Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

TeX, LaTeX, Informatiker von heute und so…

Hadmut Danisch
15.6.2007 21:48

Manchmal muß ich mich wundern. Über Informatiker. Die von heute. Vor allen die an den Hochschulen.

Ich war kürzlich bei einem Treffen mit mehreren Informatikern, Hochschulwissenschaftler. Unterschiedliche akademische Dienstgrade, wenn man so will. Es ging darum, gemeinsam ein größeres wissenschaftliches Buch zu erstellen. Dabei sollten u.a. zwei Randbedingungen zu erfüllen sein:

  • Mehrere Autoren sollten gleichzeitig schreiben können, hauptsächlich jeder an einem anderen Kapitel.
  • Eine Kollisionserkennung oder -vermeidung sollte da sein, also es nicht passieren, daß zwei was schreiben, und der erste, der speichert, vom zweiten überschrieben wird.

Nun ist das Problem nicht nur lösbar, sondern seit vielen Jahren längst gelöst. Man schreibt in Buch in TeX bzw. LaTeX, teilt es per include in verschiedene Dateien auf und legt sie in ein CVS oder SVN-Repository. Und los geht’s. Funktioniert wunderbar, praktiziere ich seit vielen, vielen Jahren, teils nur mit eigenen Sachen (Papers, Adele und die Fledermaus), teils in Zusammenarbeit mit einer Reihe anderer Informatiker.

Nicht mehr mit den Informatikern heute. LaTeX? Iiiieh, Igitt! Bloß nicht. Revision Control? Um Gottes Willen. Ausgeschlossen. Nur noch Word und .doc-Dateien sind drin. Mit allen Krämpfen, Bugs und Problemen. Jammern, daß es alle möglichen Probleme gibt, und verwenden doch nichts anderes.

Damals, das waren noch Informatiker von echtem Schrot und Korn, die haben sowas verwendet. Da hätte kein Informatiker etwas anderes als TeX/LaTeX verwendet. Die Sorte Informatiker, aus der damals die Open-Source-Bewegung hervorging, die heute ihre Projekte mit SVN verwaltet.

Heute lernen die sowas nicht mehr. Schade. Sehr schade. Denn um ein Buch zu schreiben, ist LaTeX Word allemal überlegen. LaTeX kommt ohne weiteres und Ruck-Zuck mit 600 (Adele) oder auch 1000 Seiten klar, mit Fußnoten, Literaturverzeichnis und alles was dazugehört. Word kommt kaum mit sich selbst klar.

Insofern muß man schon feststellen, daß Informatiker nicht mehr das sind, was sie mal waren. Da hat ein Degenerationsprozeß eingesetzt.

Andererseits muß ich aber auch zugestehen, daß ich mich auch schon über die antike Technik hinter LaTeX und vor allem TeX geärgert habe. Das war zwar gut, produziert erstklassigen Textsatz und war seiner Zeit weit voraus. Es hat seit Knuth aber auch keiner mehr was dran gemacht, und verglichen mit heutigen Kenntnissen ist es wirklich veraltet und schlecht dokumentiert. Eine geniale Konstruktion zu damaligen Zeiten, aber eben doch nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Es wäre deshalb schon nötig, TeX neu zu schreiben. Ähnlich wie die Gnu-Compiler mit einem Back-End für den Schriftsatz, und verschiedenen Front-End-Interpretern für TeX, HTML, RTF, XML, Wiki usw. Einfache Syntax, richtiger Sprachinterpreter und so, keine Pseudosprache wie TeX. Sollte man eigentlich mal angehen. Und hoffen, daß es Akzeptanz findet. Ein ambitioniertes, aber erfolgloses Projekt in dieser Richtung war LOUT. Hatte aber Schwächen.

Und wenn es leichter zu nutzen und zu verstehen ist, und auch die inzwischen bekannteren Markup-Sprachen kennt, hätte es eine echte Chance.