Ansichten eines Informatikers

Krise an der Ruhr-Uni-Bochum

Hadmut
26.6.2018 22:21

Ach, Herrje.

Ein Leser schickt mir ein Handy-Foto eines Zeitschriftenartikels aus der „Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung”, 20.6.2018.

Erneut seien „antifeministische Schmierereien” gefunden worden, und das ist gleich einen halbseitigen Artikel wert. Man stelle sich die Frage, wie man nun damit umzugehen habe, und die „Referentin des Autonomen Frauen*Lesbenreferats (AF*LR)” (Meine Güte, wer denkt sich denn solche Titel und Existenzprothesen aus? Als hätte ein Satiriker den Namen gewählt. In welcher Lebensverfassung muss man angekommen sein, um sich freiwillig so zu bezeichnen? Oder ist es mangels Alternativen nicht freiwillig?) vermutet gar, es gäbe einen Zusammenhang mit der „Identitären Bewegung”.

So überheblich, so narzisstisch, so arrogant sind diese Leute, dass sie meinen, wenn jemand sie nicht mag könne der Grund dafür nur in Verbindungen zu finstersten Kreisen zu finden sein. Dass normale Leute sie für dumm halten, können sie sich nicht vorstellen.

Was ist jetzt eigentlich so schlimmes passiert?

Sie haben an der Uni, wie eigentlich an allen Unis, Türschilder an den Türen. So kleine quadratische Plastikschilder, wie man das hier eben so hat. Und da haben sie auch einen „Frauenraum” (Huahahaha, hört sich an wie Besenkammer oder Putzraum. Was für ein lächerliches Artefakt.) Und da hat halt jemand mit einem Filzstift das „Frauenraum” durchgestrichen und von Hand „Hilfe-ich-werde-von-alles-und-jedem-unterdrückt-Raum” drübergeschrieben.

Schockschwerenot, ist das schlimm und gemein. Und schon das dritte Mal. Auch an die Tür des Koordinierungsbüros der Gender Studies hätte man so etwas schon geschrieben. Oder auch das zweite Mal, die Formulierung ist etwas missverständlich, es wird nicht ganz klar, ob der Anlass jetzt ein dritter Fall ist oder ob sie sich einfach nur zum dritten Mal aufregen.

Und jetzt fühlen sie sich – Realsatire – auch von diesem Schreiber unterdrückt und wollen jetzt abwarten, ob es sich um Einzelaktionen handelt.

Der Pressesprecher unterstreicht dazu die Bedeutung, die Geschlechterforschung an der RUB habe. Immerhin hätten sie den einzigen namentlich ausgewiesenen Lehrstuhl für Gender Studies.

Auf die Idee, sich mal zu überlegen, ob der, der das geschrieben hat, nicht einfach recht hat, kommen sie nicht. Denken findet an Universitäten nicht mehr statt.

Und darüber gleich ein Artikel in der Zeitung?

Und weil’s so absurd ist, haben sie gleich noch eine Infobox, der erklärt, was man sich unter so einem „Frauenraum” eigentlich vorzustellen habe:

INFO:BOX

Der Frauenraum ist als Rückzugsort für Frauen* gedacht und wird unter anderem vom AF*LR betreut. Neben der Möglichkeit der Nutzung als Lern-, Entspannungs- und Diskussionsraum dient der Frauenraum auch als Begegnungsort von Studentinnen. Mehr Informationen, auch zu regelmäßigen Veranstaltungen http://s450378585.website-start.de/

Huahahaha, ein von Lesben betriebener Frauen-Raum zur Entspannung und „Begegnung”. Alles klar. Warum kriegen eigentlich Heteros keine Bumsbude in der Uni, wenn es doch um Gleichstellung und Gleichberechtigung geht? (Erinnert mich daran, dass mir mehrere Leserinnen schrieben, dass die feministischen Frauenbibliotheken übelste Lesbenjagdreviere seien und man darin wüst sexuell belästigt würde, weshalb sie nur noch in normale Bibliothken gehen und das auch nur, wenn Männer anwesend sind.)

Also eigentlich zeigt der dort angegebene Link ja auf tinyurl.com/frauenraumRUB. Aber ich halte das für schlechten Stil, auf Webseiten solche indirekten Links wiederzugeben, weshalb ich den oben aufgelöst habe.

Kurioserweise landet man aber nicht bei einer Erklärung zu diesem Frauenraum, sondern ein Text von 2016, in dem sich das Autonome Frauen*Lesben Referat und das Autonome Schwulenreferat ganz fürchterlich über eben jene Zeitung BSZ aufregen und höllenbeleidigt sind, weil die BSZ gewagt hatte, Fragen zu stellen:

Wir sehen uns momentan dazu gezwungen jegliche Kooperation mit der :bsz zu verweigern, da der Kommentar „Muss man/frau sich positionieren“ (:bsz Ausgabe 22. Juni 2016), in derselben Ausgabe, direkt neben dem oben beschriebenem Artikel einen Angriff auf unsere Autonomen Referate darstellt.

In dem Kommentar wird die Frage aufgeworfen wofür wir Semestergelder erhalten, wenn wir nicht die Aufgaben erfüllen, die die Redaktion der :bsz für uns vorsieht. „Ein Geschehen, dass ihre Arbeit betrifft, sollten sie (Anm. die Autonomen Referate) diskutieren. Nicht im kleinen Kreis, sondern öffentlich, schließlich erhalten sie zur Verwirklichung ihrer Ziele finanzielle Unterstützung aus unseren Sozialbeiträgen.“

In diesem Zitat sehen wir einen Angriff auf unsere Existenz in der studentischen Selbstverwaltung. Dies können und wollen wir nicht kommentarlos hinnehmen.

In dem Kommentar wird weiter von Solidarität gesprochen. Diese fordern wir von der :bsz ein.

Wir fordern Solidarität mit allen Autonomen Referaten und eine kollegialen Umgang mit den eigenen Komiliton*innen.

In dem von uns initiierten Klärungsgespräch wurde unsere Kritik nicht oder nur unzureichend aufgenommen. Stattdessen wurde uns Nahe gelegt, unsere eigene Öffentlichkeitsarbeit zu überdenken und uns von der hauptsächlich aus cis und hetero Personen bestehenden Redaktion unsere Aufgaben erklärt.

Und so könnte es dann sein, dass der breite Artikel in dieser :bsz einen subtilen Spott über eben jenes Lesbenreferat und deren ominöse Jammer- und Schnackselbude darstellt und sie in der Jämmerlichkeit ihrer Lächerlichkeit darstellt.

Universitäten sind inzwischen so dermaßen lächerlich…