Ansichten eines Informatikers

(Keine) Staatsanwälte in Berlin

Hadmut
6.11.2017 23:13

So habe ich die auch noch nicht gesehen.

Ich habe keine hohe Meinung von Staatsanwälten.

Hinter mir war noch keiner her, aber ich habe mal einen Fall verfolgt, in dem eine karrieregeile Staatsanwältin hinter einem her war. Und ich habe seit 20 Jahren mit Staatsanwälten zu tun. Und erlebt, welche unglaublichen Kapriolen die schlagen, um partout nicht gegen Politiker oder Universitäten und Professoren zu ermitteln. Ich habe sogar mal ein Klageerzwingungsverfahren durchsetzen müssen, weil zwei Staatsanwaltschaften nicht klar zu machen war, dass Strafrechtskommentare, auf die sie sich bezogen, grob falsch waren. Ich habe wüsteste Dinge mit den drei Karlsruher Staatsanwaltschaften erlebt. Ich hatte mal einen, den ich so weit gebracht hatte, gegen eine Bank zu ermitteln, mit dem ich spät abends in der Staatsanwaltschaft Akten gewühlt habe. Und *schwups* war er wegbefördert. Der Nachfolger hat kommentarlos eingestellt. Ich war mal ein Jahr lang in der Vorratsdatenspeicherung tätig, und habe in der Zeit ziemlich viel mit Staatsanwälten zu tun gehabt, telefoniert, gesprochen. Und es war oft gruselig. Eigentlich immer. Außer Freitag nachmittags, da war nämlich meist niemand mehr da. Ein ehemaliger Oberstaatsanwalt hat mir mal erklärt, wie das da mit den politischen Weisungen läuft, bei denen man gezwungen ist, Ermittlungsverfahren ohne Aktenspuren einzustellen.

Und doch scheint der Zustand erreicht, an dem sie mir fehlen. In Berlin finden sie nämlich keine neuen mehr, wie der Tagesspiegel schreibt:

Im Klartext heißt das: Staatsanwalt in Berlin will niemand werden. Die Arbeitsbedingungen sind mies, Technik und Ausstattung mangelhaft, Personalentwicklung gibt es nicht. Talente werden kleingehalten und verheizt statt gefördert. Vorgänge sind undurchsichtig. Warum bearbeitet etwa eine Staatsanwältin aus einer allgemeinen Abteilung den Goldmünzendiebstahl aus dem Bode-Museum vom Juni, wo es sich doch eindeutig um einen Fall der Organisierten Kriminalität handelt, bei dem es hilft, sich in den Strukturen einer bestimmten libanesischen Großfamilie auszukennen?

Die unterdurchschnittliche Besoldung schafft zusätzlichen Frust. „In Potsdam verdient man als Staatsanwalt so viel wie hier als Oberstaatsanwalt“, sagt der eingangs zitierte Ankläger, ein anderer Staatsanwalt fügt hinzu: „Zudem weiß jeder, dass es politisch keinen Rückhalt für uns gibt, das erhöht den Frustrationsgrad.“

Eine häufige Kritik lautet, dass sich Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) für die Justiz nicht genügend interessiere und seine Schwerpunkte lieber auf Antidiskriminierung und Verbraucherschutz lege, die massiven Probleme der Justiz blieben ungelöst. „Im höheren Dienst mangelt es an allen Ecken an Personal“, beklagt ein Hauptabteilungsleiter, der öfter zusehen musste, wie seine guten Leute abgezogen wurden, und der die Nachfolger dann aufwendig einarbeiten musste. […]

Frust erzeugt es auch, wenn die Gerichte die mühsam verfassten Anklagen zum Beispiel in großen Wirtschaftsstrafverfahren jahrelang liegenlassen, wenn die Angeschuldigten nicht in Untersuchungshaft sitzen, da Haftsachen vorgehen. Später kommt es dann zu Abschlägen bei den Strafen – und zur weiteren Demotivation der Ermittler.

Das ist alles nicht verwunderlich, wenn man sich klar macht, wer in der Berliner Politik sitzt und wie die mit organisierter Kriminalität verwoben sind. Sieht man ja gerade auch an der Polizei. Da wird ganz gezielt die Staatsanwaltschaft kurz gehalten, so ähnlich wie auch die Steuerfahnder. Es ist politisch gewollt, dass gewisse Vergehen und Verbrechen rund laufen, und Verbindungen zum Milieu gibt es ja einige. Da gibt es ein derbes Interesse, dass der Drogenmarkt funktioniert, die Schmiergeldwirtschaft, Steueroasen und so weiter und so weiter.

Und dass man dann in Berlin die Koppers zur Generalstaatsanwältin macht, ist das Sahnehäubchen.

Ich habe immer öfter den starken Eindruck, dass die organisierte Kriminalität in Berlin sehr, sehr viel stärker regiert als die Demokratie.