Ansichten eines Informatikers

Nee, ich bin nicht akut schlecht gelaunt – aber chronisch

Hadmut
15.4.2017 0:11

Ein Leser fragte gerade an, ob ich heute einen schlechten Tag hätte oder beim Aufstehen ausgerutscht wäre.

Mein Facebook-Artikel von vorhin (there is no free lunch) hätte komisch auf ihn gewirkt.

Nöh, ich bin nicht schlecht gelaunt oder da irgendwie akut sauer. Jedenfalls nicht heute.

Ich bin da aber chronisch nicht gut auf Facebook und so weiter zu sprechen. Mir geht diese permanente Kostenlos-Mentalität etwas auf den Wecker, weil die Leute immer meinen, sie bekommen jetzt alles und von jedem kostenlos. (Ist mir 2000 in Australien so aufgefallen, weil sie da wie die Bekloppten in den Internet-Cafes saßen und Hotmail droschen.)

Die Leute glauben immer, sie bekämen aus unerfindlichen Gründen etwas geschenkt, und Google, Facebook, Microsoft (ausgerechnet diese Geldmaschinen) hätten nichts besseres zu tun als ihnen kostenlos Dienste anzubieten, und merken dabei nicht, dass sie die Ware und nicht der Kunde sind.

Das Problem dabei ist, dass jeder seriöse Dienst von solchen Dumping-Methoden erdrückt wird. Ich war 1998 bis 2002 bei Xlink/KPNQwest, und wir haben da damals das Strato-Projekt gebaut, und damit (gezählt in Domains) damals ein Drittel des deutschen Internets im RZ. Wir haben damals im Rahmen des Bestellten und Bezahlten wirklich sehr gute Arbeit gemacht und uns da wirklich reingehängt und neue Ideen entwickelt, und effektiv (den Begriff gab’s damals noch nicht) das wohl erste Cloud-Computing in Europa entwickelt.

Nur: Wir konnten das halt nicht kostenlos machen, weil wir nicht groß genug waren, um das mit Quersubventionen reinzuholen, und weil hier eben Datenschutz gilt, das also als Geschäftsmodell wie in den USA nicht möglich wäre. Dazu kommen die höheren Lohn- und Sozialkosten, die höheren Auflagen, die höheren Miet- und Stromkosten und so weiter.

Die Leute wählen sich hier Regierungen, die Mindestlöhne, hohe Sozialabgaben, hohe Stromkosten, hohe Datenschutzanforderungen, hohe Arbeitsschutzauflagen usw. usw. usw. verlangen, und gehen dann mit ihrer Webseite in die USA, weil’s dort billiger ist, weil es dort diese Anforderungen nicht gibt.

Macht Euch mal klar, wieviele Leute politisch ständig für Arbeiterschutz und sowas stimmen und wählen und machen, Mindestlohn, Mütterrenten, Elternzeit, Ökostrom, Datenschutz, Sozialabgaben und sowas alles, und dann aber ihre Webpage bei Facebook in den USA haben. SPD, Grüne, Linke, Feministen alle ballern sie bei Facebook und Google und Twitter. Weil sie anderen hohe Kosten aufdrücken und hier alles immer teuerer machen und die Steuern ins Unendliche drehen, es aber selbst kostenlos haben wollen.

Wasser predigen, Wein saufen.

Bis dahin könnte man ja noch sagen, dass das eben die übliche Doppelmoral und Verlogenheit ist.

Aber dann kommen sie und beschweren sich, dass Facebook macht, was es will, und sich nicht für die nicht zahlende Luxuskundschaft reinhängt.

Das ist so wie kostenlos am fremden Buffet mitzufressen und sich dann zu beschweren, dass es einem nicht schmeckt, während die Köche pleite gehen, weil keiner mehr zahlen will.

Ich halte die Zensur-Nummer zwar für sehr übel, aber mein Mitleid mit der Schafherde hält sich da auch in Grenzen. Sorry, aber so isses.

Oder um es mit einem anderen Sprichwort aus dem Englischen zu sagen: You get what you pay for.