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Rektor Hippler und die Karlsruher Promotionspraxis

Schon länger gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen der Universität Karlsruhe und mir darüber, was eine Promotion ist. Im SPIEGEL gab es kürzlich ein interessantes Interview mit Rektor Hippler über die Promotion, in dem er sich in sehr aufschlußreicher Weise über die Karlsruher Promotionspraxis äußerte. Mit einer Prüfung hat es jedenfalls nicht viel zu tun.

Schon bisher war das Problem, daß es in Karlsruhe für die Promotion keinerlei Regeln und greifbare Anforderungen gibt. Doktorgrad und Noten werden völlig willkürlich und in nicht nachvollziehbarer Weise vergeben. Allzu oft steht dies in Zusammenhang mit der strafbaren Forderung oder Annahme von geldwerten Vorteilen durch den Prüfer. Die Forderung von Schmiergeld für die Annahme von Diplomarbeiten führte schon zu Ermittlungen der Kriminalpolizei.

In meinem laufenden Verwaltungsgerichtsverfahren gegen die Universität weigert sich die Universität seit Jahren, sich zu den damaligen Forderungen der Prüfer nach geldwerten Nebenleistungen zu äußern. Immer plastischer tritt hervor, daß die Promotion hier nicht – wie gesetzlich und verfassungsrechtlich vorgeschrieben – als Prüfung, sondern als eine Form des Titelhandels gegen Vorteile angesehen wird.

Aufschlußreich ist nun, was Hippler im SPIEGEL dazu sagt, denn die Uni Karlsruhe ist eine derjenigen, die sich über eine Vereinheitlichung der Promotion aufregen:

Aus ihrer Sicht droht neues Ungemach, denn diesmal geht es auch um die Einführung europaweit einheitlicher Regelungen für die Promotion. Und diesmal möchten der Karlsruher TH-Rektor und seine Kollegen schneller sein. “Die Promotion darf keine dritte Phase des Studiums werden”, sagt Hippler und warnt vor einer Verschulung und Überreglementierung. Wie etwa in Südeuropa könnten deutsche Doktoranden künftig zum Besuch weiterer Lehrveranstaltungen verpflichtet werden – zu Lasten ihrer eigenständigen Forschungsarbeit. […]

Daher macht Horst Hippler sich große Sorgen. Denn egal ob ein Doktorand an der Uni oder in einer Firma beschäftigt sei – bei den Ingenieuren stellten die Promotionen intensive Kontakte zwischen Hochschulen und Wirtschaft sicher. Ein ausgesprochen erfolgreiches System, sagte Hippler SPIEGEL ONLINE: “Wenn man uns unseren Weg verbietet, haben wir ein Problem.” Eine Verschulung der Promotion sei “grundfalsch”, die Ingenieurwissenschaften hätten “ein hohes Gut zu verlieren”.

Der Haken daran: Das ist verfassungswidrig. Eine Berufszugangsprüfung – und um eine solche handelt es sich entgegen der Meinung vieler Professoren, und nur als solche darf die Promotion überhaupt existieren – darf keinem anderen Zweck als der Feststellung der Leistung des Prüflings dienen, ob er die zu erlernenden Fähigkeiten besitzt. Sie dient dem Nachweis, daß der Prüfling die vom Staat vorgegebenen Leistungsanforderungen für den Berufszugang erfüllt.

Hipplers Aussagen verletzen dies gleich in dreifacher Hinsicht:

  • Er legt Wert darauf, daß Promotionen den Kontakt zur Wirtschaft herstellen müssen. Das ist keine Leistung des Prüflings und steht verdammt nahe am Titelhandel und der Schmiergeldprüfung. Da werden Sachen in Prüfungsangelegenheiten gemischt, die nichts darin verloren haben.
  • Hippler wehrt sich gegen eine Vereinheitlichung.

    In einer Berufszugangsprüfung dürfen aber nur die vom Staat – und nicht der Universität – aufgestellten Leistungsanforderungen abgeprüft werden. Nur in gewissem Rahmen und den Einzelheiten bleiben die Anforderungen der Prüfungsordnung überlassen. Damit geht notwendigerweise eine Vereinheitlichung einher. Und das muß auch so sein, denn es kann nicht angehen, daß für Berufszugangsprüfungen willkürlich unterschiedliche Anforderungen gelten.

  • Eine Prüfung soll feststellen, ob das erlernt wurde, was zu lernen war. Sie geht daher immer mit irgendeiner Form des Unterrichts einher. Gerade das will Hippler aber nicht. Die Promotion soll keine Vorlesungen o.ä. enthalten. Woher die Fähigkeiten aber kommen sollen, die abgeprüft werden, bleibt ungewiß. Auch das ist keine Prüfung.

    Bemerkenswerterweise werden ausländische akademische Grade in Deutschland nur anerkannt, wenn sie aufgrund eines durch Prüfung abgeschlossenen ordentlichen Studiums erworben wurden. Die eigenen Promotionen würden diese Anforderung nicht erfüllen, weil die Promotion in Karlsruhe nicht auf einem Studium basiert.

Insgesamt zeigt dies sehr deutlich, daß hier einiges faul ist.

Als Hippler sich als Kandidat für den Rektorposten vorstellte, erklärte er, sich mit Prüfungsrecht nicht auszukennen. Das solle man den Juristen überlassen, sagte er.

Vielleicht sollte man dann besser auch Interviews über Prüfungsrecht denselben Juristen überlassen…