Ansichten eines Informatikers

Noch mehr Regierungs-Schwindel – das Internet wird zum Feind

Hadmut
8.8.2010 13:57

Oder: Warum der stabilisierte und zentralisierte Journalismus durch dezentrale und dynamische Blogs ersetzt/ergänzt werden muß.

Angela Merkel hatte doch kürzlich noch darüber geklagt, daß das Internet den Politikern das Leben schwer macht.

Warum? Die Politik hat die Presse längst so weit unter Kontrolle, daß die Presse eigentlich zum Organ der Regierung geworden ist. Es ist bekannt, daß die CDU im ZDF das Sagen hat, der Regierungssprecher wird Intendant beim Bayerischen Rundfunk, dafür wird ein ZDF-Nachrichtensprecher jetzt Regierungssprecher.

Und wie die andere Presse kontrolliert wird, wird recht schön in diesem Blog-Artikel bei Denkbonus beschrieben. Darin auch der Link auf einen Fernsehbericht über die Mauscheleien (SWR/NDR 2006, youtube-Links siehe unten). (Danke wieder mal an den Leser für den Hinweis.)

Das zeigt natürlich auf, daß eine unabhängige Berichterstattung und unabhängige Meinungen so gar nicht erwünscht sein können und nicht in das Regierungskonzept und den überparteilichen Konsens passen. Dezentrale, dynamisch sich verändernde, finanziell nicht vom Bloggen abhängige, kritische Blogger passen da überhaupt nicht in das Konzept. Das erklärt auch, warum Merkel sich beklagt, daß das Internet das Leben schwer mache. Die zentral gesteuerte Meinungsmache, auf der der deutsche Politik-Stil beruht, funktioniert nicht mehr, und damit kommt auch die Politik ins Schleudern.

Das erklärt natürlich auch, warum immer mehr Politiker so wütend auf das Internet losgehen, warum sie immer wieder behaupten, es dürfe kein „rechtsfreier Raum sein”, um es nur immer weiter kaputtzuregulieren. Warum man diese Abmahnpraxis und diese Beeinträchtigung des ganzen deutschen Internets durch den Gerichtsstandort Hamburg (fliegender Gerichtsstand) nicht einschränkt, weil man genau das möchte, daß jeder, der kritisch schreibt, den finanziellen Ruin fürchten muß. Repressalien gegen die Meinungsfreiheit, nur durch die Hintertür ausgeführt. Es zeigt natürlich auch, woher die Motivation kommt, das Internet mit solchen Aktionen wie der Kinderpornosperre generell als Ort des Bösen zu brandmarken und Filtermechanismen zu etablieren.

Das Internet hat in vielen Bereichen die etablierten Vertriebswege auf- und abgelöst. Die finanziellen und technischen Hürden wurden massiv egalisiert, der Unterschied zwischen dem professionallen Anbieter und dem Privatmann, Amateur, Hobbyisten deutlich verkleinert. Ein Blog kann heute jeder aufmachen und schreiben, und trotzdem ist es weltweit lesbar, per Google zu finden. Und das setzt eben den politischen Einfluß auf die vorgegebene Meinung mehr und mehr außer Funktion.

Die Konsequenz daraus: Bloggen, daß die Schwarte kracht.

Und: Wir müssen neue Kommunikationsmittel entwickeln. Wir müssen die dezentrale Struktur der Blogs erhalten, und trotzdem bessere Aggregierungsfunktionen bauen. Google, Trackbacks usw. reichen da nicht mehr.

Und hier also der Fernsehbericht Strippenzieher und Hinterzimmer (SWR/NDR 2006, Youtube zerschipselt es leider in mehrere Teile):

Teil 1:

Teil 2:

Teil 3:

Teil 4:

Teil 5:

2 Kommentare (RSS-Feed)

Fabian
9.8.2010 1:34
Kommentarlink

Das Problem, das die Dokumentation überdeutlich aufgezeigt hat, liegt im Zugang zu Informationen.

Die Mehrzahl der Blogs ist ja lediglich kommentierend und interpretierend tätig und verarbeitet die Dinge die diese “Hintergrundkreise” so und so passieren. Eigenständige Recherche findet kaum statt. Die deutsche Blogosphäre beschränkt sich quasi darauf Feuilleton zu spielen.

Und die Konsequenz aus dem “Buskeismus” müsste vom Grundsatz her lauten, unter bewußtem Rechtsbruch anonym und unter Vornahme geradezu konspirativer Sicherheitsmaßnahmen zu bloggen. Das ist technisch schon von lange nicht mehr jedem zu leisten.

Anonymität und Recherche sind auch langfristig schwer unter einen Hut zu bringen, denn beim recherchieren wird man schneller bemerkt als beim mauscheln.


Herbert
11.8.2010 14:28
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Da kriegen die Journalisten eine kostenlose Ausbildung an den Universitäten (= Wissenskirchen…), die von dem Geld von 50Millionen arbeitenden Menschen bezahlt wird und erdreisten sich dann zu sagen, wir können ja ruhig Dinge zurückhalten, weil uns das Spaß macht und wir das so für toll befinden.
Wenn Ärzte sagen würden: Wir müssen doch nicht richtig und alles behandeln! Naja obwohl…weit davon entfernt sind wir ja nicht mehr, dank der ehemaligen BWL oder Chemiestudenten, die Pharmavertreter geworden sind oder Manager diverser Unternehmen…

Was für ein komischer Laden die Uni ist…