Ansichten eines Informatikers

Merkel und die Hasskrämpfe der Lügenpresse

Hadmut
7.9.2018 9:02

„Lügenpresse” ist ja eigentlich noch zu harmlos und untertrieben. Da kommt was ins Rutschen. auch in der Bundesregierung.

Man schaut gerade genüsslich in die USA, wo der Präsident von seinem eigenen Personal demontiert wird.

Ist das hier denn anders?

Dass unsere „Qualitätspresse”, die sich für die Stütze der Demokratie hält, und unser unabhängiges faktenbasiertes und allen überlegenes öffentlich-rechtliches Hochqualitätsfernsehen sofort in schaumbildende Hasskrämpfe verfielen wie zuckende Epileptiker, als irgendeine Antifa-Aktivist ein Sekunden-Video in die Social Media drückte, dessen Quelle ungeklärt und dessen Seriosität und Glaubwürdigkeit eher unter Null ist, und das nicht nur sofort in die Medienpropagandamaschine warfen, sondern gleich noch in den multiplen Plural erhoben (Videos seien zu sehen gewesen, auf denen Rechtsradikale Menschen jagten, tatsächlich war es nur ein Video, auf der einer einen anderen, der sich provokativ genähert – und laut Aussagen von Leuten, die sich als Zeugen ausgeben – und provokativ beschimpft hat, verjagt), obwohl nach Stand des Wissens kein einziger Journalist die Sache selbst gesehen haben will, ist bekannt.

Schon über die banale Frage, warum es dort von Journalisten wimmelte und doch kein Hetzjagdmaterial aus Journalistenquelle vorliegt, hätte zu denken geben können – wenn man denn die kritische Mindesthirnmasse überschreitet. Das alles könnte man ja noch als Unfähigkeit und Qualitätsausfall schönreden, wenn nicht die Presse seit Jahren auf die Social Media schimpfen würde, die als Lügen-Highway dienten. Und jetzt fressen sie alles selbst, was da kommt. Man ist geneigt, das Beißholz zu reichen.

Vor Jahren habe ich mal auf einer Netzwerk-Recherche-Konferenz eine Journalistin erlebt, die begeistert sagte, dass sie ja gar nichts recherchieren und auch das Haus nicht verlassen müsse, sie bekäme doch alles per Twitter, was sie braucht. Ah, ja.

Apropos Netzwerk Recherche: Als ich das erste Mal auf deren Konferenz war, teilten sie Werbematerial mit ihrem damaligen Slogan und Journalistenratschlag „Be first. But first be sure.” aus. Habe ich in letzter Zeit dort nicht mehr gehört. Dafür erklären sich die Tagesschau-Leute dort zu den großen Faktencheckern, und immer wieder halten sich Journalisten über alle anderen erhaben, weil sie doch die mit den Fakten sind. Die mit den unanzweifelbaren Fakten. Fotos und Videos. Spätestens seit der Diskussion um die Zahl der Besucher zu Trumps Wahlen.

Nun hat aber nicht nur die Presse den Glaubwürdigkeits-Totalschaden angerichtet, auch unsere Bundesreigerung. Unsere Bundeshoneckerette verkündete gleich international, dass es da Hetzjagden gab. Aroma: Alles konterrevolutionäres Gesindel da in Sachsen.

Nun kommt der Verfassungsschutzpräsident Maaßen daher, hat wohl auch noch die ein oder andere Rechnung offen, und erklärt gegenüber der Paywall-BILD, die sofort von anderen zitiert wird, etwa der WELT:

Dem Verfassungsschutz lägen „keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben“, sagte Maaßen der „Bild“-Zeitung.

Über das Video, das Jagdszenen auf ausländische Menschen nahe des Johannisplatzes in Chemnitz zeigen soll, sagte er: „Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist.“ Nach seiner vorsichtigen Bewertung „sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.

„Gezielte Falschinformation, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“

Schon Sachsens Ministerpräsident hatte sich entmerkelt zu sagen:

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) widersprach dem am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Landtag. Das Geschehen in Chemnitz müsse richtig beschrieben werden, sagte er. „Klar ist: Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome.“

Von der WELT genüsslich unterlegt mit einem Video, das den Ausschnitt mit Merkel enthält, in dem sie pluralisierend sagt, dass man Videoaufnahmen über Hetzjagden habe. Man würde gerne mal das zweite davon sehen. Denn wie sagte man bisher so schön? „Mit dem Zweiten sieht man besser.”

Der SPIEGEL bringt noch ein weiteres Maaßen-Zitat aus dem Paywall-BILD-Artikel:

Dem Verfassungsschutz lägen “keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben”, sagte Maaßen der “Bild”-Zeitung. “Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz werden von mir geteilt.”

Ich glaube, das war’s dann nicht nur jetzt erstmal mit der Glaubwürdigkeit.

Jetzt scheint der Verfassungsschutz auf Merkel loszugehen.

Und es scheint, als wäre unter allen Politikern Merkel die vom Verfassungsschutz am genauesten Beobachtete.