Ansichten eines Informatikers

Kritik an meiner Nikon D300s

Hadmut
6.6.2010 13:12

Nachdem ich nun die erste Zeit (insbesondere eine Reise) mit meiner neuen Nikon D300s verbracht habe, ist mal Kritik angesagt.

Grundsätzlich erst einmal ein Lob für die Kamera. Der Wechsel hat sich gelohnt. Die Bildqualität ist sehr gut, und die Kamera selbst hat sich als sehr robust und stabil erwiesen, die auch was wegsteckt. Macht Spaß.

Zu rügen habe ich aber einige systematische Schwächen im Bedienkonzept. Ich hatte für einige Tage zur Auswahl noch eine EOS 7D im Haus und habe mich letztlich wegen der besseren Objektive für die Nikon entschieden (und bleibe auch dabei).

Man muß aber deutlich sagen, daß mir an der Bedienung der Nikon inzwischen einige Sachen ganz gewaltig auf den Wecker gehen und die – soweit ich mich erinnern kann – bei Canon allesamt viel besser gelöst waren.

  • Die Nikon liegt mir zwar besser in der Hand und die Tasten sind besser, aber die Firmware darunter ist kontraintuitiv.

    Zunächst mal hat mich gestört, daß alles “verkehrtherum” ist, ich beispielsweise + und – bei Anzeige und Bedienrädern in die für mich gefühlt falsche Richtung drehen muß, was man aber alles in der Konfiguration einstellen kann. Trotzdem ist es so, daß dann Blende und Belichtungszeit jeweils ihr festes Einstellrad haben, dadurch aber andere Funktionen wie das Shiften oder die Belichtungskorrektur das Rad wechseln, mal vorne, mal hinten. Mir geht dieses Bedienkonzept einfach nicht flüssig rein und damit verliert man Zeit (vielleicht die Zehntelssekunden, die das gute Bild ausmachen), Bildqualität und Spaß. Die Canon-Logik, vorne das Master-Rad und hinten das große Hilfsrad zu haben, erscheint mir da inzwischen plausibler und intuitiver. Soweit ich mich erinnern kann, hat man dann vorne das Shiften, oder je nach Modus Blende und Belichtungszeit, und hinten auf dem großen immer die Belichtungskorrektur. Kommt mir deutlich besser vor, weil man die Bildgestaltung auf dem einen und die Korrektur auf dem anderen fest hat, und nicht wie bei Nikon Blende und Belichtungszeit festgelegt.

  • Die Canon hatte am Drehrad oben drei Grundeinstellungen A,B,C, die man sich einstellen und dann schnell dazwischen wechseln kann. Die hätte ich mehr als dringend gebraucht. Da hätte ich beispielsweise Normal, Panorama und HDR drauf gelegt, zwischen denen man so ziemlich alles wechseln muß.

    Wenn ich bei der Nikon (und was kam auf der Reise häufig vor) mal eben spontan eine Panorama- oder HDR-Aufnahme machen muß, muß ich jedesmal jede Menge Handgriffe vornehmen um alles zu wechseln:

    • Belichtungsmodus auf P oder M
    • Weißabgleich auf einen festen Wert oder Automatik
    • Autofokus ein oder aus (bzw. auf die AF-On-Taste)
    • Bracketing ein oder aus
    • Einzelbild oder Serienbild
    • ISO-Einstellung
    • ISO-Automatik an oder aus

    Sieben Einstellungen ändern, nur um mal spontan ein Pano oder HDR zu fotografieren. Da steht man dann da und ist erst einmal eine Weile mit der Umkonfiguration der Kamera beschäftigt, was einen bei Canon nur einen kurzen Dreh am Hauptschalter kosten würde.

    Zwar gibt es auch bei der Nikon Grundeinstellungen für Aufnahme und Bedienung, aus denen man sich jeweils welche raussuchen kann. Die sind aber nicht wirklich brauchbar (und das Auswahlmenü schwer zu erreichen). Die sind eigentlich eher dafür geeignet, wenn eine Kamera von verschiedenen Fotografen verwendet wird.

    So kann man in einer Aufnahmekonfiguration zwar Dateinamen zwar Bildqualität und Weißabgleich einstellen, Rauschreduzierung und ISO-Einstellung. Schön. Ich kann aber nicht die Belichtungsart, den Autofokus oder das Bracketing übernehmen. Dafür aber ändert das Ding den Ordner, in dem was abgelegt wird und ob die Compact-Flash oder die SD-Karte primäres Kartenfach ist. Das heißt, wenn ich die Kartenpriorität wechseln will, muß ich das in allen Profilen tun. Das taugt einfach nichts.

    Den Belichtungsmodus usw. könnte man vielleicht noch durch Firmwareupgrade korrigieren. Der Autofokus ist aber ein mechanischer Schalter, die Serienbildfunktion ebenfalls. Die werden zwar sicherlich auch nur per Software abgefragt, aber sie anders zu interpretieren, als sie stehen, wäre noch verwirrender. Es würde ja schon mal helfen, wenn man für den Bracketing-Modus (der übrigens wegen der vielen Möglichkeiten kompliziert zu erreichen ist) automatisch eine Serienbildfunktion aktivieren könnte.

  • Richtig auf die Nerven geht mir die ISO-Automatik. Bei Canon war das schön eindeutig, da tauchte einfach “AUTO” als einer der Werte in der ISO-Liste auf. Und den kann man dann auch für den jeweiligen Preset mit einstellen.

    Bei Nikon ist das ein richtiger Murks. Man stellt mit der ISO-Taste eine Grundempfindlichkeit ein. Und tief drunten in den Menüs kann man die Automatik zu- oder abschalten, die einem dann bei Bedarf den ISO-Wert anhebt. Geht man auf Schnappschussjagd, beispielsweise wenn man öfters zwischen Sonne und starkem Schatten oder Innenräumen wechselt, sollte man das tunlichst eingeschaltet lassen.

    Wenn man aber vergißt, das auszuschalten, dann nudelt die einem ständig dazwischen, und zwar auch in der manuellen (M-) Belichtungsart, wo sie das eigentlich nicht sollte. Das hat mir kürzlich im Studio schon ein paar Bilder vergurkt und zunächst die Frage aufgeworfen, warum das Bild nicht dunkler wird, wenn man die Blende immer weiter zudreht (Ach so, die Automatik ist noch an), aber leider auch manche Panorama-Aufnahme versaut, wenn in der Bilderreihe mittendrin der Himmel knallweiß wird, weil die Kamera meinte, man könnte ja mal trotz fest eingestellter Blende und Belichtungszeit die Empfindlichkeit hochnehmen.

  • Die Canon kann nur drei Bracketing-Aufnahmen, dafür aber bis +-2. Die Nikon kann bis zu neun, aber dafür maximal um +-1 verschoben. Das heißt, daß man um das ungefähr gleiche HDR-Ausgangsmaterial zu bekommen 5 statt 3 Aufnahmen machen muß. Und wenn man die aus der Hand aufnimmt, steigt die Gefahr erheblich, daß die gegeneinander verschoben und/oder verdreht sind.

Sorry Nikon, aber das ist so nicht gut.

Nikon baut sehr gute Objektive und auch mechisch/technisch hervorragende Kameras. Aber das mit dem Bedienkonzept haben sie einfach nicht richtig drauf. Da hängen sie noch zu sehr an der alten mechanischen Welt zu Zeiten der chemischen Fotografie. Und da erscheint mir Canon in den meisten Punkten deutlich besser.