Ansichten eines Informatikers

Selbst verstärkende Trauerspirale

Hadmut
15.11.2009 22:13

Lesenswerter Artikel in der WELT über entglittene Maßstäbe und die berechtigte Frage, warum wir um in Afghanistan gewaltsam getötete deutsche Soldaten fast gar nicht, um einen freiwillig aus dem Leben geschiedenen Fußballer aber wie um einen Staatsmann trauern. Man kann das tatsächlich an Anzeichen dafür werten, daß wir eine Vergnügungsgesellschaft sind, in der einer aus dem Unterhaltungssektor – und mehr ist Fußball eben nicht – soviel mehr wert ist als ein normaler Mensch, als ein Soldat, als Politik. Und über die unterschiedliche Wertigkeit von Menschen.

Kürzlich habe ich im Radio mehrere Aussagen darüber gehört, was für ein wunderbarer Mensch der Fußballer gewesen sei. Ich könnte mich nicht erinnern, daß jemals irgendwer der Frage nachgegangen wäre, ob die in getöteten Soldaten oder die, die kürzlich auf der Autobahn ums Leben gekommen sind, oder Leute, die sich sonstwo vor den Zug werfen, wunderbare Menschen waren. Oder was einen Menschen überhaupt wunderbarer macht als andere und was genau das sein soll.

(und ich habe sogar den Eindruck, daß diese Redewendung vom wunderbaren Menschen wieder so ein geistloser Anglizismus ist, denn so reden die Amis gerne daher.)

2 Kommentare (RSS-Feed)

cypher
16.11.2009 1:14
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Ich halt den Soldaten an sich da für ein schlechtes Beispiel. Sterben ist im Prinzip ja Ziel des Krieges (zwar das des jeweiligen Gegners aber es gehört eben dazu) und Krieg ist der prinzipielle Einsatzzweck eines Soldaten. Dass das bei uns gern umdefiniert bzw umbenannt wird damit man nich immer über diesen nervigen Gesetze stolpert is ja ne andere Baustelle.
Generell ist es ne Sache der “Prominenz”. Bekannte Leute machen Schlagzeilen die andern eben höchstens wenns besonders spektakulaer war.
Es geht in den Medien eben ums verkaufen. Ist die Zielguppe hoch genug? Das ist sie eben wenn viele Leute die Person “kannten” oder wenns morbide genug für den Schaulustigeneffekt ist. Und wenns das is wirds aufgeblasen zum größten, tragischsten, *beliebegerSuperlativ* Wasauchimmer aller Zeiten um sich selbst für diese Meldung zu rechtfertigen und um die Verkaufszahlen möglichst ans obere Limit zu bringen.


quarc
16.11.2009 21:04
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Die Trauerspirale wird auch vom Herdenverhalten der Medien
erzeugt. Am Sonntag war die Trauerfeier sogar ständige Meldung
in den News-Updates von BBC World. Montags dann noch die
morgendeliche “Kontrovers” Sendung, getreu dem Motto:
“Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von mir”.