heißt nichts anderes als den wirklich Benachteiligten, Hilfs- und Bildungsbedürftigen anstelle von wirklicher Hilfe und Entwicklungsmöglichkeiten nur ein wohliges Gefühl der Toleranz und des Aufgenommenseins zukommen zu lassen. Bildungspolitik in Deutschland im Jahre 2014.


jan
4.5.2014 23:39
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Hslt halt halt.

Das Problem bei der Bildung ist aus meiner Sicht die extreme unflexibilität drs Biodungssystems.

Ein Rollstuhlfahrer muss eben nicht in eine Förderschule, nur weil das die einzig barierrefrei im Umkreis ist.

Wem Physik liegt, aber in chemie grad so nicht durchfällt, der bekommt eben nicht die möglichkeit sein Talent in Physik weiter zu verfolgen, und gleichzeitig nur noch basis untericht in chemie weiterzumachen.
Steht im Lehrplan, muss gemachtwerden.

Eine Art Kurssystem auch in der Schulischen Bildung könnte hilfreich sein.

Das jahrgangsstufensystem mag für die Grundschule ganz gut sein, aber selbst da hat dieses schon derbe Schwächen.
Es ist alles auf mittelmass ausgerichtet, in Verbindung mit zu großen Klassen, ein Lehrer hat doch gar keine Chance sich wirklich um seine Schüler zu kümmern. Wie soll er das denn auch schaffen mit knapp 30 Schülern in einer Klasse?

Nebenbei die Förderschulen nennen sich ja meist ähnlich, einmal nach Herrn Pestalozzi, bzw einmal nach dem berühmten Schweizer Arzt,
Es hat also quasi ein Stigma.
Ach der war auf einer Albert Schweitzer Schule, ob der überhaupt seinen Namen schreiben kann?
Oder die Leute die in Berlin mal auf der Rütli Shule waren? Gezeichnet fürs Leben.


Francis
5.5.2014 15:59
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BEGRiffsklärung : im Französischen unterscheiden wir unter analphbétisme, wer’s nie gelernt hat, und illétrisme, wer’s aus Mangel an gelegenheit nie gebraucht und so verlernt hat. Soll auch für die USA stimmen, Leute, die einen Wahlzettel zwar entziffern können aber nicht verstehen, 15%.


node14u
7.5.2014 8:38
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Im Epilog wird Joe schließlich Präsident, heiratet Rita und bekommt mit ihr drei kluge Kinder. Frito, der zum Vizepräsidenten ernannt wird, zeugt allerdings mit acht Frauen 32 Kinder, „eines dümmer als das andere“, so der Sprecher aus dem Off.

http://de.wikipedia.org/wiki/Idiocracy

*vor lachen unter den tisch gerutscht*
wie konnte ich den film nur verpassen ?

zum thema: ungefähr 1978 erhielt ich eine 5 (fünf) in einem sozialkritischem aufsatz, weil ich behauptete kinder von analphabeten wären benachteiligt weil die eltern ihnen (zb bei hausaufgaben)nicht helfen könnten.
das besondere schmankerl war der kommentar des lehrers: “es gibt in deutschland keine analphabeten”
werd ich niemals vergessen – zumal unser nachbar (was bekannt war) einer war.


Florian
7.5.2014 11:41
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@jan:
Wo hast du denn das Vorurteil mit den Namen von Förderschulen her?

Ich war auf einer Albert-Schweitzer-Schule. Und habe dort mein Abitur gemacht. Meine Albert-Schweitzer-Schule ist ein Gymnasium. Dass sich Schulen im Allgemeinen meist sehr ähnliche Namen geben, da stimme ich dir zu. Aber dass man am Namen den Schultyp erkennen könnte, sehe ich absolut anders.

Es gab bis vor wenigen Jahren ja ein fast echtes Kurssystem. Das Problem daran war nur, dass es nicht genug Lehrer gab um das vernünftig umzusetzen. Da ist es für die Schulleitungen heute deutlich bequemer, wenn es nur noch fest vorgegebene Fächerkombinationen gibt.
Das eigentliche Problem sehe ich eher im Lehrermangel, bzw. an deren Bezahlung, deren Überforderung (nicht im fachlichen Sinne, sondern zeitlich) und der Politik, die dagegen keine Maßnahmen findet (oder einfach nichts tut). Dass unser Bildungssystem so ist, wie es heute ist, ist meiner Meinung nach nur eine Folge, ein Symptom. Da wird versucht, das eigentliche Problem zu kompensieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


Knorka Kinte
11.5.2014 19:05
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Ich habe beim Lesen des Artikels ebenfalls festgestellt, dass ich Analphabet bin, es nur noch nicht gemerkt habe.