Ansichten eines Informatikers

Die nächste Corona-Rochade

Hadmut
19.12.2021 15:38

Und wieder mal werden kommentarlos und ohne Begründung die Standpunkte getauscht.

Die große Corona-Rochade von Anfang 2020 hatte ich schon öfters beschrieben:

Erst hieß es in Medien und Politik, Corona gäbe es gar nicht, das seien nur Hirngespinste rechter Aufwiegler, die aus Fremdenfeindlichkeit die Grenzen dicht machen wollen. Schaut Euch nur diese Idioten an, die rennen am hellichten Tag mit einer Schutzmaske in der Stadt herum…

Nach ein paar Wochen plötzlich der geräuschlose kommentarlose Positionswechsel.

Auf einmal Corona ganz wichtig, und seither sind die Rechten die „Corona-Leugner“, die nicht einsehen wollen, dass wir Masken, Lockdown, Impfung brauchen. Und niemand hat Politik und Medien jemals dafür zur Rechenschaft gezogen.

Dann hat man das vertieft und verstärkt, und wieder jeden, der nicht der eigenen Meinung ist, als bösen Rechten abgetan, und zwar auch dann, wenn man die eigene Meinung wechselt wie die Unterhosen. Rechte sind immer die anderer Meinung. Deshalb herrscht in den Medien ja auch die diktierte Auffassung (ich hatte schon öfters von meinem Erlebnis im NDR berichtet), dass „Hass“ als nicht der Meinungsfreiheit unterliegende Meinung keiner greifbaren Definition unterliegt, sondern durch den Diskurs täglich neu ausgehandelt wird, was das aktuell jeweils sein soll. Grundsätzlich also ist der dem Grundrecht der Meinungsfreiheit entzogene „Hass“ immer das Komplement der eigenen Meinung, auf die man sich aber nicht festlegen kann und will, weil sie täglich wechseln kann.

Eben noch hatten wir – vor allem als man es zu den Wahlen so brauchte – die ausgeteilte Auffassung, dass alle, die gegen Impfung, Lockdown, 2G usw. sind, „rechte Querdenker“ sind.

Mittlerweile aber bekommen viele den Corona-Koller, meinem Eindruck nach ein Phänomen wie der Lager-Koller, aber vom Eingesperrtsein mit sich selbst, der Effekt, sich selbst nicht mehr zu ertragen.

Nun kam ja neulich schon heraus, dass viele der Querdenker eben nicht „Rechte“, sondern „Ex-Grüne“ seien. Ungeklärt blieb, ob sie nicht mehr grün sind und warum, oder ob das alles ein False-Flag-Theater ist, um von irgendetwas anderem abzulenken oder ein Feindbild und einen Schuldigen darzustellen.

Inzwischen aber ist zu beobachten, dass verblüffend viele der Medien, vor allem auch solcher, die eben noch Impf- und 2G-Gegner als rechte Wirrköpfe darstellten, genauso geräuschlos plötzlich wieder ihren Standpunkt wechseln oder zumindest den regierungsgegnerischen Standpunkt plötzlich wieder für vertretbar halten:

Wie er auf das „VIEL“ und „ETWAS“ kommt, erschließt sich mir nicht, da war wohl wieder mal der Wunsch der Vater des Gedankens.

Die linksaußen campierende TAZ meint:

Aus dem Text:

Die jüngsten Berichte bestätigen es: Spätestens seit den Mord­drohungen gegen die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping sowie den Ministerpräsidenten von Sachsen, Michael Kretschmer, ist es unübersehbar, dass die Szene der Impfgegner sich zu einer in der Geschichte der Bundesrepublik bisher unbekannten rechtsradikalen Massenbewegung entwickelt. Das ist verwunderlich, weil die Impfgegnerinnen einem ganz anderen Milieu entstammten. So jedenfalls die von Oliver Nachtwey und Nadine Frei erstellte empirische Untersuchung „Quellen des Querdenkertums. Eine politische Soziologie der Corona-Proteste in Baden-Württemberg“.

Dieser nicht streng repräsentativen, aber auf einer zureichenden Fülle von Interviews beruhenden Studie ist zu entnehmen, dass die typischen QuerdenkerInnen gerade keine abgehängten, politisch eher rechts eingestellten Provinzler sind. Im Gegenteil, die Studie ergab, dass es sich um den Idealtyp der grünen Wählerin handelte: in aller Regel um eher weibliche, höher gebildete, der gehobenen Mittelschicht zugehörige Personen.

Vielleicht auch einfach nur der schieren Dummheit linken Denkens geschuldet, die alles immer nur als homogene Kollektive und nicht als Individuen betrachten kann, und sich nicht vorstellen kann, dass es verschiedene Leute geben könnte, Diversität sozusagen. Wenn es Morddrohungen gibt – von denen nicht mal klar ist, ob sie echt oder False Flag sind – dann muss das immer auf alle anzuwenden sein, so wie man Anders Breivik auf alle Männer verallgemeinert, Morde durch Migranten aber immer sofort zur Einzeltat eines psychisch Erkrankten erklärt. Gewaltiger Stress für das Rudeldenken im Hirn, das dafür sorgen muss und soll, dass die Eigenen immer gut und die Anderen immer böse sind.

Zudem wurden vier mögliche Herkunftsmilieus dieses Personenkreises untersucht: 1. das Alternativmilieu, 2. das anthroposophische Milieu, 3. das christlich-evangelikale Milieu sowie 4. das bürgerliche Protestmilieu, das in den Auseinandersetzungen um „Stuttgart 21“ führend war. Tatsächlich gab es kaum Überschneidungen mit dem evangelikalen beziehungsweise dem bürgerlichen Protestmilieu, nein, die meisten Befragten ordneten sich dem alternativen oder anthroposophischen Milieu zu.

Würde das nicht heißen, dass die bisherige Berichterstattung über „Querdenker“ schlicht Fake-News waren?

Würde das nicht eher den Gedanken nähren, dass da, wie so oft, einige False-Flag-Provokateure unterwegs sind, die das eskalieren lassen, damit man hinterher auf „die Rechten“ schimpfen kann, obwohl es doch eher die Öko- und Homöopathie-Fraktion ist?

Dem wohnte dann auch eine gewissen Plausibilität inne, denn gerade das grüne Umfeld ist es ja, das seit Jahrzehnten gegen jede Form von Technik, und ganz besonders gegen alles, was mit „Gen“ zu tun hat, wettert, und dafür lieber esoterische Tänze bei Vollmond betreibt, um die Waldgötter anzurufen. Ich fand es schon erstaunlich, wie das linksgrüne Umfeld es fertig brachte, Jahrzehnte lang gegen alles zu hetzen, was mit Technik und Genkram zu tun hat, und dann gegen die Impfgegner als rechte Spinner zu wettern, obwohl sie eigentlich nichts anderes machen als grüne Politik, und sich benehmen, wie die Castor-Demonstranten.

Dass Linke andere dafür beschimpfen, sich genauso wie sie selbst zu verhalten, ist allerdings nicht neu. Doppelmaßstäbe wie immer, Grüße von der Amygdala und der Freund-Feind-Mechanik im Hirn.

Gleichwohl habe man – so Oliver Nachtwey bei der Vorstellung der Studie – eher vernünftige Personen erreicht und keine harten Verschwörungstheoretiker oder gar Reichsbürger. Vor allem aber seien im Südwesten doppelt so viele ehemalige Grünen- und Linke-Wähler unter den Protestlern als im Osten, wo – zum Beispiel in Sachsen – die Proteste stärker von der extremen Rechten und deutlich weniger esoterisch geprägt seien.

Nun wundert man sich:

Nun fragt sich, ob man es hier mit Phänomenen zu tun hat, die sich am besten mit der von Politologen gering geschätzten Hufeisentheorie erklären lassen: einer Theorie, die die politische Landschaft nicht als horizontale Gerade, sondern als hufeisenförmig darstellt: ein unvollständiger Kreis mit einander naheliegenden rechten und linken Endpunkten. Aber sogar, wenn diese Theorie zu schlicht ist, bleibt dennoch die Frage, warum in der Impfgegnerschaft Menschen und Milieus zusammenfinden, die ansonsten weiter entfernt nicht sein könnten.

Das kann ich beantworten. Weil der ganze soziologische und politische Ansatz, die Menschheit in Linke und Rechte, in Milieus einzuteilen, ziemlicher Quatsch ist, weil er nachrangige Aspekte über vorrangige stellt und damit im Ergebnis auf denselben Fehler reinfällt, den man bei Statistiken den Simpson-Fehler nennt.

Ich bin inzwischen der Überzeugung, dass das alles umgekehrt liegt und die dabei auch Ursache und Wirkung verwechseln. Ich halte ja Linke und Rechte für das prinzipiell Gleiche, nur mit parametrischen Unterschieden. Der Hufeiseneffekt ist eher so ein Nebenprodukt, weil sich bei den gemäßigteren die Parameter stärker durchsetzen, bei den anderen dagegen die Prinzipien.

Und die Prinzipien dürfte nach meiner Vermutung schlicht und einfach auf Hirnfunktionen beruhen, denen, die uns die Evolution aus der Urzeit mitgegeben hat, als wir Angreifer noch von Bäumen runter mit Kokosnüssen (und anderem) beworfen haben. Statt in Linke und Rechte sollte man die Leute lieber in Intellektuelle und Amygduelle oder in Links- und Rechtshirnhälftige unterteilen, wobei das viele schon wieder nicht von politisch links und rechts unterscheiden könnten, weil „links“ und „rechts“ drin vorkommt und dann schon wieder alles gelaufen ist.

Manfred Kriener hat in der taz vom 13. 12. darauf hingewiesen, dass Epidemien seit jeher Verschwörungstheorien und Antisemitismus provoziert haben – wie der tschechische Historiker František Graus mit seiner bereits 1994 erschienenen Studie „Pest, Geißler, Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit“ penibel belegt hat.

Und Danisch hat im Blog seit Jahren darauf hingewiesen, dass eine Korrelation keine Kausalität ist.

Und tatsächlich ist die Szene der Impfgegner und Querdenker – auch dort, wo sie nicht der extremen Rechten zuzurechnen ist – keineswegs frei von Antisemitismus.

Viele Linke sind durch Antisemitismus aufgefallen, haben das aber getarnt, indem sie es den Rechten zugeschrieben haben.

So berichtet der Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel: „In ein Seminar mit 30 von mir geschätzten Teilnehmern kam ein Student sichtlich aufgebracht. Ihn störte die Uni-Regel mit zwei Bändchen, einem für 3G und einem weiteren, länger gültigen für Studierende, die freiwillig mehr Angaben machen. Das Bändchen sei ‚wie der Judenstern in der Nazizeit‘. Es ist etwas anderes, ob das jemand denkt oder das selbstsicher vor einer Gruppe ausspricht. Das hatte ich noch nicht erlebt.“

Andere – nicht zuletzt junge, gebildete Frauen – verweigerten die Impfung und verglichen sich sogar mit Anne Frank oder Sophie Scholl. Tatsächlich belegen diese anekdotischen Mitteilungen die Stimmigkeit der Untersuchung von Oliver Nachtwey. Ist doch nicht davon auszu­gehen, dass sich Reichsbürger und Neonazis mit Anne Frank oder Sophie Scholl vergleichen.

Nein. Es sind Rudelmechanismen, zu denen gehört, sich als Opfer von irgendwas zu stilisieren, um Sozialmechanismen für sich in Anspruch zu nehmen. Wozu auch das A-B-C-D-Schema gehört.

Diese ganze Einteilung in Links-Rechts ist eigentlich nur Unfug und marxistische Rhetorik als Ausfluss der Rudelmechanik im Hirn. Die Soziologie ist völlig verblödet, weil sie marxistisch ist und glaubt, dass es ihre Aufgabe sei, marxistischer Ideologie wissenschaftlichen Anstrich (und Forschungsgelder) zu geben. Es funktioniert aber nicht.

Und nun fangen Teile der Presse an, sich eben wieder umzuorientieren, und sich gegen Corona-Maßnahmen zu wenden, weil die Position Gegen-Corona=Rechte+Reichsbürger nicht mehr zu halten ist, und man mit dem grünen Mainstream schwimmt.