Ansichten eines Informatikers

Das ZDF, der Kameramann und das Autonomen-Logo

Hadmut
31.12.2018 16:01

Ich finde die Sache fragwürdig.

Ich hatte doch den Hinweis aufgegriffen, dass im ZDF-Berlin-Direkt-Interview mit Wolfgang Schäuble ein Kameramann mit so einem Antifa-(ähnlichen)-Emblem im Bild auftauchte. Bei Tichys Einblick war dazu zu lesen, dass es sich um das Logo der autonomen Szenepunkband Slime handele, die mit so lyrisch-unpolitischen Titel wie „Bullenschweine”, „A.C.A.B.”, „Deutschland muss sterben” – wie treffend. Dann passt der genau zum heute journal.

Ihr werdet es mitbekommen haben, ich habe ja zuerst die Mediathek-Artikel von Berlin Direkt und heute xpress geprüft und die Szene darin nicht gefunden, erst etwas später schickten mir Leser Hinweise auf zwei weitere Mediathek-Videos als Nachrichteneinspieler, in denen das voll und scharf zu sehen war. Jedenfalls war ich mir zuerst nicht sicher, ob das ein Fake oder ein Betriebsunfall war und hatte gleich beim ZDF angefragt. Die nun haben mir geantwortet:

Sehr geehrter Herr Danisch,

hier unser Statement:

“Unsere Kameraleute sind angehalten, dunkle Kleidung zur Arbeit zu tragen. Der Kameramann trug ein Fanshirt einer Punkband, damit war kein politisches Statement verbunden. Dennoch bedauern wir, dass der Aufdruck übersehen wurde und in einem Zwischenschnitt in der Nachrichtenberichterstattung kurz zu sehen war.“

Mit freundlichen Grüßen,

In einem Zwischenschnitt kurz zu sehen?

Allein in dem 1:28 langen Einspieler Schäuble will nicht dramatisieren ist der Mann dreimal, jeweils ostentativ und plakativ, schön ruhig zu sehen,

  • von 0:10 bis 0:13 ganzkörpermäßig
  • von 0:58 bis 1:00 sogar in Großaufnahme des Rückens
  • und nochmal von 1:20 bis 1:25 voll statisch ohne Bewegung.

Und nicht einfach nur so aus Versehen mal erwischt, wie das bei Studiosendungen in der Bewegung eben mal vorkommen kann. Und die sind sich ja auch auch nicht versehentlich und unvermeidlich durchs Bild gelaufen. Man hat ja ganz bewusst eine dritte Kamera hinter den beiden Kameraleuten aufgebaut, und die so gefilmt, dass Schäuble nur Nebensache war, und der eine oder beide Kameraleute ganz gezielt und bewusst als Bildinhalt gezeigt wurden. Das war kein Versehen und das waren keine Schnitte, das waren drei absichtliche Einstellungen. Im professionellen Umfeld sind statische Ansichten über zwei, vier und sechs Sekunden schon sehr deutlich, sehr gedehnt, sehr lange. Achtet mal drauf, wie oft bei professionell gemachten Sendungen die Perspektive wechselt. Bei vielen Sendungen sind die Schnitte viel schneller, die Einstellungen viel kürzer.

Das war kein Versehen. Da hat jemand ganz absichtlich diesen Rücken da gezeigt.

Es kommt nämlich noch ein anderer Punkt dazu: Der Träger war Kameramann und das sind Kameraleute, die die Kameras führen. Die kennen sich ja gegenseitig und haben sich vorher schon gesehen. Der Kameramann, der das aufnahm, weiß das und hätte das im Zweifel nicht aufgenommen oder die Regie per Sprechverbindung gewarnt, wenn’s nicht gewollt gewesen wäre, das gehört nämlich zu seinen Aufgaben. Und auch der Kameramann mit dem Pulli selbst hätte gewarnt, bevor man ihn von hinten aufnimmt. Auffällig ist auch, dass er bei der ersten und dritten Einstellung da steht, wo er hingehört, nämlich an seiner Kamera, während er in der zweiten Einstellung, die von links auf die rechte Kamera blickt, und dabei den Mann mit dem Logo nicht gesehen hätte, er plötzlich völlig unmotiviert und ohne Kamera rechts steht, als ob man ihn bewusst im Bild drapiert hätte.

Eine Leserin schreibt mir übrigens, sie habe den Kameramann wiedererkannt. Der sei nicht angestellt, sondern freiberuflich unterwegs. Und der sei bekannt dafür, dass er oft in solchen linken Szene-Klamotten und mit Anti-Trump-Symbolen rumlaufe. Also überraschend für die Redaktion oder mal versehentlich durchgerutscht kann das nicht gewesen sein.

Vor allem dann, wenn die Kameraleute, wie mir das ZDF oben schreibt, angewiesen sind, dunkle Kleidung zu tragen, würde das ja besondern und negativ auffallen, wenn da einer mit einem riesigen weißen Logo auf dem Rücken anrückt. Gerade dann würde das ja gleich jedem als ungewöhnlich und Regelverstoß auffallen. Und trotzdem zeigen sie ihn – was an sich schon ungewöhnlich ist – gleich dreimal und dabei auch besonders lang und in Großaufnahme?

In dieser Sendung ging es ja (auch) darum, dass die Grünen sich über die AfD aufregen, Schäuble aber sagte, dass er das nicht so schlimm sieht wie die Grünen, und dass es eben anderes als in manchen anderen Parlamenten hier noch keine Schlägereien gegeben habe (in der Presse stand irgendwo irgendwas, dass ein Drittel der AfD-Abgeordneten es nicht bei verbaler Aggression belassen würden), insofern also Schäuble zumindst in gewisser Weise die AfD-Fraktion gegen die Angriffe von Grün in Schutz nimmt, was ja zu seinen Aufgaben als Präsident gehört.

Offenbar war da die Redaktion nicht einverstanden und wollte einen anderen Standpunkt darstellen.

Und dass man im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von den Moderatoren und Redaktionen erwartet, dass sie steuern, was da gesagt wird, haben wir ja neulich schon von einem anderen öffentlich-rechtlichen Sender erfahren.

Wer glaubt diesem ZDF noch etwas?

Man sollte sich klarmachen, dass das die Sendung von Bettina Schausten, Leiterin des ZDF Hauptstadtstudios, war und damit auf deren Verwantwortung geht.