Ansichten eines Informatikers

Diversität 2.0: Der Hipster-Effekt

Hadmut
10.3.2019 10:47

Zur Entwicklung der Gesellschaft.

In Amerika hatte das Magazin MIT Technology Review einen Artikel über eine Studie, das mit einem Foto eines Mannes aufgemacht war. Bart, Flanellhemd, Wollmütze.

Deshalb wollte einer das Magazin verklagen, weil sie das Bild von ihm ohne seine Erlaubnis verwendet hätten.

Kleiner Lacher: Es war kein Bild von ihm, sondern ein Agenturfoto von einem Typen, der ihm nur so verblüffend ähnlich sah und genauso gekleidet war wie er. Der sah ihm wohl so ähnlich, dass er selbst nicht gemerkt habe, dass er das auf dem Foto nicht ist.

Großer Lacher: Titel der Studie war: The hipster effect: Why anti-conformists always end up looking the same Es ging darum, dass Mainstream-Abweicher und Non-Konformisten am Ende alle genau gleich aussähen. Nämlich so wie auf dem Bild.

And his conclusion is that in a vast range of scenarios, the hipster population always undergoes a kind of phase transition in which members become synchronized with each other in opposing the mainstream. In other words, the hipster effect is the inevitable outcome of the behavior of large numbers of people. […]

This simple model generates some fantastically complex behaviors. In general, Touboul says, the population of hipsters initially act randomly but then undergo a phase transition into a synchronized state. He finds that this happens for a wide range of parameters but that the behavior can become extremely complex, depending on the way hipsters interact with conformists.

CBC Kanada hatte darüber berichtet, wie frappierend dieser Mann die Studie damit bestätigt habe.

[ Kurze Lachpause, dann weiterlesen. ]

Letztlich läuft das auf eine subtile Beschimpfung solcher hinaus, die dem Mainstream nicht folgen wollen. Botschaft: Seid konform zu uns, sonst steht Ihr als lächerliche Flanellhemd-Konformisten da.

Würde mich mal interessieren, zu welcher Jahreszeit die Studie gemacht wurde. Das MIT liegt in/bei Boston, da wird’s im Winter kalt. Dass man da eine Häufung von Männern mit Flanell-Hemden und Mützen findet, könnte vielleicht einfach an der Kälte liegen.

Andererseits bestätigt dessen Betrachtung wieder meine Überlegung von den Amygdala-mäßigen Herdenbildungen:

There are some surprising outcomes, too. When there are equal proportions of hipsters and conformists, the entire population tends to switch randomly between different trends. Why isn’t clear, and Touboul wants to study this in more detail.

Mein Verdacht ist ja, dass es immer nur um Herdenbildung und Kampf gegen die „andere Herde” geht, und dass gleichartige Kleidung eine Art Herdenzugehörigkeitssymbol, eine Art Freund-Feind-Kennung ist. Hier in Berlin sieht man verblüffend vielen Leuten schon aus 50 oder 100 Meter Entfernung ihre Gesinnung an, nämlich an der Kleidung. Wenn einer an der U-Bahn steht, der Rastalocken, Ökoweste und weiter Pluderhose mit Schritt irgendwo zwischen den Knöcheln und Öko-Latschen, dazu Jute-Tasche hat, weiß man, wo der hingehört. Und wenn ein Typ in engem schwarzem Leder mit Spiegelbrille und überlangem Schnurrbart rumsteht, dann weiß man … dass der gerne Village People hört.

Der Oszillatoreffekt dürfte dann sicherlich damit zu tun haben, dass bei gleich großen Herden nicht klar ist, wer die stärkere ist, und die Leute dann unterbewusst ausprobieren, wo es ihnen besser geht.