Ansichten eines Informatikers

Sony schlägt Nikon

Hadmut
15.4.2017 0:44

Auch bitter.

Es ging gerade so eine Meldung herum, wonach Sony nach eigener Behauptung in den USA Nikon bei Vollformat-Kameras mit Wechselobjektiven von Platz 2 des Marktes verdrängt habe.

Das ist schon ein ziemlicher Hammer.

Denn das betrifft den Profi- und gehobenen Amateur-Markt, und da ist eigentlich Nikon der Platzhirsch. Die D5 ist eigentlich das Maß der Dinge bei dieser Sensorgröße.

Sony hatte ja damals Minolta übernommen, die das Geschäft als nicht mehr chancenlos und hoffnungslos hinter Canon und Nikon zurück aufgegeben und verkauft haben. Das war ja damals der Punkt, an dem ich von Minolta/Sony zu Nikon gewechselt bin.

Lange Zeit kam da von Sony nichts, und damals rieten mir alle Händler und Profi-Fotografen zu Nikon, weil die die deutlich besseren und zuverlässigeren Objektive hätten. Ich hatte mir damals beide, die Nikon D300s und die Canon EOS 5 (ich glaube, es war die 5er) kommen lassen, und mir gefiel vom Bedienkonzept und der Videofähigkeit die Canon besser, während mir die Nikon besser in der Hand lag und – wie mir die Fotografen sagten – die Objektive auch von Fremdherstellern auf Anhieb funktionierten.

Und ich war bisher mit Nikon (trotz des oft umständlichen und fehleranfälligen Bedienkonzeptes) sehr zufrieden. Das Zeug ist teuer, aber gut und vor allem sehr haltbar (was die Kosten relativiert).

Mit den kleinen Nikon-Kameras war ich dagegen nicht zufrieden (ich habe darüber gebloggt), das war viel Mist und vor allem von Marketingstrategen kaputtdefiniert.

Und man merkt eben doch, dass Nikon da auch kaum innovativ ist. Die Kameras der Profi-Schiene sind seit Jahren praktisch gleich (gut, daher auch alle gleich zu bedienen), es gibt immer ein paar Verbesserungenchen, nie wesentliche Upgrades, und man soll sich trotz der Haltbarkeit alle paar Jahre was Neues kaufen, um wieder halbwegs auf den Stand zu kommen. Das macht nicht wirklich Spaß. Richtig ist meines Erachtens aber, dass Canon die besseren Kameras, Nikon aber die besseren Objektive baut.

Es ging mal der Spruch um, dass Canon ein Kamerahersteller sei, der auch Objektive macht, während Nikon ein Objektivhersteller sei, der auch Kameras macht.

Sony galt da lange als nicht konkurrenzfähig, zu sehr auf Unterhaltungselektronik. Mittlerweile haben die sich aber etabliert, weil sie eben nicht in direkte Konkurrenz gegangen sind, sondern etwas neueres gebaut haben, nämlich konsequent auf Spiegellose gesetzt haben. Deren 7er Reihe und auch deren kleinere Modelle (6000, 6300, 6500) gelten als sehr gut, ich hatte mir schon die 6000er-Reihe angesehen, weil sie die hier mal günstig verkloppt haben, aber bei der Objektivauswahl hat’s mir nur so geschlottert. Zumal deutlich überteuert. Der Vorteil der handlichen kleinen 6000er-Serie ist dahin, wenn man doch nur wieder Riesen-Objektive kaufen und mitschleppen muss. Aber sie haben Nikon ja auch nur auf dem Vollvormat-Sektor überholt, und das dürfte den Profi-Bereich betreffen.

Ich habe in letzter Zeit einige Profis mit Sonys herumlaufen sehen. Die wirken viel kleiner, dünner, zierlicher als die Nikons (die Sonys meine ich, nicht die Profis).

Und da sehe ich bei Nikon den Nokia-Affekt (die Namensähnlichkeit ist erstaunlich). Überheblichkeit in Verbindung mit steifer Produktpalette und zuwenig Innovation, werden vom Außenseiter mit modernerer Technik überholt. Wobei ich, wie gesagt, das anhand der Kameras, nicht aber der Objektive nachvollziehen kann.

Inzwischen habe ich mir durchaus die Frage gestellt, ob ich mit Canon nicht doch besser dran gewesen wäre. So viele Profis haben Canon, dass die sooo schlecht ja nun auch nicht sein können, obwohl mir mehrere Händler und Fotografen damals sagten, dass eine neu gekaufte Nikon-Ausrüstung scharf ist, während Canon-Fotografen den ganzen neu gekauften Krempel erst mal zu Canon zum „Scharfmachen“ einschickten.

Was mich an der Sache nämlich wurmt (und was ein wesentlicher Grund für das Abrutschen von Nikon sein dürfte): Sowohl Canon, als auch Sony bieten auch sehr professionelle Videokameras an, die bis Fernseh-/Kino-Qualität gehen, und die mit Canon- oder Sony-Objektiven arbeiten können. Normalerweise geht eine kinofähige Videokameraausrüstung locker in die 50.000 bis Vielfaches, weil die normalen Kinoobjektive so extrem teuer sind. Kann man aber die Foto-Objektive an hochqualitativen Videokameras weiterverwenden, spart man natürlich massig Geld. Und beide, Canon und Sony, bieten mit ihrem M- und 6000er-System eben auch kleine, Reportagefähige Kameras an, mit denen man das normale Objektivsystem verwenden kann, die man also als Reservekamera mitnehmen kann.

Nikon hat da nichts.

Mit Nikon-Objektiven kann man gar nichts anfangen, außer sie an dicke, schwere Nikons (die Amateurmodelle mal weggelassen) zu stecken. Die können zwar inzwischen auch ganz ordentlich Videos, aber eben nicht in der Qualität einer Kino-Kamera. Und was Nikon an Kameras nicht liefert, gibt es nicht. Für Canon- und Sony-Objektive werden auch Kameras von Fremdherstellern angeboten.

Auch da die Vermessenheit von Nikon, sich auf den Fotomarkt zu konzentrieren und das Video-Gedöns der Konkurrenz zu überlassen. Der heutige Markt ist aber zunehmend ein Videomarkt. Mit Bilder verdient man nicht mehr. Mit Videos schon.

Ich habe zwischendurch sogar mit Micro-Four-Thirds geliebäugelt, weil deutlich kleiner und leichter (natürlich auch schlechter, als Alternative, nicht als Ersatz für meine Nikon), und es inzwischen doch einige Kamerahersteller gibt, die dafür herstellen, Blackmagic macht sogar eine ganze Reihe von Kameras in Fernseh- und Kinoqualität zu überschaubaren Preisen, die es auch mit Bajonett für Micro-Four-Thirds gibt.

Und da haben sie noch ein anderes Problem. Denn Canon und Sony stellen die Sensoren selbst her. Nikon nicht. Die kaufen sie meist von Sony. Und in dem Moment, in dem Nikon nicht mehr der größte Kunde ist, sondern sich Sony selbst ein größerer Kunde für Vollformat-Sensoren ist, ist Sony in der stärkeren Position und kann Nikon den Hahn ab- oder die Preise hochdrehen.

Irgendwie hat Nikon da den Markt verpasst und sich auf das Nebengleis manövriert.

Zu schade.