Ansichten eines Informatikers

Stromausfall in Köpenick

Hadmut
19.2.2019 21:29

Schöne neue Welt.

Im Berliner Stadtteil Köpenick und einigen angrenzenden Straßen ist heute so ungefähr um die Mittagszeit herum der Strom ausgefallen. Nach aktuellen Zeitungsmeldungen hat eine Baufirma bei irgendwelchen Bohrungen das 110-kV-Kabel angebohrt und beschädigt. Die Reparaturen gestalten sich wohl schwierig, sollen bis morgen nachmittag dauern.

Das hat richtig Folgen: Ampeln, Straßenbahn, Telefon und Notruf sind ausgefallen, die Polizei muss dort jetzt vermehrt Streife fahren, weil man sonst keine Hilfe rufen kann (ach, wie gut, dass die noch mit Verbrennungsmotoren und nicht mit Elektroautos fahren). Der Ausfall ist so schlimm, dass bei der Qualitätspresse der Genitiv ausgefallen ist und durch den Notstromdativ ersetzt werden muss:

Eine Straßenbahn muss wegen dem großflächigen Stromausfall in Köpenick am Dienstag abgeschleppt werden.

Hat große Ähnlichkeit mit dem mehrstündigen Stromausfall, den ich in Karlsruhe mal miterlebt habe. Da ging einiges kaputt, unter anderem an der Fernwärme, weil die Pumpen ausgefallen waren und dann irgendwas platzte.

Es gab mal so eine Zeit, da war das Telefonnetz weitgehend unabhängig von der Stromversorgung, weil nicht nur separat versorgt, sondern mit Akkus in den Vermittlungsstellen abgepuffert. Das war mal so, dass Telefone allein aus dem Telefonnetz versorgt wurden und es auf den Stromausfall in der Wohnung gar nicht ankam.

Und dann hatten wir ISDN. Gute Tonqualität übrigens, nie wieder war die Telefonqualität so gut (obwohl die Codecs heute formal sogar weit mehr leisten sollen). ISDN-Telefone und -Nebenstellenanlagen waren zwar lokal mit Strom versorgt, aber in der Regel für die Notspeisung vorgesehen. Dabei bekam man aus der Vermittlungsstelle so ein kleines bisschen Strom, und man durfte nur maximal ein Telefon per Schalter so einstellen, dass es im Notfall mit der Notspeisung funktionierte, das auch nur mit den nötigsten Grundfunktionen, also kein Laustsprechen, Telefonbuch, Beleuchtung und sowas, sondern einfach Telefonieren. 110 wählen und die Polizei dran haben. Selbst Nebenstellenanlagen waren so gebaut, dass bei Stromausfall ein Relais abfiel und das innere ISDN-Netz auf den äußeren ISDN-Anschluss durchschaltete, damit ein Nebenstellentelefon mit eingeschalteter Notspeisung direkt mit dem äußeren ISDN verbunden und Not-telefonieren konnte.

Und was haben wir heute?

Totalausfall.

Die Polizei muss wieder Streife fahren, damit man winken und rufen kann. Und auch das geht nur, weil sie eben noch Verbrennungsmotoren haben.

Sobald Polizei und Feuerwehr auf Elektroauto umgestellt sind, geht dann auch nichts mehr. Wobei ich mich erinnern kann, dass die Feuerwehr in Berlin neulich mal bei einem Stromausfall auch nicht mehr rauskam, weil sie dann erst gemerkt haben, dass sie die elektrischen Tore der Feuerwache ohne Strom nicht aufkriegen.

Die Krankenhäuser sind auf Notstrom. Die Intensivstationen sind noch versorgt, aber Operationen mussten beendet werden und Wasser haben sie auch nur im Notbetrieb. Und das auch nur, weil sie Notstromdiesel haben.

Auch Notstromdiesel werden über kurz oder lang grüner Politik zum Opfer fallen.

Es wird nicht mehr lange dauern, und man wird sie ersetzen. Man wird dann auf elektrisch betriebene Notstromgeneratoren umstellen. Klimaneutral. Ökologisch sauber. Erneuerbare Energie.