Ansichten eines Informatikers

„Ich twittere hier privat”

Hadmut
26.1.2019 13:13

Eine Anmerkung zur Inversion der Grundrechte.

Ich habe das schon öfters kritisiert und als Unsinn, wenn Leute, die als Journalisten oder Politiker in der Öffentlichkeit stehen und sich zu politischen Themen äußern, dann an ihren Twitter-Account schreiben „hier privat”. Und dann gleich noch dazu „Moderator der Nachrichtensendung X beim Y-Fernsehen” – also nicht nur inhaltlich nicht trennen, sondern gleich erst mal den Bezug zur beruflichen Tätigkeit herstellen. Ist mir gerade wieder so aufgefallen, weil die Berliner Zeitung das bei Chebli auch gerade deutlich kritisiert.

Wisst Ihr, woran mich das schon wieder erinnert?

Flucht in das Privatrecht.

Ich hatte das doch schon so oft, dass sich der Staat rechtlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Verpflichtungen zu entziehen versucht, indem er den Umweg über das Privatrecht nimmt. Beispiel Kinderpornosperre. Beispiel Netzdurchsetzungsgesetz. Und so viele Beispiele mehr. Die ganzen Stiftungen und Vereine, DFG, und und und. Immer wieder versucht man, zwingende Grundrechtsverpflichtungen zu umgehen und auszuhebeln, indem man politisches und staatsgewaltliches Handeln in das Privatrecht auslagert.

Es gab vor Jahren mal einen Fall, in dem ein Professor aus Auskunft geklagt hat, weil sein Forschungsantrag willkürlich (politisch) und ohne Begründung abgelehnt wurde, er würde gerne mal wissen, warum, und wonach das bewertet wird. Da hat er eigentlich ein Grundrecht drauf, denn erstens sind es öffentliche Gelder und zweitens genießt er Freiheit von Forschung und Lehre, und damit Freiheit von politischen Eingriffen.

Das Verwaltungsgericht wies ihn ab, weil die DFG ein privatrechtlicher Verein sei, und damit öffentlichem Recht nicht unterliege, das Verwaltungsgericht nicht zuständig sei.

Das Amtsgericht wies ihn ab, weil es gegenüber privatrechtlichen Vereinen keinen Auskunftsanspruch gibt, die können machen, was sie wollen, und müssen es nach außen nicht begründen.

So wird das komplette verfassungsmäßige Rechte- und Pflichtengerüst ausgehebelt und außer Kraft gesetzt. Überall wuchern Stiftungen, GmbHs, Vereine und ähnliches, und zunehmend führen sich auch Universitäten privatrechtlich auf. Im Prinzip wird das öffentliche Recht zunehmend abgeschafft und der Staat führt sich wie eine Privatperson auf, die sich niemandem gegenüber erklären, oder rechtfertigen muss und nicht verfassungsverpflichtet ist. Ich habe das ja auch schon ein paarmal beschrieben, dass es da zu einer perversen Umkehrung kommt: Nicht der Bürger hat mehr Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat, sondern Grundrechte sind jetzt Abwehrrechte des Staats gegen den Bürger. Deshalb wird auch immer mehr Regierungstätigkeit mittels enormer Zuwendungen an externe Organisationen ausgelagert, wie etwa die Amadeu-Antonio-Stiftung. Deshalb sind diese „NGOs” (non governmental organisation) in manchen Ländern auch so unbeliebt. Weil damit fremde Staaten in fremden Ländern agieren, ohne sich an irgendwelches öffentliches Recht zu halten, weil sie sich als privat ausgeben.

Und genau das passiert hier, wenn die nun immer häufiger staatlich und in enger Verbindung mit ihrem Amt oder ihrer Stelle beim Fernsehen twittern, sich aber als „privat” kennzeichnen wollen:

Es ist nicht mehr so, dass der Staat gewisse Neutralitäts- und Unterlassungsverpflichtungen einzuhalten hat, sondern quasi die Meinungsfreiheit für sich und als Abwehrrecht gegen den Bürger in Anspruch nimmt.

Hier eben: Chebli ist Staatssekretärin und hoch bezahlt (ich habe noch nicht verstanden, wofür eigentlich), und als solche eigentlich Grundrechtsverpflichtete, zur Neutralität Verpflichtete. Auch außerhalb des Dienstes. Dafür genießt man die Vollversorgung der (auch der politischen) Beamten. Sie dreht das damit aber rum und nimmt damit für sich Meinungsfreiheit, die eigentlich ein Abwehrrecht gegen den Staat ist, in Anspruch, und macht sie zum Abwehrrecht der Staatssekretärin gegen den Bürger.

Das nimmt überhand.

Und dann haben diese Leute auch noch die Chuzpe, sich, und nur sich, als die „Demokraten” zu erklären.

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