Ansichten eines Informatikers

Trau keinem über 30…

Hadmut
14.5.2019 22:52

Eine Vermutung bestätigt sich.

Das hatte ich ja auch schon ein paarmal angesprochen, dass ich den Eindruck habe, dass Mädchen in der Entwicklung den Jungs körperlich und geistig voraus sind, und schnell die Geschlechtsreife erreichen, während es bei den Männern erst nach 20 so richtig losgeht mit der Entwicklung.

Ich finde das ja immer so drollig, wenn die Politik meint, man solle auf die Jugend hören und Wahlrecht ab 16 oder 14 einführen, und sich von den Freitags-Jugendlichen die Welt erklären lassen. Ich war zwar in meiner Jahrgangsstufe damals auch vornedran und einigen anderen doch deutlich voraus, aber rein subjektiv und rückwirkend habe ich mich eigentlich erst so mit 30 rum wirklich ausgehärtet erwachsen gefühlt.

Das hängt sicherlich auch mit meinem Lebenslauf zusammen, weil ich bis dahin nicht nur eine schwere Krankheit durchstanden, sondern auch juristisch einige Abenteuer erlebt hatte und vor allem da angefangen hatte, mich nicht mehr als kleiner Studi unterhalb von Professoren zu sehen, sondern durch den Streit damals mal konfrontativ aufzudrehen und zu merken, dass die eigentlich alle nicht viel konnten und ich die fachlich locker in die Tasche stecken konnte, nur eben mal aus der Position des Bittstellers und Hierarchie-Unterwürfigen raus musste. Rückwirkend muss ich sagen, dass mir der Streit zwar beruflich, finanziell, von der Lebenszeit her sehr geschadet hat, das aber der Punkt war, an dem ich gemerkt habe, dass sich jahrelange Lernarbeit und Beschäftigung mit Mathe, Informatik, Technik nicht einfach nur in Form eines Diplomzeugnisses (und eigentlich wär’s ein Doktor mit Auszeichnung gewesen) zum Ergebnis kam, sondern vor allem, dass ich – gerade weil ich mich mit einer Reihe von Professoren angelegt habe und dann auch in der Industrie tätig war – gemerkt habe, verdammt noch eins, ich habe mir da eine Kompetenzmaschine im Kopf gebaut, ein Hirn mit Muskeln und Eiern. Dass mir da so schnell keiner mehr was vormacht und mich da erst mal keiner mehr abhängt. Das war so der Punkt, an dem ich angefangen habe, mich so erwachsen zu fühlen, dass ich da keinem mehr im Reifegrad deutlich über mir gesehen habe.

Hier behaupten sie nun, dass eine rausgefunden haben will, wann die Entwicklung des Gehirns fertig ist:

Die Neurologin Leah Sommerville von der Harvard University hat eine Antwort auf die Frage gefunden, ab wann das menschliche Gehirn erwachsen ist. In der Fachzeitschrift „Neuron“ veröffentlichte sie eine Arbeit zum Thema. Unser Gehirn ist zwar im Alter von 10 Jahren ausgewachsen, aber dessen Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Besonders die Nervenzellen – diese übertragen Signale im Gehirn – verändern sich noch Jahre später.

Und das funktioniert zum Beispiel so: Damit weiter entfernte Bereiche im Gehirn besser vernetzt werden können, organisieren sich Nervenzellen neu. Sie ziehen Verbindungen mit nahegelegenen Nervenzellen zurück und bilden neue mit anderen, die sich in abgelegeneren Gehirnarealen befinden.

Genau an dieser Entwicklung erkennt Sommerville den Alterungsprozess unseres Gehirns. Werden keine weiter entfernten Bereiche mehr durch Nervenzellen miteinander vernetzt, hat das Gehirn seine „Jugend“ hinter sich.

Erst mit circa 30 ist unser Gehirn erwachsen

Interessant ist dabei, dass das über Jahre Stück für Stück passiert: Im Alter von circa 20 Jahren reduziert sich die weitläufige Vernetzung zuerst im Bereich des Occipitallappens, dem hintersten Teil des Großhirns. Im vorderen Bereich des Gehirns, dem Frontallappen, spielen sich solche Veränderungen noch bis in die Dreißigerjahre eines Menschen ab.

Sommerville schließt daraus: Das Gehirn eines Menschen ist erst im Alter von circa 30 Jahren erwachsen. Als Kind arbeiten näher beieinanderliegende Bereiche im Gehirn eng zusammen. Ist man erwachsen, sind es die entfernten Regionen, die sich miteinander verknüpfen. Neurologen glauben, der Mensch kann so effektiver arbeiten.

Das würde einiges erklären. Beispielsweise, dass man sich nach 30 von seiner Grundausrichtung eigentlich nicht mehr so wirklich ändert. Dass man wesentliche Aspekte, wie etwa wissenschaftliches Arbeiten, spätestens im Studium lernen muss, danach wird es nichts mehr.

Irgendwo habe ich mal einen Vortrag gehört, in dem jemand erklärte, was den Experten zum Experten macht: Er weiß nicht unbedingt mehr als andere, aber er hat es anderes organisiert, er sieht die Querverbindungen und Zusammenhänge.

Das könnte vielleicht genau das Problem jugendlicher Klimapanik sein: Viele Kurzstreckenverbindungen zu benachbarten Themen, aber keine entfernteren.

Interessanter Punkt.