Ansichten eines Informatikers

Kommunikationspannen durch ungeprüfte Software

Hadmut
24.11.2018 10:27

Wie man durch ungeprüfte Software Kunden ärgert.

Gerade so ein schönes Beispiel dafür erlebt, wie es wirklich schief gehen kann.

Ich habe doch gestern das Wohnmobil zurückgegeben. An sich hatte ich da keine Probleme erwartet, denn ich war mit dem Fahrzeug pfleglich umgegangen, hatte die Küche nur zum Tee kochen verwendet, und das Fahrzeug gründlich geputzt, die Tanks gelert, das Klo samt Tank penibel gereinigt, wozu mir zu Hilfe kam, dass der letzte Campingplatz auf einer Geotherme lag und sie deshalb sogar auf dem Schlauch zum Ausspülen der Klotanks heißes Wasser hatten.

Außerdem hatte ich gute Erfahrungen, denn an der gleichen Station hatte ich vor 8 Jahren schon ein Wohnmobil zurückgegeben, und da waren sie locker und kulant drauf. Damals hatte ich einen Lackschaden gebeichtet, weil mir in Invercargill Jugendliche, die offenbar keine Touristen leiden konnten, aus einem Cabrio heraus von der Nachbarfahrspur ein Hühnerei ans Auto geworfen hatten, sie kamen gerade vom Einkaufen aus einer Supermarktausfahrt. Was ich nicht gedacht hätte: Abgesehen von der Sauerei hatte die Schale des Eies tatsächlich den Lack durchschlagen und im Durchmesser eines Eies kreisrund nadelfeine Einschlagmarken hinterlassen, die bis aufs blanke Blech durchgegangen waren. Sie waren verblüfft, weil ich der wirklich allererste Kunde sei, der einen solchen Schaden meldete, meinten aber, mit solchem Kleinscheiß gäben sie sich gar nicht erst ab, sonst würden sie nie fertig.

Und auch diesmal war es problemlos, das ging bei der Außenübergabe recht flott. Die haben alles geprüft und mir auf einem Formular an allen Stellen OK bestätigt, mir das dann zur Unterschrift hingehalten, und außerdem noch einen Tablet-Computer, auf dem ein einzelnes Fenster prangte, in dem ich unterschreiben sollte. Ich fragte zurück, was ich da jetzt unterschreibe, und sie meinten, das könne man jetzt nicht anzeigen, weil die Software das nicht unterstütze, zurück auf die vorhergehenden Seiten zu gehen, aber weil ich das ja noch auf Papier hatte und der mir versicherte, dass alles bestens wäre, habe ich mit dem Finger mal drauf rumgewedelt. Ich habe noch gesagt, dass das Fahrzeug im Großen und Ganzen in Ordnung und gut gelaufen sei, hatte so ein paar Kleinigkeiten (wie den Dreck im Abwassertank oder dass die Plastikabdeckung der Handbremse immer wieder abfiel) notiert, wofür sie dankbar waren und das sofort notierten. Das wollen sie immer gerne wissen. Ruckzuck fertig und durch, keine Beanstandungen von Seiten der Firma.

Mir fiel noch etwas auf: Auch in Neuseeland müssen Fahrzeuge zur technischen Untersuchung wie bei uns zum TÜV. Sie pappen aber keine Plakette auf das Nummernschild, sondern es gibt kleine Pappkärtchen, die in Plastiktaschen gesteckt werden, die von innen an der Windschutzscheibe kleben. Das Fahrzeug hatte diese noch bis Januar 2019, der Mitarbeiter, der das Fahrzeug übernahm, zog sie aber gleich raus. Ich schlussfolgerte daraus, dass das Fahrzeug sofort und etwas vorzeitig zur Inspektion kommt, weil hier ab Mitte Dezember bis Ende März die Touristenhauptzeit ist und alles fahren muss, was fahren kann. Ohne diese Karte konnte es ja nicht sofort weitervermietet werden.

Teil 2 war dann drinnen im Büro, Endabrechnung. Da wollten sie dann das Formular mit der Mängelfreiheit behalten, ich bestand aber auf einer Kopie.

Es gibt da nämlich so einen Kulturclash zwischen der deutschen Denke und der in Australien und Neuseeland. Bei uns bestätigt immer der, der etwas bekommt, dass er es erhalten hat und wie. So rein theoretisch wäre das hier auch so, aber die Praxis ist: Der Kunde unterschreibt immer und alles, und die Firma gar nichts. Die Firma ist rechtlich immer auf der sicheren Seite und der Kunde steht blöd da. Ich habe also erläutert, dass ich bei der Fahrzeugübernahme ihnen quittiert habe, dass ich das Fahrzeug bekommen habe und es nur die gelisteten Mängel (Kratzer, Beulen, Schrammen und so weiter) hatte, und dass ja nun sie mir bestätigen müssten, dass ich das Fahrzeug überhaupt zurückgegeben habe und mängelfrei. Sie sahen es im Prinzip auch ein, es passte aber nicht in ihren Arbeitsablauf, und sie machten mir eine Kopie des Berichts, und meinten, da sei ja die Paraphe des Mitarbeiters drauf.

Naja, gut. Dann stellte sich noch heraus, dass sie Softwareprobleme haben. Denn in Neuseeland zahlt man für jeden gefahrenen Kilometer eine Dieselsteuer. Die Mietwagenfirma muss diese nach Rückgabe anhand der gefahrenen Kilometer berechnen und vom Kunden einziehen. Das musste ich also noch zahlen, aber sie hatten da deutlich zu viele Kilometer stehen. Kann ja mal vorkommen, ich konnte auch leicht zeigen, dass das nicht stimmt, aber sie haben dann ziemlich gekämpft, bis sie eine Rechnung mit dem richtigen Wert hatten. Gut, dafür hatte ich $140 Gutschrift wegen der Antenne und dem Wassertank bekommen, musste also nur noch wenig nachzahlen.

Alles erledigt?

Ja, alles erledigt, das war’s, alles übergeben und abgerechnet, schönen Resturlaub noch.

Danke, hat Spaß gemacht!

Kaum war ich im Hotel angekommen, fand ich auf dem Handy eine E-Mail, die mir Sorge bereitete.

Die Firma hatte mir per Mail einen Abschlussbericht zu meiner Fahrt über das Fahrzeug geschickt, in dem jede Menge Kratzer, Schrammen, Beulen, Gebrauchsschäden standen. Zu einigen wurde auf Beweisfotos verwiesen, die aber nicht dabei waren. Und drunter stand, dass ich das ganze unterschrieben und bestätigt hätte.

Wie bitte!?

Las sich so, als hätte ich das Fahrzeug ziemlich demoliert und das dann noch durch Unterschrift bestätigt.

Ich also im Hotelzimmer sofort Notebook raus und sofort eine Mail geschrieben, dass ich damit nicht einverstanden bin und protestiere, eben hatte es noch geheißen, es sei alles in Ordnung, und auf den Tablet-Rechner sei auch nichts von Mängeln zu sehen gewesen, ich hätte nie Mängel bestätigt. Und Fotos seien in meiner Anwesenheit auch nicht gemacht worden, ich könne die also auch nicht bestätigt haben. Sie könnten nicht erst sagen, es sei alles in Ordnung und dann, wenn man weg ist, nach einer Stunden plötzlich kommen und behaupten, man hätte reihenweise Schäden produziert und bestätigt und unterschrieben. So geht’s ja nicht.

Dann dauerte es ungewöhnlich lange. Normalerweise haben sie kurze Response-Zeiten und reagieren sofort, aber das nun dauerte.

Dann kam eine Gottogott-das-tut-uns-leid-miscommuniation-Mail.

Sie hatten für das Fahrzeug eine Gesamtbestandsaufnahme aller Macken erhoben, die das Fahrzeug insgesamt (also aus 4 Jahren Nutzung und 160.000 km) hatte. Und das waren schon eine Menge. Das Fahrzeug war übersät mit kleinen Beulen, Dellen, Schrammen, Abnutzungen, Kratzern, die hintere Stoßstange schon massiv verbogen, aber alles nur kosmetisch, nichts davon funktional relevant. Deshalb hatte ich ja einen alten „Cheapa Campa” gemietet. (Ich hatte gesehen, dass sie auch nagelneue richtig schöne geile Wohnmobile haben, aber eben zu höheren Preisen und dafür hat man dann, dass die Treppenstufe an der Tür elektrisch ausfährt und man sie nicht von Hand herausziehen muss.)

Sie haben aber gleichzeitig auch vor der Saison noch eine neue Software installiert, die sie nicht getestet haben, und mit der sie offenbar noch reichlich Probleme hatten.

Und diese Software hatte dann aus ihrer Fahrzeuguntersuchung des Gesamtschadensbestandes durch den Mitarbeiter eine Fahrzeugübernahme gemacht und darin behauptet, ich – letzter Mieter des Fahrzeuges eben – hätte das unterschrieben und so bestätigt, was ich nie getan hatte.

Das ist bedauerlich, denn drei Wochen lang lief das alles gut und unter guter Laune, das Fahrzeug war (im Rahmen dessen, was man unter „Cheapa Campa” erwartet) in Ordnung, sie waren schnell und hilfsbereit, und eigentlich war (bis auf das Gedöns mit der Antenne) alles gut. Und dann produzieren sie nach der Rückgabe noch so einen Streitpunkt, auf den ich dann doch verärgert und relativ scharf geantwortet hatte, dass sie das sofort klären sollten und ich mich rechtlich wehren müsste, was ja eigentlich kein schöner Abschluss ist. Einfach nur durch fehlerhafte Software, die falsche Übergabeberichte erdichtete und (!) per E-Mail an Kunden verschickte, obwohl das mit Kunden gar nichts mehr zu tun hatte. Der Bericht hätte gar nicht an mich raus gehen dürfen.

Ich war übrigens froh, dass ich mir eine Kopie des Alles-OK-Berichts hatte geben lassen.

Zeigt auch wieder mal, was von den Finger-Unterschriften auf irgendwelchen elektronischen Pads zu halten ist.