Ansichten eines Informatikers

Neues von der ETH Zürich

Hadmut
22.10.2017 13:14

Und mal wieder so widerlich.

Dass die ETH Zürich ein verlogen-korrupter Sauhaufen ist, der das normal findet, wenn Professoren Doktoranden aus Lust und Unfähigkeit kaputt machen, habe ich ja selbst schon erlebt. Hat sich ja damals gezeigt, dass die da lügen, dass die Wände wackeln. Und dass deren Promotionsverfahren und -gutachten ein Witz sind, den sie peinlichst unter Verschluss halten müssen, hat sich auch gezeigt.

Nun geht gerade durch die Presse, dass da eine Astronomie-Professorin 10 Jahre lang Doktoranden gemobbt und die ETH-Leitung (was würde man von denen auch noch anderes erwarten) weggeguckt hat.

Die NZZ dazu:

Im Institut für Astronomie schikaniert eine Professorin über zehn Jahre lang Doktoranden. Erst als die Situation eskaliert, reagiert die Schulleitung. Zu spät und zu mild, sagen viele.

In den letzten Monaten ereignete sich an der ETH Ungewöhnliches: Quasi über Nacht verschwand das Institut für Astronomie von der Bildfläche, Professoren wurden versetzt, in ein Sabbatical geschickt, Doktoranden wurden neuen Betreuern zugeteilt. Geleitet wurden die Massnahmen von höchster Stelle: ETH-Präsident Lino Guzzella wollte dafür sorgen, dass die Situation schnell bereinigt wird – und zwar möglichst so, dass keine grossen Wellen geworfen werden.

So kennt man sie, alles unter den Teppich kehren, damit es nach außen nett aussieht.

Es geht um Machtmissbrauch, Mobbing und Abhängigkeiten. Ein sehr gut informierte Person spricht von Clanwirtschaft innerhalb der ETH.

Als ob ich das nicht schon vor 15 Jahren herausgefunden hätte.

Es brauchte den Mut einer jungen Doktorandin, dass sie überhaupt ans Licht gekommen ist. Noch immer fürchtet die junge Frau um ihre Karriere. Darum will sie nicht mit Journalisten sprechen, genauso wenig wie viele andere Opfer oder Mitwisser, die noch an der ETH arbeiten, studieren, forschen.

Das ist bekannt, dass die Karriere, insbesondere eines Doktoranden, beendet ist, wenn er das Maul aufmacht. Und dass die Professorenkorruption darauf beruht, dass man alles durch Karriereangst zum Schweigen bringt, und die, die mitmachen, durch Karrieren belohnt, ist ebenso bekannt.

(Ich habe bis heute nicht zuverlässig herausgefunden, was nach neuer Schreibweise eigentlich richtig ist Doktorant oder Doktorand. Früher habe ich Doktorand geschrieben, dann eine Zeit lang Doktorant, weil man unterschiedliche Behauptungen dazu findet. Ursprünglich war ich auf Doktorand geeicht, aber es gibt ja auch Sekundant, Kombattant, Hydrant, …)

Neu ist eigentlich nur, dass die Presse darüber schreibt.

Es begann im Jahr 2002, als die ETH beschloss, ein Institut für Astronomie aufzubauen und dafür den britischen Professor Paul F. zu berufen. Dieser verlangte auch einen Platz für seine Partnerin Gabriela M. (beide Namen geändert), ebenfalls Astronomin, im Institut. Das gewährte die ETH. DualCareer-Programm nennt es sich, wenn die Hochschule für Partner von Kandidaten eine Stelle besorgt.

Das übliche Schema: Den Mann will man haben, und weil die Gattin die Entscheidungen trifft, gibt es trotz fachlicher und charakterlicher Uneigung für die Frau Gattin eine Professur. Immer wieder gern genommen, um erhöhte Gehälter zu verschleiern, indem die Gattin einfach als Strohfrau für das zweite Gehalt auftritt, außerdem ein eleganter Weg, um damit noch eine zweite Fliege mit einer Klappe zu schlagen, Frauenquote erhöht. So entstehen viele Professorinnen, die eigentlich – wie gehabt – nichts machen und nichts können, außer mit dem richtigen Mann verheiratet oder liiert zu sein.

Schon bald zeigte sich aber, dass der Umgang von Gabriela M. mit ihren Mitarbeitern sehr schwierig war. «Sie hat alles bis aufs Kleinste kontrolliert, war misstrauisch und verlangte übermenschlichen Einsatz», sagt ein ehemaliger Doktorand. So erwartete sie ständige Erreichbarkeit auch an Wochenenden, gewährte kaum Ferien, setzte Meetings spätabends an und liess sie bis nach Mitternacht dauern.

Komisch. Genau so ging das am Institut bei uns damals auch zu, aber niemand, weder Uni noch Presse oder so, wollte sich dazu äußern. Bei uns wurde auch verlangt, dass wir bis abends um 23 Uhr oder am Wochenende im Institut sind, um für den Prof bereitzustehen, auch wenn der meist schon um 19 Uhr weg war, natürlich ohne uns was zu sagen. Man ließ uns trotzdem darauf warten, dass er uns reinrief. Mir wurde mehrfach gesagt, dass ich meinen Urlaub einzutragen, aber nicht zu nehmen hätte, weil man die Arbeitsleistung braucht, aber auch keinen Ärger wegen nichtgenommenen Urlaubs haben will. Ich wurde mal angeschnauzt, weil ich während meines Urlaubs erst um 11 Uhr morgens ins Institut kam.

Und jetzt soll das plötzlich ein Skandal sein? Liegt wohl daran, dass es jetzt Frauen betrifft. Bei uns betraf es damals nur Männer (und die Sekretärin), das störte keinen. Aber wenn’s Frauen betrifft, sind die Maßstäbe natürlich ganz anders.

Dabei soll es selten um Forschung gegangen sein, sondern vielmehr um Zwischenmenschliches. «Schon eine vermeintlich falsche Körperhaltung ihr gegenüber konnte zu langen Diskussionen führen», erzählt eine ehemalige Postdoktorandin.

Frauen wurden von ihr als schwache Wesen bezeichnet und aufgefordert, weniger Zeit für Make-up und mehr für die Forschung zu verwenden. Männer und Frauen brachen in ihrem Büro in Tränen aus, mindestens eine Person brauchte psychologische Hilfe.

Ah, ja, wenn’s Frauen trifft, dann ist die Presse wach und da.

Wir hatten auch einen Kollegen, der im Heulkrampf und in Behandlung endete. Interessierte aber niemanden.

Vereinzelt setzten sich Betroffene schon früh zur Wehr. So etwa jener Postdoktorand, der sich in einer Auseinandersetzung auf die Seite eines Doktoranden stellte und auch den Ombudsmann der ETH anrief. Er wurde entlassen. Heute sagt er bloss: «Ich will nichts mehr mit dieser gestörten Situation zu tun haben.»

Oh ja, das kenne ich. Ich habe mich damals an den (damaligen) Ombudsmann der ETH gewandt. Und was passierte? Der log noch mehr als der erste Professor. Er erstellte zwei verschiedene Berichte, einen geheimen, internen für den Präsidenten, in dem bestätigt wurde, dass ich recht habe und der Prüfer die Dissertation nicht gelesen haben kann, und einen offiziellen für mich, in dem stand, es sei alles prima, nichts zu beanstanden, sie wüsste gar nicht, worüber ich mich beklage. Nordkorea lügt auch nicht schlimmer als die von der ETH Zürich.

Die Statistik spricht für sich: Ungefähr ein Drittel aller Doktoranden, die unter Gabriela M. forschten, scheiterte. Das liegt deutlich über dem Durchschnitt der ETH.

War bei uns noch schlimmer, störte aber keinen. Denn die einzige Frau, die wir hatten, bekam ihren Doktor hinterhergeworfen. Als sich zum 5-jährigen Institutsjubiläum zeigte, dass es noch keine Promotion gab, wurde sie gefragt, ob sie promovieren wolle. Natürlich sagte sie „Ja”, und *schwupp* war’s passiert. Und wenn die Frau promoviert ist, dann ist Ruhe, dann sind alle zufrieden. In der Schweiz stört sich jetzt wenigstens die NZZ mal daran.

Trotzdem geschah lange nichts. «Es war bei uns nichts aktenkundig», lautet die Begründung der ETH.

Wenn man weiß, dass die da Doppel-Akten führen, um immer eine „saubere” zu haben, wundert das nicht.

Erst die erwähnte Doktorandin löste eine Lawine aus. Sie hatte sich gegen Gabriela M. aufgelehnt, worauf ihr diese drohte, den Vertrag nicht zu verlängern. Mithilfe von Ehemaligen gelang es ihr, viele Vorfälle der letzten Jahre zu dokumentieren. Der Ombudsmann schritt ein, die Departementsleitung reagierte, und ETH-Präsident Lino Guzzella erklärte den Fall zur Chefsache.

Das ist neu.

Und was passiert mit der Professorin? Nichts ernstes:

Seit September befinden sich Paul F. und Gabriela M. in einem Sabbatical für sechs Monate. Danach gibt es ein Coaching für Gabriela M.: «Wenn sie in Zukunft wieder Doktoranden anstellen will, werden wir sie dabei eng begleiten», sagt ETH-Sprecherin Franziska Schmid.

Also eigentlich passiert ihr gar nichts. Von Beruf Gattin/Partnerin und Professorin, das reicht.

«Für mich war die Zeit an der ETH die dunkelste Episode meiner Karriere», sagt eine Ehemalige, die sich stark engagiert hatte. «Ich will nicht, dass solches jemals wieder jemanden passiert.»

Ging mir genauso.

Wie aus gutunterrichteten Quellen zu erfahren war, ist die Situation nun aber doch nicht erledigt. Der Ombudsmann soll beim ETH-Rat, dem Aufsichts- und Kontrollorgan, interveniert haben.

Ach.

Ja, wenn’s um Schweizer Frauen geht, dann wird der Ombudsmann aktiv (auch wenn es sicherlich ein anderer ist als der damals). Wenn es um einen deutschen Mann geht, dann wird da auf Teufel komm raus gelogen und der Professor geschützt. Vor allem, wenn man es einer deutschen Partneruni zugesagt hat.

Dann interviewen sie noch einen Professor dazu:

«Die Doktorierenden stehen in einer grossen Abhängigkeit von ihren Professoren», sagt Caspar Hirschi, Professor für Geschichte an der Universität St.Gallen (Bild). Zuvor betrieb er im Auftrag des Schweizerischen Nationalfonds an der ETH Wissenschaftsforschung. «Wenn Doktorierende ausgebeutet werden, haben sie kaum Ausweichmöglichkeiten. Es kann nur funktionieren, wenn die Professoren ein hohes Mass an moralischer Integrität besitzen.» Viele hätten das zum Glück, sonst wäre die Schweizer Forschung nicht so leistungsfähig.

Also ich hatte das nicht. Und ich habe da an der ETH auch keinen Professor mit „moralischer Integrität” erlebt. Das einzige, was da damals halbwegs integer war, war die Instruktionsrichterin, die mir Akteneinsicht in die von der ETH geheim gehaltenen Akten gewährte, mit denen ich dann zeigen konnte, dass die da systematisch lügen, auf Bitte der Uni Karlsruhe ein Falschgutachten erstellt und dann noch bewusst einen falschen Untersuchungsbericht gefertigt haben, explizit um das Verwaltungsgericht zu täuschen.

Aber wie das eben so ist, es kommt auch in der Schweiz darauf an, ob die geschädigten Doktoranden Männer oder Frauen sind. Männer interessieren keinen. Bei Frauen ist es selbstverständlich ein Skandal.