Ansichten eines Informatikers

Bürger – Leasingnehmer – Lehnsmann

Hadmut
30.1.2010 15:11

Je mehr ich über die explodierende Staatsverschuldung nachdenke, desto mehr drängt sich mir der Gedanke auf, daß das kein ungewolltes, sondern ein gezielt konstruiertes Unglück ist.

Denken wir doch mal an die Gemeinden, die von irgendwelchen dubiosen Lokalpolitikern regiert werden. Da ist es doch schon oft vorgekommen, daß die z. B. ihr Rathaus verkauft und zurückgemietet / -geleast haben. Entweder weil sie gerade nicht flüssig waren und Geld brauchten, oder weil sie die Interessen des Leasinggebers vertraten, der damit ein Riesengeschäft auf Kosten der Steuerzahler macht.

Was aber ist unsere Staatsverschuldung anderes als so ein Modell in groß?

Staatsverschuldung heißt, daß der Staat – wir alle – irgendwelchen reichen Leuten Geld schuldet. Und dafür Zinsen zahlt. Man könnte das so sehen, als ob jemand ein Stück Autobahn oder ein Rathaus oder eine Schule gekauft hat. Nur daß man nicht genau sagen kann, was ihm gehört, sondern von allem so ein bischen. Wie die Aktien einer AG. Man kann also sagen, daß der Staat zunehmend nicht mehr den Bürgern, sondern denen gehört, die Aktien bzw. Anleihen gekauft haben. Und daß man denen dafür quasi Miete in Form von Zinsen zahlt.

Ich glaube auch gar nicht, daß es überhaupt gewollt, geschweige denn erreichbar ist, die Schulden zurückzuzahlen. Im Gegenteil, die Schulden werden in Rekordhöhe ausgedehnt. Ich glaube, daß da jemand ganz gezielt ein Modell betreibt, quasi die Bundesrepublik Deutschland zu ver- bzw. aufzukaufen und – in Form von Zinsen – an die Bürger zu vermieten. Sowas wie eine feindliche Übernahme durch Aktienmehrheit. Und die diversen Parteiskandale durch gekaufte Gesetze sind letztlich nichts anderes als die ersten Anzeichen dafür, daß da bereits jemand hohe Stimmrechte durch hohe Anteile am Staat hat. Wenn man sich überlegt, welchen Einfluß die Superreichen inzwischen haben, wo sie überall ohne demokratische Legitimation mitreden, daß sie Gesetze nach Wunsch bestellen können, dann ist das nichts anderes als die Ausübung des Stimmrechtes wie in einer AG.

Die Abgaben steigen derweil immer höher, und ein immer größerer Anteil des Steueraufkommens geht für Zinsen drauf. Man könnte auch sagen, daß man die Miete für den Staat zahlt, die sich in die reine Miete (eben Zinsen für den Inhaber) und die Mietnebenkosten (die sonstigen Steuern für den laufenden Betrieb) aufteilen. Und ab und zu gibt’s dann eben mal noch irgendwelche Steuergeschenke für die Industrie wie Abwrackprämien, Steuersenkungen für Firmenwagen oder niedriger Hotel-Mehrwertssteuer oben drauf. Als Dividende sozusagen.

Der ganze Staat wird umgebaut von der Demokratie zum gigantischen Leasingunternehmen.

Man ist nicht mehr Bürger kraft Staatsangehörigkeit, sondern man ist Mieter/Leasingnehmer/zahlender Gast. Als würde man Eintritt bei Disneyland zahlen. Da gibt es dann die einen, die das nicht mehr mitmachen und auswandern, sprich das Mietverhältnis kündigen. Als würden Miethaie Stadtteile aufkaufen und alle vertreiben, die die höheren Mieten nicht zahlen. Und da gibt es die anderen, die das nicht packen, die in Deutschland bleiben wollen oder müssen.

Und die werden quasi zu Zwangsmietern oder Lehnsleuten, wie im Mittelalter. Der reiche Landherr vergibt Lehen zur Bewirtschaftung und kassiert dafür Steuern.

Im Endeffekt wird damit auch wieder der Adel eingeführt. Da gibt es auf der einen Seite die, die hohen Einfluß auf die Regierungsentscheidungen nehmen (heute halt in Form von Spenden an Parteien) und denen das Geld automatisch zusprudelt, weil sie eben viel vom Staat besitzen, und es gibt das normale Volk, das arbeitet um den Adel zu ernähren.

Rücksturz in die Gesellschaftsformen des Mittelalters. Womit wir dann auch wieder beim Brot-Margarine-Kaviar-Modell wären.

3 Kommentare (RSS-Feed)

Mephane
30.1.2010 22:55
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Gute Beobachtung, nur nützt das Auswandern tendentiell nur wenig, denn dasselbe geschieht praktisch in allen Ländern, wo das irgend möglich ist.


Jens
31.1.2010 19:21
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“Je mehr ich über die explodierende Staatsverschuldung nachdenke, desto mehr drängt sich mir der Gedanke auf, daß das kein ungewolltes, sondern ein gezielt konstruiertes Unglück ist.”

Bei den Republikanern bekannt als “starving the beast”.


Hadmut
31.1.2010 19:53
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Interessanter Punkt, man sollte aber sagen, daß sich das auf die amerikanischen Republikaner bezieht (nicht die deutsche Partei). Siehe
http://en.wikipedia.org/wiki/Starve_the_beast