Ansichten eines Informatikers

Tote Hose – Sex-Flaute in Neuseeland

Hadmut
25.11.2018 8:45

Es rappelt nicht mehr so in der Kiste.

Wisst Ihr, was mir so ganz langsam und schleichend auch aufgefallen ist?

Hier fehlt irgendwie der Sex im öffentlichen Leben.

In Australien ist das irgendwie ganz anders. Da ist das nicht nur immer wieder mal da und dort Thema und war auf früheren Reisen in Australien oder mit Australiern bei denen häufiges Gesprächsthema, wurde auch recht offen dargestellt und kommuniziert. Man merkt es auch, wenn man einfach nur einkaufen geht. In australischen Städten gibt es meist in den großen Shopping Malls, aber auch mal in den Straßenläden solche Geschäfte, die ich jetzt nicht unbedingt mit dem vergleichen würde, was bei uns als „Sex Shop” bekannt ist und auf dem Beate-Uhse-Porno-Schmuddelniveau rangiert. In Australien findet man häufig solche vornehmen (oder auf vornehm gemachten) Edel-Läden, quasi so aufgepeppte Lingerie-Läden, in denen sehr exquisit Damen-Dessous aller Art feilgeboten werden, und deren Angebot reichlich in den Bereich ab 18 hin erweitert wurde. Da gibt es dann sehr schön aufgemachte Vitrinen voller Spielzeuge, Dildos und Vibratoren in weit mehr als nur allen erdenklichen Bauformen und Funktionsprinzipien, mit Akku, Fernbedienung, Bluetooth und weiß der Kuckuck was nicht alles, nie in dem billigen Gummischwanz-Look deutscher Läden, sondern immer auf edel, modern, keimfrei, high-tech getrimmt, Dazu dann gerne auch die SM-Ecke mit Handschellen, Leder und so weiter. Nix schmuddel, nix porno, Sex auf iPhone-Niveau für die Generation Online.

Dazu an jeder Ecke hübsch aufgemachte Verkäuferinnen, die einem ohne jegliche Hemmungen und völlig offen die Vorteile jedes einzelnen Dildo- oder Vibratortyps erläutern und ihre persönlichen Erfahrungen (die vermutlich meist nicht echt, sondern aus Schulungsunterlagen auswendig gelernt waren) damit darlegen und die Geräte persönlich beschwärmen, wie wunderbar sie seien und an welcher Stelle genau es bei gehörigem Gebrauch am meisten jodelt.

Und die Läden sind einfach rappelvoll.

Weit weit überwiegend mit weiblichem Publikum, die dann meist zu mehreren mit Freundinnen statt mit den Männern (Hand aufs Herz liebe Leserinnen: Wieviele von Euch suchen sich die Dildos zusammen mit der besten Freundin aus?) da einfallen und dicke große Edeleinkaufstüten wie aus den teuren Edelboutiquen vollkaufen und dann ganz offen mit den Einkaufstaschen mit Logo drauf rumlaufen. Und da gehen richtig Beträge über die Ladenkasse.

Neuseeland? Nichts dergleichen.

Ich habe überhaupt nichts davon gesehen, nicht ansatzweise.

Vielleicht mag das auch damit zusammenhängen, dass ich bisher hier keine einzige richtige Shopping Mall gesehen habe. Auf dem Land gibt’s nur die großen Massensupermärkte und Baumarkt-ähnlichen Alles-mögliche-Läden, außerdem die kleinen Käffer mit den immer gleichen Standardlädchen entlang der Straße. Das höchste der Gefühle, an was ich mich da erinnern kann, waren zwei luxuriöse Damenfriseure.

Auch Bordelle sind in Australien eigentlich nicht so zu übersehen. Ich kann mich erinnern, dass die Werbung in der Zeitung machen und man als Mann in der Stadt Werbezettel von Escort-Services in die Hand gedrückt bekommt. Vor einigen Jahren hatten sie irgendwo (ich bin nicht mehr sicher, ich glaube, es war Melbourne) ein großes Massenbordell eröffnet, das eine Außenwirkung wie eine Shopping-Mall hatte und das an der Börse gelistet war (oder werden sollte, genau weiß ich das nicht mehr), die haben da Aktien beworben. Nach der Arbeit trifft (oder traf man sich in der vorfeministischen Ära) gerne in Table-Dance-/Striptease-Schuppen, und da drin tobte echt der Bär. Ich war mal in Melbourne in so einem Laden, das war der Brüller, der Stimmungswahnsinn auf mehreren Etagen. Da waren gefühlt/geschätzt um die 500 bis 1000 Männer aus allen Schichten auf ihr Feierabendbier, dazwischen so in Schichten rotierend mindestens 30-50 Stripperinnen, alle gutaussehend, brodelnde ausgelassene Stimmung, brechend voll, natürlich Bier ohne Ende, und dann nicht einfach schnödes Ausziehen, sondern – naja, nicht ganz professionell, eher liebenswürdig-amateurhaft, aber nett – choreographierte Tanzschows auf der Bühne, wo sich dann auch mal alle 30 oder 40 oder wieviele sie da hatten samt der Bedienungen zusammen auf die Bühne questschten und zu Brüllermusik alle gleichzeitig strippten. Da beulte sich dann so das Dach nach außen, weil die Stimmung echt kochte, alles auf beste-Laune-Niveau.

Neuseeland?

Null.

Nichts.

Gar nichts.

Wobei mir nun eingefallen ist, dass ich etwas versäumt hatte. Ich habe in den letzten drei Wochen „da draußen” mit unzähligen Leuten über alles und jedes gesprochen. Nur wie sie es mit dem Sex so halten, das habe ich nie gefragt. Was vielleicht auch daran lag, dass ich – und das fällt mir jetzt besonders auf – eigentlich mit Leuten jeden Alters, auch Kindern, ins Gespräch kam, nur kaum im Alter zwischen etwa 16 und 30.

Nun könnte mein Eindruck ja täuschen. Aber neulich las ich im New Zealand Herald, dass sie sich sorgen, weil junge Leute keinen Sex mehr hätten. Es bezog sich allerdings vorrangig auf die USA.

We are in the midst of a “sex recession”, according to the viral cover story of this month’s Atlantic magazine; a phrase coined by the journalist Kate Julian to describe the dwindling levels of congress being had between Americans. Particularly, millennials.

According to the General Social Survey of almost 27,000 people in the US, 20-somethings are two and-a-half times as likely to be abstinent as Gen Xers were at that age. […]

As Emma Waring, a psychosexual nurse and author of Seasons of Sex and Intimacy tells me, for the young couples she’s increasingly working with, “sex is at the bottom of the to-do list, they never quite get there”.

In my network of close friends, a few are still single. For the one currently travelling the globe, sex is as liberating and exciting as the salsa lessons across Colombia. For the rest, sex is just not a priority.

Tja.

Das eigene Leben wird nach Prioritäten durchoptimiert und Sex ist im Zeitalter des Feminismus nur noch ein Risiko ohne greifbare Vorteile.

Tote Hose.