Ansichten eines Informatikers

Verleumdungsinstrument Vergewaltigungsvorwurf

Hadmut
8.12.2010 14:22

Wo doch gerade die zwei dubiosen Vergewaltigungsvorwürfe Kachelmann und Assange durch die Presse gehen: [Update]

In Wales hat eine 16-jährige drei Männer fälschlich der Vergewaltigung bezichtigt und ist deshalb nun selbst zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt worden (Danke an Carsten für den Link).

Angesichts dessen, daß der Vorwurf die Männer selbst wohl viel länger hinter Gitter gebracht und ihnen dazu auch sonst noch das ganze Leben ruiniert hätte (oder sogar hat), empfinde ich die Strafe als deutlich zu gering. Besonders besorgniserrengend empfinde ich folgende Passage:

Das Gericht entschied, dass der Name des Mädchens nicht veröffentlicht werden darf. Den drei beschuldigten Männer wurde keine identitätsschützende Maßnahme zuteil.

Das heißt, daß die Frau, die jemanden vorsätzlich zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt hat, immer noch besser gestellt ist als der zu Unrecht beschuldigte.

Solche Erscheinungen halte ich vor allem deshalb für bedenklich, als – soweit ich das der Presse entnehmen kann – im Fall Kachelmann die Vergewaltigung bisher nicht nachgewiesen wurde, und das Gericht durch Vernehmung seiner früheren Gespielinnen ihn einfach in die Rolle eines Schuftes drängen will, bei dem schon die Beschuldigung zur Verurteilung genügt und nicht erst noch Beweise benötigt werden. Und auch im Falle Assange scheint der Vorwurf – unter Ausnutzung des sehr dehnbaren schwedischen Sexualrechts – reichlich konstruiert.

Angenommen es stellte sich später heraus, daß der Vorwurf gegen Assange nicht haltbar ist und die schwedische Staatsanwältin Marianne Ny sich dessen bewußt war, aber aus welchen Gründen auch immer (Druck der USA, feministische Rache, egal was…) einen ungerechtfertigten Haftbefehl ausgestellt hat – müßten dann nicht umgekehrt die Briten einen internationalen Haftbefehl wegen Freiheitsberaubung gegen Ny ausstellen und die Schweden ihre Staatsanwältin an England ausliefern? Und sollte sich herausstellen, daß US-Amerikaner hinter dem Haftbefehl stecken, müßte man dann nicht auch auf sie einen Europol-Steckbrief ausstellen?

[Update:] In der ZEIT hab ich auch noch ein schönes Zitat über die Staatsanwältin Marianne Ny und die schwedische Logik gefunden:

Im schwedischen Rechtssystem sind die Grenzen zur Verbrechensrubrizierung “Vergewaltigung” deutlich niedriger angesetzt, als in den meisten anderen EU-Staaten. Marianne Ny gilt darüber hinaus als besonders weitgehende Staatsanwältin. So hatte sie sich einst in einem Fall von Frauenmisshandlung dafür ausgesprochen, dass Männer, die von Frauen beschuldigt werden, aber nicht verurteilt sind, in jedem Fall vorsorglich eingesperrt werden müssten – um der Frau “Raum zum Nachdenken” zu verschaffen. “Erst wenn der Mann gefangen genommen ist und die Frau in aller Ruhe Zeit bekommt, mit etwas Abstand auf ihr Dasein zu blicken, bekommt sie die Chance zu entdecken, wie sie behandelt wurde”, sagte sie damals.

Männer als rechtlose Tiere, der Frau wird dann schon irgendwas einfallen, was sie vorwerfen könnte.

Wenn das so stimmt, dann frage ich mich, was die Schweden eigentlich für ein Zeug saufen, daß sie sowas für Recht halten.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Steffen
8.12.2010 15:20
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Dann spinne ich hier mal eine Verschwörungstheorie, die aus einem schlechten Agententhriller entsprungen sein könnte. Leider werden nach meiner bescheidenen Lebenserfahrung schlechte Agententhriller mitunter von der Realität rasend schnell überholt…

Dann mal los: Bis dato hatten gewisse feine Kreise das Treiben von Wikileaks amüsiert beobachtet. Afghanisten-Enthüllungen, haha, gut gelacht. Diplomatische Depeschen, witzig. Aber als Assange ankündigte, brisante Bankinterna zu veröffentlichen, da war der Spaß vorbei.

Also wurde gleich mal das “Old Boys Network” aktiviert. Assange zu meucheln oder nach Guantanamo zu verfrachten? Unfein … erstmal würde man damit einen Märtyrer schaffen, außerdem würde dann der Schlüssel zu “insuranceaes256” veröffentlicht werden. Und das wäre nun wirklich … indignierend.

Den Fall in Schweden neu aufzurollen bot sich an. Die Amigos in Schweden wussten auch gleich schon Bescheid: “Wir haben da übrigens eine ganz hervorragende Staatsanwältin. Die ist bekannt. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen; die zieht das durch. Wir sorgen sofort dafür, daß sie den Fall übernimmt.”

Assange wird nach Schweden ausgeliefert, und findet sich vor Gericht einer Staatsanwältin gegenüber, gegen die im Vergleich die Ankläger in den Schauprozessen während der chinesischen Kulturrevolution zahme Kaninchen sind. Und einem schwammigen, drakonischen Gesetzeswerk.

Natürlich wird er verurteilt, und nach Australien abgeschoben. Australien nähert sich ja immer mehr den USA an, und er hat dort dauerhaft den Status eines “Sex Offenders”. Er steht auf einer schwarzen Liste, kriegt keinen Job und keine Wohnung mehr, muss eine Fußfessel tragen, sich 1x pro Woche bei der Polizei melden, wird schikaniert …

Die Staatsanwältin hat natürlich keine Ahnung davon, daß sie die ganze Zeit nur dafür da war, die schmutzige Drecksarbeit zu erledigen. Sie glaubt, daß sie mit ihrer Arbeit für die Frauenrechte etwas gutes tun würde, und es war ihr eine Freude, an einem so prominenten Mann endlich einmal ein Exempel zu statuieren.

Schon in ein paar Jahren wird niemand mehr wissen, wer Julian Assange war. Vielleicht gibt es mal einen Kurzbericht, “Was macht eigentlich Julian Assange?” Irgendein Reporter hat ihn in einem zwielichtigen Viertel in Melbourne aufgestöbert, wo er sich als gebrochener Alkoholiker mit Gelegenheitsjobs durchschlägt.

Und wenn alles vorbei ist, dann wird in irgendeinem feinen New Yorker Privatclub mit gutem Cognac angestoßen daß das Problem so elegant und diskret erledigt wurde, bevor die Gespräche wieder aufs Tagesgeschäft kommen.


dasuxullebt
8.12.2010 16:59
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In meiner Moralvorstellung ist das falsche Beschuldigen in so einer Sache ziemlich genau so schlimm wie eine entsprechende Tat selbst. Nicht nur zerstört sie, wie schon gesagt, das Leben der Beschuldigten, sie beschädigt auch die Glaubwürdigkeit der Opfer bei denen es wirklich zu einer Vergewaltigung gekommen ist, und schadet damit allen vorherigen und folgenden wirklichen Opfern von Vergewaltigungen. Für mich sind solche Frauen – genau wie Vergewaltiger – Schwerverbrecher, und sollten auch in der Öffentlichkeit als solche angesehen werden, und entsprechend bestraft werden.

Dass die Identität von mutmaßlichen oder verurteilten Schwerverbrechern ohne deren Einwilligung veröffentlicht wird ist aber in beiden Fällen in einem Rechtsstaat keine Option, und muss ebenfalls bestraft werden, denn das führt höchstens zu Spinnern die Selbstjustiz betreiben, und es ist ja gerade der Anspruch eines Rechtsstaates, dass alle Gewalt von ihm ausgehen soll, und damit auch ein Grundrecht des Menschen in einem Rechtsstaat, dass alle Gewalt die ihm angetan wird nur vom Staat kommt, und wie alle Grundrechte ist dieses Grundrecht etwas, das man sich nicht verdienen muss und das man nicht verlieren kann, zumindest meiner Meinung nach.

Freilich verzichten Leuten wie Assange, die eine Person von öffentlichem Interesse sind, freiwillig auf das Recht auf Anonymität; dass die Öffentlichkeit also zwangsläufig auch von solchen Anschuldigungen erfährt, ist deren unvermeidbares Risiko, und impliziert – auch wenn das nicht ganz gerecht sein mag – nicht automatisch, dass die Identität der eventuell fälschlich beschuldigenden Person damit ebenfalls preisgegeben werden darf, denke ich.