Ansichten eines Informatikers

Ossis gegen Wessis aufhetzen

Hadmut
23.2.2019 0:51

Eigentlich sollte man ja meinen, dass sich das Ossi-Wessi-Denken nach 30 Jahren mal erledigt hat. Dass man irgendwann die Integration der Ossis geschafft hat.

Und dann läuft so eine Hetzgranate im Bundestag auf: [Nachtrag]

Dass die linksextrem ist und sowas wie die DDR wieder aufbauen will, wissen wir ja seit der Piratenzeit.

Man könnte natürlich mal die Frage stellen, warum sie dann überhaupt dem Westen beigetreten sind. Warum sie überhaupt in eine Demokratie eingetreten sind, wenn ihnen doch bisher die Partei alles so regelte. War ja ne tolle körperliche Selbstbestimmung so mit Mauern, Selbstschussautomaten und geheimen Verhörgefängnissen.

Andererseits: Sie ist ja nun bei der Linken. Also der SED. Was will man von denen anderes erwarten als Lobeshymnen auf die DDR und Hass & Hetze gegen den Westen?

Wieso behauptet sie, Frauen hätten das Recht auf Selbstbestimmung jetzt nicht mehr? Es gibt doch die Abtreibung. Das Problem ist nur, dass Frauen dann irgendwann an ihre Entscheidung gebunden sind und es sich nicht nochmal umüberlegen können. Sie haben die Entscheidung schon, aber irgendwann ist die Entscheidung eben getroffen. Das Problem ist ja viel eher, dass Ossi-Frauen wie diese da mit der Entscheidung schlicht überfordert sind und immer noch erwarten, dass der Staat ihnen alles abnimmt.

Und jetzt regt sie sich auf, dass „westdeutsche Männer über Ost-Frauen bestimmen”.

Mal zur Statistik:

Insgesamt leben in Deutschland rund 41 Millionen Frauen, also rund zwei Millionen mehr als Männer. Während Frauen in Deutschland im Durchschnitt rund 83,2 Jahre alt werden, liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer bei rund 78,3 Jahren.

Es gibt also nicht nur zwei Millionen mehr Frauen als Männer, sie nehmen durch ihre höhere Lebenserwartung auch an mehr Wahlen teil, das macht ein bis zwei Bundestagswahlen aus.

Wie kommt sie also darauf, dass es die Männer wären, die über die Ossi-Frauen bestimmen?

Was soll das eigentlich werden? Unterschiedliche Gesetze für Ossis und Wessis? Oder regt es sich auf, dass Recht nach dem Mehrheitsprinzip gemacht wird? Soll die Ossi-Minderheit allein über Gesetze entscheiden? Oder eigene Sondergesetze bekommen? Muss der Westen sich jetzt an DDR-Recht angleichen, weil Ossi-Frauen nach 30 Jahren die Wende noch nicht verkraftet haben?

Mal nachgerechnet

Mal ganz dämlich gefragt, so aus der Perspektive alter weißer Mann:

Wieviele Frauen können denn von dem Rechtsverlust DDR->BRD überhaupt betroffen sein?

Um in der DDR das dort freiere Recht auf Abtreibung wahrgenommen zu haben, müsste man ja zumindest mal im fruchtbaren Alter und in einem fortgeschritteneren Schwangerschaftsmonat als im Westen gewesen sein. Man müsste es also geschafft haben, bis 1990 mindestens im vierten Monat schwanger gewesen zu sein, um überhaupt noch einen Rechtsvorteil gegenüber dem heutigen Recht der Abtreibung bis zur 12. Woche gehabt zu haben. Und dazu müsste man, gehen wir mal von normalen Fällen aus, mindestens mal 16 Jahre alt gewesen sein. Also spätestens 1974 geboren.

Heute also etwa 45 Jahre alt sein. Und nun wieder im vierten Monat sein, um gegenüber der DDR einen Rechtsnachteil zu haben, der durch heutige Rechtsänderung zu beheben ist.

Nun ist das aber aus biologischen Gründen so, dass Frauen ab 45 jetzt nicht unbedingt so signifikant schwanger werden. Da gehen normalerweise die Wechseljahre los und dann wird’s dünn. Es gibt zwar inzwischen auch Frauen, die noch mit über 50 Schwanger werden, aber die sind statistisch nicht mehr erkennbar.

Der Anteil der Geburten ab 40 schwankte im Jahr 2014 bundesweit zwischen einem und acht Prozent.

Man sieht aber auch, dass das fast ausschließlich Frauen zwischen 40 und 45 sind.

Ich wage deshalb mal die Behauptung, dass Anke Domscheit-Berg bzw. die Linke da einfach willkürlichen Schwachsinn erzählt, weil es nämlich praktisch keine – oder nur in abstrusen Ausnahmefällen – Frau geben kann, die vom Unterschied des Rechts der DDR und des Deutschlands heute überhaupt betroffen sein kann, die also nach DDR-Recht abtreiben konnte und es nach heutigem Recht nicht kann.

95% der Geburten erfolgen bei Frauen unter 40, die also die DDR gar nicht mehr bewusst oder überhaupt nicht mehr miterlebt haben können. Die meisten heutigen Ossi-Frauen im schwangerschaftsfähigen Alter waren nie Bürger der DDR und damit nie im Genuss deren Abtreibungsrechts.

Ich kann ja auch nicht damit ankommen, dass ich das Recht der Weimarer Republik oder des Deutschen Reichs für mich zurücksehne, obwohl ich da nie gelebt habe.

Da kann man mal sehen, was für einen verlogenen Schwachsinn die Linke im Allgemeinen und Anke Domscheit-Berg im Besonderen da auftischen, um die DDR wieder aufbauen zu wollen und Ossis gegen Wessis aufzuhetzen, und damit auch noch durchkommt.

Wohlgemerkt: Dieselben Spinner, die da jetzt so separatistisch daherkommen, und sich nicht mal in Deutschland integrieren und an ein einheitliches Recht gewöhnen können, wollen eine vereinheitlichte EU.

Wer wählt sowas?

Nachtrag: Ein Leser merkt übrigens an, dass entgegen der Behauptung Domscheit-Bergs die Ärzte in der DDR auch keine Webseiten mit Informationen zur Abtreibung angeboten hatten, die hatten nämlich erst gar kein Internet, und Werbung haben die auch nie gemacht. Und ob man ihnen das erlaubt hätte, ist sehr fraglich. Auch daher ist der Vergleich verlogen. DDR-Bürger hätten nämlich generell keinen Zugriff auf so ein Internet bekommen, und nicht nur nicht wegen Abtreibungswerbung. Die hatten ja nicht mal flächendeckend Telefon. Und wenn, dann nicht vertraulich.

Nachtrag 2: Domscheit-Berg behauptet, Frauen hätten in der DDR 30 Jahre lang das Recht auf Selbstbestimmung gehabt. Stimmt auch nicht. Denn laut MDR hat die DDR die Abtreibung erst 1972 erlaubt, also nur 18 und nicht 30 Jahre. Und das ebenfalls nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche. Vorher war das nur bei Indikation und Gestattung durch eine Kommission möglich.

Es ist also auch faktisch einfach falsch, was Domscheit-Berg da behauptet.