Ansichten eines Informatikers

Schicke Olympus-Marketingveranstaltung in Berlin

Hadmut
9.9.2017 2:07

Das ist doch mal eine super Idee!

Ich mopper ja gerne über Kameras und Kamerahersteller, und meine Zufriedenheit mit Nikon ist nicht so ungetrübt. (Was sicherlich damit zusammenhängt, dass sich Nikon meines Wissens exzellent um Profis kümmert, ich aus Sicht von Nikon aber nicht zu den Profis gehöre. Meine Ausrüstung würde zwar deren Mindestanforderungen an Profis erfüllen, aber man muss auch nachweisen, dass soundsoviel Prozent seines Jahreseinkommens damit erzielt, und das ist nicht der Fall, deshalb bin ich für die nur x-beliebiger Amateurkunde.) Zumal Nikon das Thema Video doch etwas mittelprächtig angeht und eine neue Nikon ein ziemlicher Kostenfaktor ist. Außerdem ist die Ausrüstung doch recht groß und schwer – was nicht immer unproblematisch ist.

In letzter Zeit denke ich etwas über das Micro-Four-Thirds-System nach, das insgesamt kleiner ist. Das muss sich zwar schon wegen der Physik in der Qualität niederschlagen, aber dafür ist das Angebaut an videotauglichen Kameras im Bereich MFT ziemlich breit, da gibt’s allerhand (siehe auch Black Magic und Drohnenhersteller).

Einer der Haupthersteller von MFT-Kameras und Objektiven ist Olympus.

Um Olympus habe ich bisher immer einen Bogen gemacht. Zwar hatte ich keinen Zweifel an deren Qualität, aber diese Schnapsidee mit den xD-Speicherkarten war für mich jahrelang ein komplettes No-Go, weil Speicherkarten mal mehr wert waren als die Kamera, und man nicht einfach so andere Speicherkarten kaufen kann, die nur für Olympus-Kameras einzusetzen waren. Ich habe nie verstanden, wie die sich für sowas entscheiden konnten. Inzwischen sind sie längst zu SD gewechselt, aber immer noch habe ich das Gefühl, dass das Konzept der Kamera irgendwie nicht so zu mir passt.

Nun sagte mir aber ein Fotohändler, dass es von Olympus gerade einen tollen Event gibt, vom 1. bis 24. September haben sie eine Ausstellung zum Ausprobieren im „Kraftwerk“ in Berlin. Ich habe (hatte bis vorhin) zwar keine Ahnung, was damit gemeint ist, aber es ist nicht weit weg. Eintritt ist kostenlos. Siehe hier und hier. Wenn man sich vorher registriert, bekommt man dort Vorrang und kann sich eine Olympus-Kamera zum Testen ausleihen, die Speicherkarte (4GB) darf man behalten und mitnehmen.

Ich war vorhin dort.

Das ist mal eine wirklich tolle Idee. Auf dem Vattenfall-Gelände am Heizkraftwerk gibt es ein leeres, altes Kraftwerksgebäude, riesiger leerer Betonbau. So eine Industrieruine. Darin haben sie allerlei buntes Zeug aufgebaut, an dem man sich fotografisch austoben kann. Am Eingang haben sie riesige Regale voller Kameras, ich hatte deren mittleres Modell E-M5 Mark II bekommen.

Ich habe meine Speicherkarte voll-fotografiert, was aber auch daran lag, dass ich vorsorglich RAW fotografiert habe und weil man den Video-Knopf sehr leicht versehentlich auslösen kann, mir die Kamera also ein paarmal Videos aufgenommen hat, obwohl ich das nicht wollte.

Die Frage ist natürlich, ob ich die Bilder überhaupt publizieren darf, weil eine Marketing-Firma das Zeug dort aufgestellt hat. Auf Webseiten und Eintrittskarte sagen sie nichts dazu. Bei der Rückgabe der Kamera habe ich aber gesagt, dass ich im Blog darüber schreiben und Bilder reinpappen will, und sie sagten, dass sie das freut. Ich verstehe das mal als Einverständnis.

Beispielsweise hatten sie verschiedene Licht- und Farbeffekte, etwa eine grün leuchtende lange Strippe, die durch einen Motor bewegt wurde. Ein riesiges Feld voller bunter kleiner runder Spiegel.

Sie hatten eine Ecke mit einer Restaurant-Szene (Polster-Sitzbank, Tisch, Stuhl, Fußboden wie im American Diner), nur 90° gedreht an die Wand genagelt. Aus irgendwelchen Gründen sind die Leute, die sich da reinsetzen, um fotografiert zu werden, nicht in der Lage, aus ihrem Denkschema auszubrechen. Die setzen sich dann „richtig“ auf die Bank (=liegen auf dem Rücken) und wenn man die Kamera auch dreht und des aufnimmt, sieht man nicht mehr, dass da irgendwas nicht normal wäre. Ich habe den Leuten extra mal gesagt, sie sollen sich mal an den Tisch hängen, damit es aussieht, als würden sie weggeweht, oder sowas, aber selbst dann kommt da nichts rüber. Wenn man das Zimmer um 90° dreht, drehen die sich auch mit, damit wieder alles „richtig“ ist. Warum man sich überhaupt die Mühe macht, ist unklar. Aber die Installation war eine nette Idee.

An anderer Stelle bekam ich einen Lachanfall.

Ich komme da zu einer Installation, an der sich nichts bewegt, davor ein Dutzend Leute, die andächtig-angespannt fotografieren. Nur was? Da ist nichts. Ich dachte auf den ersten Blick, das wäre ein rechteckiges Loch im Boden mit einer dünnen Stoffabdeckung, weil man die Deckenbeleuchtung der Etage darunter sieht. Was zur Hölle fotograiferen die da?

Als ich mir das Ding näher ansehen und reinfassen wollte, ermahnt mich eine Aufpasserin, die Finger rauszulassen. Ich merke, dass es ein Wasserbecken ist, auf dessen Wasseroberfläche irgendwelcher Staub oder sowas schwimmt, und die Beleuchtung ist nicht die der Etage darunter, sondern die Reflektion der Lampen an dieser Decke. Was zur Hölle fotografieren die da?

Als ich zur Aufpasserin gehe, um sie zu fragen, geht auf einmal was los, die Leute gucken erstaunt. Es gibt auf einmal Geräusche, die Wasseroberfläche kräuselt sich in seltsamen Mustern, bedingt durch den Schall. Die Aufpasserin bescheidet mir, dass ich die Lichtschranke unterbrochen und es damit ausgelöst hätte. Wie, was, habe ich was kaputt gemacht? Nein, sagt sie, das gehört so, das sei eine interaktive Skulptur. Ich hätte sie eingeschaltet.

Ich muss laut lachen. Die stehen alle davor, und fotografieren angespannt ein Wasserbecken, dabei war das Kunstwerk gar nicht angeschaltet. Kein Wellenbild, alles völlig glatt.

Weiter oben gibt es noch Ausstellungen und Vorträge, außerdem weitere Installationen, beispielsweise eine angeleutete „Straße“ aus silbernen Folien.

Also eigentlich alles ganz toll gemacht, super Idee, richtig gut. 🙂

Nur meine Fotoergebnisse waren, naja, nicht so der Brüller. Vorsichtig gesagt.

Wenn man in der Dunkelheit eine Kamera benutzt, die man noch nicht kennt, muss man schon etwas suchen und probieren, bis man die im Griff hat. Es ist auf Reisen zwar sehr angenehm, dass die Kamera relativ klein ist, aber mir ist sie zu klein, die vielen Bedienelemente sind dadurch zu dicht zusammen, das ist mir zu filigran.

Und man merkt eben, dass der kleinere Sensor (gegenüber Vollformat) da einfach an Grenzen stößt. Ich weiß nicht, ob die das so wollten, aber durch die meist finsteren Lichtverhältnisse war die Kamera eben an ihren Grenzen und teils überfordert. Der Autofokus (anscheinend ein Kontrast- und kein Phasenautofokus) pumpte häufig hin und her und konnte sich nicht auf eine Fokus-Situation einpendeln. Kein scharfes Bild. Was dann allerdings trotzdem gut funktionierte, ist, auf dem Touch-Display eine Stelle anzutippen, und dann hat die Kamera da auch scharfgestellt und ein Bild gemacht. Aber das dann eben aufgrund schlechter Lichtverhältnisse und lichtschwachen Objektives mit hoher Empfindlichkeit (6400) und das dann eben mit sichtbarem Rauschen. Auch die Gesichtserkennung kann mitunter sehr nützlich sein, weil die Kamera dann wenigstens weiß, was sie will.

So schön das auch gemacht war, und so toll die Idee ist, den Leuten eine Kamera und eine große Spielbude zu geben – habe ich bisher von keinem anderen Hersteller gesehen und ich find das wirklich richtig gut – es ist vielleicht doch etwas ungeschickt, die Umgebung so aufzubauen, dass die Kamera, die man bekommt, damit doch deutlich im Grenzbereich ist, was Belichtung angeht, und mitunter schlicht überfordert ist, was den Autofokus angeht.

Ich habe zwei Besucherinnen und eine Olympus-Mitarbeiterin portraitiert, lasse das hier aber mal weg, weil das dann doch in Persönlichkeitsrechte geht. Aber: Die Bilder sind auch nicht gut geworden. Die Kamera war da an ihren Grenzen, hatte lange Belichtungszeiten (und damit etwas Verwacklungsunschärfe) und von der Mitarbeiterin, die eigentlich sogar in gelbem Licht stand, ist nur ein Bild hinreichend scharf geworden und es war eben auch sehr gelbstichig. Das war der Grund, warum ich RAW-Aufnahmen gemacht habe, um das am Rechner noch korrigeren zu können. Ein Weißabgleich lässt sich gut anhand eines Olympus-Schriftzuges machen, und schon bekommt das Mädel eine gesunde, realistische Gesichtsfarbe. Sie ist auch hübsch, aber irgendwie leidet das Foto unter einem Weichzeichnereffekt. Muss ich nochmal mit anderer Software testen.

So richtig vom Hocker gehauen hat mich das nicht. Sowas macht meine Nikon (D800 mit 24-70/2.8) eindeutig besser, aber fairerweise muss man auch sagen, dass sie dreimal soviel wiegt und dreimal soviel kostet. Was beim Reisen lästig ist, ist mir sonst wichtig: Ich fotografiere besser mit einem satten Brocken in der Hand. Das liegt irgenwie ruhiger.

Das Bedienkonzept ist, mmh, gewöhnungsbedüftig. Ich finde, der Zoom-Ring geht genau falsch herum. Nicht alles ist intuitiv. Auf der Rückwand nur Tasten und kein Drehring.

Aber: Der Sucher ist sehr gut und das Bild darin schön groß. Ein elektronischer Sucher in einer Spiegellosen kann tolle Dinge leisten. Auch die HDR-Taste ist nützlich. Ebenso der Touchscreen, bei dem man sehr direkt antippen kann, wo man es scharf haben möchte. Aber mir ist die Kamera – gerade in Bezug auf die hohe Dichte von Tasten und Bedienelementen zu klein, zu zierlich. Und die Video-Taste ist so positioniert und leichtgängig, dass ich mehrfach ungewollt die Videoaufzeichnung ausgelöst habe, zumal das Ding mit etwas Verzögerung reagiert und ich mir nicht immer sicher war, ob ich’s jetzt ein- oder ausgeschaltet habe.

Man merkt auch, dass aus schierer Platznot auf dem kleinen Gehäuse die Knöpfe und Tasten kleiner als etwa bei Nikon sind.

So richtig angesprungen hat die Kamera mich jetzt nicht. Man müsste sie nochmal bei Tageslicht testen.

Ein Fazit ist aber, dass das MFT-System – im Guten wie im Schlechten – letztlich doch sehr klein ist. Kleiner, leichter, aber auch weniger Sensorfläche. (Panasonic hat seine GH5 auch für MFT gebaut, aber ein normal großes Gehäuse gewählt. Das sieht zwar etwas komisch aus, große Kamera an kleinem Objektiv, erscheint mir da aber etwas besser. Ein Grundproblem spiegelloser videotalentierter Kameras scheint zu sein, dass sie bauartbedingt keinen Phasen-, sondern einen Konstrastautofokus haben. Auch das ist nicht so der Brüller. Gute Objektive kosten dann auch soviel wie die großen.

Bemerkenswert war eine andere Beobachtung: Die Mehrzahl der Gäste waren Frauen. Ich habe das ja schon öfters beobachtet und beschrieben (und es hat mir auch ein Münchner Fotohändler mal bestätigt), dass mehr Frauen als Männer mit Spiegelreflexkameras (im unteren und mittleren Preissegment) und vergleichbaren Spiegellosen unterwegs sind. Sieht man auch auf Berlins Straßen.

Was mich zu der Frage bringt, ob die Kamera mit ihrer Größe, ihrem Gewicht, ihrer Zielgruppe und ihrem Preis als Frauenkamera entworfen wurde.

Nachtrag: Etwas komisch hat auch die Auswahl der Vorträge auf mich gewirkt. Ich habe die Vorträge zweier Fotografen gehört (und bei einem gedacht, warum fotografiert der junge Schnösel besser als ich? – vermutlich, weil er es hauptberuflich und nicht nur ab und zu macht) und beide mal so analytisch befragt, womit sie fotografieren. Beide fotografieren nicht mit Olympus (der eine Canon, der andere Mittelformat). Wirkt auf einer Olympus-Veranstaltung etwas seltsam.