Ansichten eines Informatikers

Zwei von drei IT-Projekten scheitern…

Hadmut
24.10.2009 22:39

Gerade beim Durchblättern der neuen c’t. Darin wird in iX-Sonderheft IT-Projekte beworben, u.a. mit der Aussage, daß zwei von drei IT-Projekten scheitern.

Falls das wirklich so ist (und das will ich nicht in Abrede stellen) wäre das wirklich ein Armutszeugnis für die Informatik.

Man stelle sich vor

  • zwei von drei Flugzeugen kämen nicht an,
  • zwei von drei Patienten überlebten die Operation nicht,
  • zwei von drei Essen im Restaurant wären ungenießbar
  • zwei von drei Autos wären nicht verkehrssicher
  • zwei von drei Gerichtsurteilen … ähm, das Thema lassen wir lieber weg…

Mit den Leuten würde man kurzen Prozeß machen. Nur im IT Bereich nimmt man das so hin. Da muß was gewaltig schief gelaufen sein.

6 Kommentare (RSS-Feed)

TGL
25.10.2009 14:40
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Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Flugzeuge, Essen und Autos sind Massenprodukte (Flugzeuge zwar in geringeren Stückzahlen, aber das Prinzip ist dasselbe) und, Standard-Operationen erfordern “nur” Routine und handwerkliches Können.

Größere Softwareprojekte sind vergleichbar mit der Produktion von Filmen, dem Kreieren neuer Rezepte und anderen prototypischen Aktivitäten – man hat zwar Erfahrung mit den verwendeten Werkzeugen, kann ggf. auch auf eine Liste funktionierender Altprojekte zurückblicken, aber ob die Anforderungen wirklich umsetzbar sind, die zeitlichen und finanziellen Planungen ausreichen und ob nicht kontinuierliche Nachanforderungen ein an sich machbares Projekt scheitern lassen, weiss man vorher nie.


Hadmut
25.10.2009 14:47
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So?

Solte das Durchziehen eines IT-Projektes nicht auch Massendienstleistung geworden sein?

Was wäre in Hollywood los, wenn zwei von drei Filmproduktionen nicht zum Ende kämen? Oder zwei von drei Maßanzügen beim Herrenschneider nichts würden?

Schon die Tatsache, daß die meisten IT-Projekte als prototypisches Beschreiten von Neuland angesehen werden, obwohl sie das objektiv nicht sind und nichts enthalten, was nicht schon mal da war, zeigt doch schon, daß man nie über das Anfänger-Neuland-Stadium hinausgekommen ist.


lbra
27.10.2009 10:16
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Ich denke deine Vergleiche hinken stark. Der Vergleich mit dem Flugzeug, der Operation oder dem Massanzug und einem IT-Projekt passt meiner Meinung nach so nicht.

Die Person oder das Team das das Flugzeug herstellt oder die Operation durchfuehrt, hat dieses schon N mal gemacht. Wenn ein Softwareentwicklugnsteam eine Software (z.b. einen DVD-Player) N mal neu entwickelt, dann wird es eine aehnliche Erfolgsquote haben.

Wird ein Tierarzt einen Menschen problemlos operieren koennen? Zum Beispiel eine Herztransplantation durchfuehren? Schliesslich hat der Tierarzt ja auch etwas mit Medizin gemacht und sollte damit problemlos in der Lage sein einen Menschen am Herzen zu operieren. Ausserdem handlet es sich bei der Herztransplantation nicht um Beschreiten von Neuland!

Was ist mit dem Mund-Kiefer-Chirugen? Macht der Herz-Transplantationen?

Was ich damit sagen will: Fuer viele Berufe gibt es Spezialisten, die genau eine Sache koennen und vor allem gelernt haben. Bei den Informatikern ist das anders. Die sollen einmal ein Spiel entwickeln, dann eine elektronische Gesundheitskarte oder ein Autobahnmautsystem bauen.

Selbstverstaendlich handelt es sich fuer ein Entwicklerteam um betreten von Neuland, wenn sie ein neues Projekt anfangen. Man hat zwar (im besten Fall) die Grundregeln der Softwaretechnik gelernt (wie der Arzt auch: Wenn dem Patienten zu viel Blut auslaeuft, dann ist das nicht gut), aber das heisst noch lange nicht, dass man alles kann.

Lass uns mal eine (meiner Meinung nach besser passende) Analogie betrachten: Ein Chriug der Herztransplantationen durchfuehren kann soll eine Leber transplantieren. Ein Entwicklerteam das Telefonsysteme und Autosteuerungen programmieren kann, soll ein Autobahnmautsystem entwickeln. Fuer beide ist die neue Aufgabe Neuland.

Der Herzchirug wird sich von jemandem, der Leber transplantieren kann zeigen lassen, wie das funktioniert. Dann wird er das ganze N mal an bereits Verstorbenen ausprobieren um sicherzugehen, dass er die erforderlichen Handgriffe kann, bevor er sich an einen lebenden Menschen traut.

Was machen die Entwickler?

1.) Jemanden fragen, der schon mal so ein System gebaut hat? Gibt’s da jemanden?

2.) Bauen sie N Prototypen bis sie die Probleme im Griff haben? Wer bitte zahlt das?

Wer wird bessere Chancen haben, sein Projekt erfolgreich durchzufuehren?


Hadmut
27.10.2009 11:08
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Im Prinzip hast Du Recht, aber Du ziehst die falschen Schlüsse. Mit Deinen Erläuterungen greifst Du zwar die Vergleiche an, aber die These an sich bestätigst Du damit.

Nach meinen Beobachtungen ist genau das das Problem, daß die IT-ler jedesmal drangehen, als ob sie Neuland beträten, obwohl das gar nicht so ist. Da wird einfach aufgrund mangelhafter Ausbildung und völlig versauter Sitten Inkompetenz getrieben und dann so getan, als würde man jedesmal Amerika neu erobern müssen. Beim Arzt geht man nicht unbedingt zum billigsten Anbieter. Beim Flugzeug auch nicht. Im IT-Bereich schon. Und so entstehen die Probleme.


Clara
27.10.2009 14:48
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Hmm, mir hat man vor 10 Jahren im Studium schon dasselbe erzählt (wobei da die Zahlen noch ein wenig besser aussahen). Gibt es in dieser Sache so gar kein Vorankommen?


HF
28.10.2009 21:33
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In der Fertigung werden Qualitätsprobleme *gelöst*. In der Softwareentwicklung ist die Krise von Dauer und das Elend allgegenwärtig. Ich vertrete mal die These, daß die Ursachen
überhaupt nichts mit den guten oder bösen Absichten der Entwickler zu tun haben. Anderenfalls wäre das Problem doch längst vom Management gelöst worden. Ich plädiere auf “wer zahlt, schafft an” als Ursache.
Daß Geld und Zeit knapp sind, kann nicht hinterfragt werden. Daß der eigene Verstand, das Vorstellungsvermögen, die Fähigkeit zum Wünschen der limitierende Faktor sein könnte, diese Lektion muß für das neue Jahrhundert noch gelernt werden. Hinsetzen 🙂