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Der Nobelpreisträger und die Selbstbeweihräucherer

Hadmut Danisch
9.10.2007 15:46

Da hat doch – was selten genug vorkommt – ein Deutscher einen Nobelpreis bekommen, der Physiker Peter Grünberg, für die Entdeckung eines Effektes, der die Leseempfindlichkeit magnetischer Leseköpfe erheblich verbessert und so die heutigen Datendichten auf Festplatten ermöglicht. Tolle Sache. Etwas, was uns allen wirklich nutzt. 🙂

Doch noch ist der Tag nicht vorbei, setzen schon die Trittbrettfahrer, Selbstbeweihräucherer und Heuchler ein, wie etwa das BMBF mit der Pressemeldung dazu: Kaum bekommt mal ein Deutscher einen Nobelpreis, wird daraus sofort gefolgert “Deutschland ist hervorragender Standort für Spitzenforscher”.

Dazu fallen mir so Sprichwörter ein wie

  • Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.
  • Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling.

Wir haben ca. 30.000 Professoren. Und weil einer davon gerade einen Nobelpreis erhalten hat, wird daraus gleich auf den Standort Deutschland verallgemeinert.

Das wirft wissenschaftliche Fragen auf:

  • Ist es wissenschaftlich haltbar, aus einem einzigen Vorgang auf den Raum Deutschland zu schließen? Warum nicht auf Jülich? Oder das Land Nordrhein-Westfalen? Oder die Helmholtz-Gemeinschaft? Oder ganz Europa? Oder den Planten Erde? Oder auf Professoren über 60? Oder auf männliche Professoren? Warum gerade auf Deutschland?
  • In welcher Weise hat der Standort zu dieser Entdeckung beigetragen?
  • Liegt überhaupt eine Korrelation mit dem Land vor? Ist es nicht eher so, daß Deutschland pro Professorenkopf weniger Nobelpreise hat als andere Länder?
  • Ist der eine überhaupt eine repräsentative Stichprobe? Kann man gezielt den auswählen, der jetzt einen Preis gewonnen hat, und ihn als repräsentativ hinstellen? Müßte man nicht das Mittel über alle Professoren nehmen, das sich jetzt vielleicht um 1/30.000 verbessert hat?
  • Welche statistische Aussage ist auf einer Stichprobe vom Umfang 1 möglich?

Wenn man sich das durchliest, wie da die Politik den Nobelpreis ausschlachtet noch bevor der ihn überhaupt richtig bekommen hat, kann einem die Freude schon gleich wieder vergehen.