Ansichten eines Informatikers

Der neue linke Antisemitismus

Hadmut
21.4.2019 1:01

Ein anderer Blickwinkel.

Vorbemerkung: Wenn ich von „Antisemitismus” schreibe, bekomme ich meist Leserzuschriften, in denen darauf hingewiesen wird, dass der Begriff falsch sei. Denn „semitisch” beziehe sich nicht auf ein Land oder eine bestimmte kleine Volksgruppe, sondern auf die semitische Sprachfamilie. Antisemitismus sei also die Feindlichkeit gegenüber jenen, die eine dieser Sprachen sprechen. Arabisch sei aber auch eine semitische Sprache, weshalb jemand, der nur etwas gegen Juden und/oder nur gegen Israelis habe, aber nichts gegen Araber, insbesondere Palästinenser, kein Antisemit sein. Der richtige Fachbegriff laute „Antijudaismus”.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man diesem Standpunkt folgen sollte. Zum einen, weil der Begriff „Antisemitismus” nun einmal mit der Bedeutung gegen Juden/Israelis sprachlich üblich und auch von denen selbst so verwendet wird, selbst wenn er im Wortsinn inhaltlich nicht zutreffend ist.

Zum anderen bin ich mir nicht sicher, ob das nicht eine Falle ist, ob man damit nicht rhetorisch-propagandistisch darauf hinaus will, dass man zwar die hiesigen „Rechten” als Antisemiten bezeichnet, nicht aber judenfeindliche Palästinenser. Ich habe so den Verdacht, dass man es mit der Bedeutung übergenau nimmt, um arabische oder linke Judenfeindlichkeit aus dem Begriff auszunehmen. Man den Begriff also so schleift und format, dass er in den Mainstream passt.

Es gibt dann auch noch Leute, die das weiter differenzieren und sagen, es gehe ja gar nicht um Juden und deren Religion oder Abstammung, sondern die Politik des Staates Israel, was ja mit Antisemitismus oder Antijudaismus auch nichts zu tun haben, und damit etwas völlig anderes, nämlich Antiisraelimus sei. Auch da habe ich den Eindruck, dass man das bewusst zerklüftet, damit es genau so passt, wie man es braucht.

Weil er aber nun einmal in der Presse so auftaucht, bleibe ich bis auf weiteres mal bei diesem Begriff.

Die Presse will uns ja ständig einreden, dass der Anstieg des Antisemitismus in Deutschland von rechts kommt. Wenn Juden oder die Sprecher jüdischer Gemeinden steigenden Antisemitismus beklagen, kann man sich fast sicher darauf verlassen, dass die Presse ergänzt, dass das selbstverständlich alles nur von rechten Deutschen kommen könnte.

Mittlerweile spricht sich rum, spätestens seit den in Berlin verbrannten Israel- und Judenstern-Flaggen, dass das so nicht stimmen kann.

Also versucht man nun, die Schuld am arabischen Antisemitismus den Rechten zuzuschieben:

Eine zunehmende Islamfeindlichkeit ist aus Sicht von Experten mitverantwortlich für den Antisemitismus junger Muslime. Das zeigt eine von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte Dokumentation eines Schulprojekts.

Etliche junge Muslime rechtfertigen eigene antisemitische und menschenfeindliche Einstellungen damit, „dass sie durch die zunehmende Islamfeindlichkeit selbst abgewertet und diskriminiert werden“. Das geht aus einer am Montag in Bonn veröffentlichten Abschlussdokumentation eines Schulprojekts zum Thema Antisemitismus hervor. Darüber hatte die Bundeszentrale für politische Bildung berichtet.

Die politische Glaubwürdigkeit der Bundeszentrale für politische Bildung rangiert in meiner persönlichen Wertung übrigens weit unter Null. Darüber habe ich aber früher schon geschrieben. Ich halte die für extrem links und propagandistisch.

Das sei „ein höchst bedenklicher“ Mechanismus, hieß es. Mitglieder der Minderheit der Muslime in Deutschland suchten in einer noch kleineren Minderheit „eine Art Sündenbock, um selbst erfahrene Diskriminierung durch Verschwörungstheorien zu erklären“.

Die Behauptung, dass die erst in und durch Deutschland zu Antisemiten wurden, halte ich schlicht für Fakenews. Es ist ja nicht so, dass die hier erst antiisraelisch würden. Warum wohl schießen die da unten mit Raketen? Aus Nachbarschaftsliebe? Und warum ist beispielsweise der Iran so israelfeindlich? Sind die alle vorher in Sachsen aufgewachsen?

Kurios finde ich auch solche Mitteilungen der Recherche-& Informationsstelle Antisemitismus RIAS, wer oder was auch immer das sein mag:

Das ist statistischer Bullshit.

Selbst wenn die Zahlen stimmten, könnte man nicht behaupten, und schon gar nicht graphisch darstellen, dass Rechtsextreme mit 18% und Rechtspopulistische mit 5% den größten Teil darstellen (von der unklarheit der Begriffe mal abgesehen), dazu die inhaltslose Tautologie „Israelfeindlicher Aktivismus mit 9%” und Islamistisch mit verschwindenden 2%, wenn man gleichzeitig sagt, dass 49% unbekannt sind. Es könnte also auch ganz anders aussehen. Das beste, was man aus diesem Zahlenmaterial noch folgern könnte, ist, dass man zuwenig weiß, um etwas zu sagen.

Wenn ich dann noch in deren Selbstbeschreibung lese

Seit Januar 2015 existiert beim Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin). Zusammen mit jüdischen und nichtjüdischen Organisationen hat RIAS Berlin ein berlinweites Meldenetzwerk für antisemitische Vorfälle aufgebaut.

RIAS Berlin ist parteilich und orientiert sich an den Bedürfnissen und Wahrnehmungen der Betroffenen, ihrer Angehörigen oder der Zeug_innen eines Vorfalls.

Und dieser Verein dann auch eine „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus” betreibt, und die sich selbst als „parteilich” bezeichnen, dann dürften diese Informationen wohl wertlos und politisch gefärbt sein.

Andere Informationsquellen

Was also tun, um an glaubwürdigere Informationen zu kommen?

Ich hätte da eine Idee.

Man könnte ja einfach mal Juden selbst fragen oder diesen zuhören, anstatt wieder auf die Masche Linker hereinzufallen, sich ständig unbestellt, unlegitimiert, unmandatiert als Sprecher und Vertreter Dritter auszugeben.

Da trifft sich das nämlich gut, dass die Jüdische Allgemeine über eine jüdische Ausstellung in Frankfurt berichtet. Titel: Die vermeintlich Guten

Es geht da um linken Antisemitismus.

Der Wandel begann 1968. Die westdeutsche Linke, zuvor noch solidarisch mit Israel, wandte sich nach dem Sechstagekrieg gegen den jüdischen Staat. Fortan galt er als »Aggressor« und »Besatzungsmacht«. Auch in die kapitalismuskritischen Proteste der Achtundsechziger und ihrer Nachfolger, die jede Form des Judenhasses für sich nicht gelten lassen wollten, mischten sich judenfeindliche Untertöne.

»Linker Antisemitismus ist die Form von Antisemitismus, die am wenigsten thematisiert wird«, sagt Meron Mendel, Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank. In einer Ausstellung, die jüngst eröffnet wurde, spürt die Bildungsstätte den vielfältigen Erscheinungsformen des Antisemitismus in der radikalen westdeutschen Linken seit 1968 nach.

Sieh an. Dass die Linken Antisemiten sind, war sichtbar, aber der Zusammenhang mit den 68ern ist schon sehr eindrucksvoll. Ich habe die 68er ja schon immer für verlogene Charakterkotzbrocken gehalten.

Dabei sind die Ausstellungsmacher nicht einmal linkenfeindlich:

Als Zielgruppe benennt Kurator Tom Uhlig junge Erwachsene, »die sich linkspolitisch verorten«. Aus einer Grundsympathie für die Linke heraus verfolgt die Ausstellung eine aufklärerische Absicht. Anhand mehrerer Themenblöcke wie »Wohnen«, »Konsum«, »Bühne« oder »Universität« versuchen die Macher, antisemitische Einstellungen in eigentlich »gut gemeinten« linken Positionen aufzuzeigen und zu problematisieren.

Gut gemeint, antisemitisch gemacht? Immer noch sehr wohlwollend.

Frankfurts bewegte Nachkriegsgeschichte liefert dafür einige prominente Beispiele. Eine Schautafel ist dem »Häuserkampf« der 70er‐Jahre gewidmet. Aus Protest gegen geplante Büroneubauten besetzten Aktivistengruppen mehrere Gründerzeitvillen im Westend. »Linker Antisemitismus hat in der Tat im Frankfurter Häuserkampf eine Rolle gespielt«, erinnert sich Micha Brumlik in einem Videointerview. […]

»Der reiche Jude« hieß eine Figur in Rainer Werner Fassbinders Theaterstück Der Müll, die Stadt und der Tod, das Mitte der 70er‐Jahre entstanden war. Bei der Première im Jahr 1985 besetzten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Frankfurt die Bühne. »Es war ein Affront, eine Kränkung«, sagt Elli Kaminer‐Zamberk über die Aufführung des Fassbinder‐Stücks. […]

Es mangelt nicht an Beispielen für politisch motivierten, oft israelbezogenen Antisemitismus. So kommt die Querfront zur Sprache, die sich während des Gaza‐Krieges 2014 auf den deutschen Straßen bildete: Linke Aktivisten, Salafisten und Neonazis riefen auf ihren Demonstrationen bisweilen offen judenfeindliche Parolen.

Das Trio Infernale: Linke, Nazis, Salafisten. Übrigens auch die drei Gruppen, die man als derzeitige Terrorgefahr ansieht.

Beachtlich finde ich dabei die Querachse zwischen Linken und Palästinensern. Aus der DDR stammende Leser schrieben mir dazu schon, dass die DDR immer pro Palästina und contra Israel eingestellt gewesen wäre. Es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass die DDR die RAF beherbergte und trainierte, und die nun wieder – Stichwort Landshut – mit den Palästinensern kooperierte.

Insofern muss man durchaus mal die Frage stellen, ob es überhaupt drei antisemitische Parteien gibt, oder ob nicht Linke und zumindest der palästinensische Raum als eine zusammengehörende Fraktion angesehen werden muss.

Die Quintessenz von alledem ist wohl, dass man auf die Medien nicht viel geben sollte.

Gegenwärtig steigt der Antisemitismus in Deutschland weit stärker und deutlicher an, als etwa die Klimaerwärmung. Und ich glaube, ehrlich gesagt, nicht, dass das an den Rechten läge, weil die, platt gesagt, durch den Migrationsdruck gerade was anderes zu tun haben als sich mit Juden zu befassen.

Ich habe den Eindruck, dass sich da so altlinke unterschwellige Antisemiten mit den neuen aggressiven Importantisemiten ganz gut zusammenfinden und zusammentun, und man davon systemisch ablenken will.

Oder um es mal anders zu sagen: Wenn man gegen Antisemitismus sein will, dann muss man auch 360° rundum schauen.