Ansichten eines Informatikers

Kleber und die Antirassistendemonstration

Hadmut
14.8.2017 22:30

Stirnrunzeln über das ZDF und die Frage, ob wir von Kleber geleimt werden. [Nachtrag]

Dass Claus Kleber vom ZDF heute journal dazu neigt, kritiklos alles aufzutischen, was politisch in die ZDF-Linie passt, hatten wir ja schon öfters. Der wirkt auf mich längst wie ein Propaganda-Onkel, Glaubwürdigkeit konvergiert gegen Null.

Eben ist mir etwas störend aufgefallen, woran ich noch mit meiner Meinungsbildung beschäftigt bin, und deshalb den Eindruck habe, dass es sich Kleber mit seiner Meinung sehr, sehr einfach macht und wieder mal nur sein Weltbild hält.

Es geht um den Auto-Anschlag in Charlottesville, wo da ein Auto in die Menschenmenge bretterte (oder wie es auf Filmen aussah, auf ein anders Auto auffuhr, das da stand, und das in die Menge trieb). Eine tote Frau, viele Verletzte.

Dass mir an der Mediennummer etwas seltsam vorkommt, hatte ich schon geschrieben. Man schneidet das immer so hin, dass man nur die Szene mit dem Wagen sieht, der in die Menge fährt, aber nicht, was da vorher los war. Sowas kommt mir immer verdächtig vor, zumal es an manchen Stellen hieß, dass das vorher schon ziemlich heftig hin und her ging. Manche Leute schreiben (ich kann es nicht nachprüfen), dass die Rechten da immerhin eine zulässige und angemeldete Demonstration hatten, und von Antifa und Black-Lives-Matter ziemlich heftig angegriffen worden seien. Es seien viele Steine geflogen,

Ein Leser hatte mir einen Link auf diesen Artikel geschickt, wo jemand in Wort und verschiedenen Videos erklärt und zeigt, was da ablief. Politisch neutral ist das auch nicht, und das muss man natürlich auch mit Vorsicht und Distanz betrachten, aber: Es sind immerhin Videos und konkrete Informationen und nicht so ein Kleber-Blubber wie „Der Mörder und die Antirassismusdemonstranten“.

Die Situation auf den Videos (ich habe sie nur überflogen und nicht ganz gesehen) ist zwar jetzt nicht offene Schlägerei, aber schon sehr gereizt, und man sieht, dass die Rechten da schon provozierend aussahen, provozierend und aggressiv benommen haben sich aber zweifellos (nur oder auch oder irgendwo zwischendrin) diese Gegendemonstranten, und die waren da nicht zimperlich. Die haben die eigentlichen Demonstranten massiv unter Druck gesetzt.

Es heißt da außerdem, dass zunächst sehr viel Polizei da war, aber urplötzlich weg und nicht mehr zu sehen gewesen ist, als die Linken kamen, wie abgesprochen.

Also was mich angeht, mich würde das sehr interessieren, was da im Vorfeld passiert ist und wie es dazu kam. Und warum die Polizei auf einmal weg war, als die da aufeinanderprallten. Oder auch was es mit der Behauptung auf sich hat, die genehmigte Demonstration sei von der Polizei ohne Begründung verboten worden. Das stinkt alles so konstruiert. Und kam so zu passenden Zeitpunkt.

Was mir daran besonders Sorge bereitet:

Auf finsteren Social-Media-Kanälen findet man mehr und greifbarere Informationen, auch durch Videos, als in den „seriösen“ Nachrichten des ZDF. Da erfährt man gar nichts, bekommt nur die Meinung mitgeteilt, die man haben soll: Der Mörder und die Guten. Brutalität im Sekundenvideo.

Ich meine, da sind wir uns einig, sowas geht gar nicht, Leute umfahren ist nicht.

Aber gerade deshalb würde mich interessieren, was dazu geführt hat.

Vergleicht die Sache mal mit Anis Amri und dem LKW-Anschlag hier in Berlin. Keine voreiligen Schlüsse ziehen, bloß keine Muslime vorzeitig verdächtigen (auf der verlinkten Webseite wird ja auch mal die Frage aufgeworfen, warum man bei islamistischen Anschlägen niemals verallgemeinern und streng zwischen Islam und Islamismus unterscheidet, bei Rechten aber jeden Täter immer auf alle verallgemeinert, die nicht nachweislich links sind. Ich habe das schon erlebt, wie man hier in Berlin auf feministischen Hassveranstaltungen gepredigt hat, dass alle weißen Männer völlig identisch mit Anders Breivik denken und handeln würden, einfach aufgrund Geschlecht und Hautfarbe. Ein Entrinnen gäbe es nicht. Aber wehe dem, der einen islamistischen Attentäter zu früh verdächtigen würde.) Da hat man aber wochen- und monatelang gefragt, geforscht, suggeriert, dass es ja eigentlich die Polizei und nicht der Mörder am Steuer war, der Schuld hat, weil die es verpennt hatten, den richtig zu observieren und rechtzeitig abzuschieben.

Komischerweise stellt man diese Fragen bei Charlottesville nicht. Da wird dann nicht etwa gefragt, ob die Polizei was verbockt hat, oder ob da zwei Horden Bekloppter aufeinandergeprallt sind, oder ob die einen sich subjektiv im Recht und angegriffen fühlten. Oder wer da überhaupt demonstrieren durfte und wer zum Stören da war. Oder ob und – wenn ja – warum die Polizei plötzlich weg und nicht mehr zu sehen gewesen sei.

Ich weiß nicht, was in Charlottesville passiert ist.

Ich weiß aber, dass da eben in meinem Fernseher was übles passiert ist.

Irgendwie komme ich mir da immer stärker geleimt vor. Besonders von Kleber.

Nachtrag: Interessant, was SPIEGEL Online dazu bringt. Mit den Bildern und Schlagzeilen zeigen sie nur die Rechten, Ku-Klux-Klan mäßig. Auch die ganze Bilderreihe. Linke Gewalttäter werden nicht gezeigt. Dabei heißt es in den Bildunterschriften durchaus, dass dass es hier vorher schon zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Aus den Bildunterschriften:

Der Aufmarsch eskalierte, es kam zu Schlägereien. Rechtsextreme verschanzten sich hinter ihren Schilden, nachdem sie mit Gegendemonstranten aneinandergeraten waren. […] Die Situation ist bereits außer Kontrolle, als ein 20-jähriger Amerikaner mit seinem Wagen in eine Gruppe von Gegendemonstranten fährt.

Artikel und Bilder einerseits und Bildunterschriften andererseits passen nicht richtig zusammen.

Und dieses „Die Situation ist bereits außer Kontrolle…“ ist genau das, was mich interessieren würde. Aber anscheinend soll man das gar nicht erfahren.