Ansichten eines Informatikers

“Verkehrsdaten”: KFZ-IT-Forensik

Hadmut
15.10.2008 20:05

Der österrreichische Politiker Jörg Haider hat sich alkoholisiert ins Auto gesetzt, ist mit 142 km/h durch eine Gegend gebrettert, in der nur 70 erlaubt ist, und hat sich dabei an einem Betonpfeiler das Hirn eingerannt. Bevor wir das unter dem Stichwort Darwin ablegen, eine kleine aber interessante Fußnote für Informatiker und IT-Sicherheitsleute. Oder: “Verkehrsdaten”.

Schon kurz nach dem Tod Haiders stand in der Presse, daß er 142 km/h gefahren sei. Aha. Womit wollen die ihn denn geblitzt haben? Ist der noch durch eine Radarfalle gefahren? Wäre die so genau, daß man sich auf 142 festlegt und nicht auf 140 rundet?

Im SPIEGEL gab es einen Bericht mit einer interessanten Bemerkung:

Seine Behörde habe jedoch bereits einen Tag nach dem Unfall die genaue Geschwindigkeit des verunglückten Dienstwagens mitteilen können, weil “ein Sachverständiger im Beisein von VW-Fachleuten” das Computersystems des stark beschädigten Phaetons kurzfristig habe auslesen können.

Kranz hatte am Sonntag gesagt, Haider sei zum Zeitpunkt des Unfalls mit seinem Dienstwagen 142 Stundenkilometer schnell gefahren – und Tempo 70 sei auf der Strecke erlaubt gewesen. Verschiedene Medien rätselten anschließend, wie sich das Tempo der Unglückslimousine derart schnell habe feststellen lassen.

Man hat sozusagen das getan, was man bei einem Flugzeug “die Black Box” auslesen nennt (die übrigens nicht schwarz sondern orange oder rot ist, damit man sie findet). Und da stand drin, wie schnell er gefahren ist.

Es scheint schleichend um sich zu greifen, daß die Fahrzeuge immer mehr über uns speichern. Wer weiß schon, was das Navi alles aufzeichnet? Es gibt sogar Navis mit Tracking (z. B. das von Medion), die man dann im Fall des Falles beschlagnahmen könnte. Vor einiger Zeit habe ich mal irgendwo gelesen oder im Fernsehen gesehen, weiß nicht mehr wo, wie Konstanze Kurz vom Chaos Computer Club berichtete, daß sie erstaunliche Daten aus dem Bordcomputer ihres Smart herauslesen konnte, die sowohl die Werkstatt, als auch jeder mit einem passenden Lesegerät auslesen kann. “Verkehrsdaten” mal ganz anders gesehen.

Wollte man da nicht ohnehin schon auf die Daten der Maut-Stationen zugreifen um Kriminalität und Terrorismus aufzudecken, also “Verkehrsdaten” heranziehen? Greift man nicht immer stärker auf Telekommunikations- und Bewegungsdaten zu? Es gehört doch schon zur polizeilichen Tagesarbeit über die IMEI-Nummern Orts- und Bewegungsdaten der Inhaber festzustellen.

Es ist eine Frage der Zeit bis der Staat damit anfängt, Aufzeichnungen aus KFZ-Elektronik und Navigationssystemen auszulesen, vielleicht auch heimlich, wie bei der Telefonüberwachung. Der nächste Schritt wäre, daß man Aufzeichnungsgeräte für Fahrzeuge verbindlich vorschreibt. Gibt ja genügend Vorwände wie das man herausgefunden hat, daß bei Terroranschlägen oder Drogenhandel immer Fahrzeuge im Spiel sind.

Warten wir also ab, bis ein Innenminister im Fernsehen verkündet, daß es unverzichbar sei, daß wir von allen Fahrzeugen deren Fahrtprofile aufzeichnen. Vielleicht erst mal nur mit Mietwagen.

Mietwagen? Oh, da komm ich zu spät. In den USA gibt es das schon lange, da zeichnen Mietwagen die Fahrt auf. Und beim Abgeben des Fahrzeuges werden einem automatisch die Vertragsstrafen für Geschwindigkeitsübertretungen von der Kreditkarte abgebucht.

Brave New World

6 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan
16.10.2008 0:28
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Hm. Wenn man die Daten verschlüsselte, mit einem Schlüssel, den nur der Besitzer kennt. Besser der Fahrer kann beim Starten einen Schlüssel eingeben.

Dann kann er selbst bestimmen, wem er den Schlüssel unter welcher Bedingung aushändigt.


yasar
16.10.2008 18:11
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Der Knackpunkt ist ja, daß die Bordelektronik das alles aufzeichnet, ohne das es öffentlich dokumentiert ist. Auch nützt dein “Schlüssel” nichts, ewnn es einen Generalschlüssel gibt, der diesen überbrückt (udn viele Werstätten werden so einen haben müssen, damit Sie dem Kunden helfen können, wenn der wieder mal sein Paßwort verdummbeutelt hat.

manchmal wünsche ich mir meine alten VW Bully oder Gold Diesel zurück. Die konnte man mit Hammer udn Meißel reparieren und die hatten auch keine Elektronik die spinnen (oder einen verraten) konnte.


yasar
16.10.2008 18:13
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Ach ja, noch ein Nachtrag: Wenn man das ganze als Feature für Eltern verkauft, die nachvollziehen wollen, ob Ihre Führerscheinfrischlinge sich auch brav an die elterlichen Vorgaben halten (siehe auch Fords neuen Autoschlüssel in VSA) hat man Ruckzug eine große Durchdringung des Marktes.


Stefan
17.10.2008 3:12
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Hm. Im Arbeitsrecht sind Maßnahmen nur mit Zustimmung des Betriebsrats erlaubt, die eine Mitarbeiterüberwachung erlauben. Wer beruflich unterwegs ist, der muß doch dann zumindest aufgeklärt werden, daß er überwacht wird.

Was ist VSA?


yasar
17.10.2008 12:06
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Vereinigte Staaten von Amerika (oder U auf Latein geschrieben. ;-))


yasar
17.10.2008 12:07
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