Ansichten eines Informatikers

Die Versumpfung des Chaos Computer Clubs

Hadmut
30.12.2016 19:22

Es ist eigentlich traurig.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass meine Sympathien für den CCC in überschaubaren Grenzen bleiben. Ich bin zwar mal von jemand aus der CCC-Prominenz zu einem Kongress „eingeladen” worden (nicht finanziell, sondern im Sinne von „komm doch mal”), aber nach der faulen Nummer damals mit der Eintrittskarte und dann die Sache mit den „creeper move cards” hatte ich dann noch viel weniger Lust als schon zuvor, da hinzufahren. Zumal es mir Geld und Urlaubszeit nicht wert wäre.

Nichtsdestotrotz schaue ich jedes Jahr einige der Vorträge im Download. Ab und zu sind da schon gute Vorträge vorbei, aber die schaut man offline sicherlich besser und angenehmer als vor Ort. Zudem mag ich Menschenmengen nicht.

Ich schaue mir auch schlechte Vorträge an.

Erstens, weil ich ja erst hinterher weiß, ob sie schlecht waren. Zweitens, um eine fundierte Meinung zu haben und nicht den Fehler zu machen, den so viele zu machen, das schlecht zu finden, was man nicht kennt. Ich gehe ja auch auf politische Veranstaltungen von Parteien und Feministen, obwohl ich die nicht mag. Um jedesmal zu verifizieren und aufzufrischen, warum ich die nicht mag.

Diesesmal juckt mich der Download eigentlich gar nicht.

Ein Grund ist technischer Natur, das Life-Streaming hat diesmal deutlich besser funktioniert. Was auch daran lag, dass ich diesmal dafür zum ersten mal OSMC auf einem Raspberry Pi 3 an großen Wohnzimmerfernseher verwendet habe. Das lief wirklich gut. Kann ich sehr empfehlen. (Ich hatte das schon mal auf einem Pi 1 verwendet, da ist es aber doch sehr träge, aber auf einem 3er läuft’s sehr gut.)

Der Hauptgrund ist aber, dass das Niveau immer weiter absinkt. Das ist einfach immer flacher.

Das hat zwei Gründe:

  • Die technischen Vorträge, jedenfalls die, die ich mir mal rausgepickt habe, sind nur teilweise substanzhaltig gewesen. Bei manchen war der Vortrag vorbei als ich mich immer noch fragte, wann sie denn zur Sache kommen. Der Anteil der Sprecher, die zu ihrem Vortragsthema tatsächlich was zu sagen haben, sinkt.

    Oder vielleicht auch andersherum, vielleicht sinkt insgesamt die Zahl der eingereichten Vorträge, während der Fahrplan gleich groß bleibt, somit also die Auswahlanforderungen immer weiter sinken müssen.

  • Der CCC entfernt sich immer weiter von seinem eigentlichen Thema und verlagert sich immer stärker zu einer verkappten Partei- und Politveranstaltung. Das hat immer weniger mit Computer, Netzen, IT zu tun, oft gar nichts mehr, und dient nur noch dem Umrühren und Einüben politisch korrekter, stramm linker Sichtweisen.

Und ich habe den starken Eindruck, dass das in Wirklichkeit gar nicht zwei, sondern nur ein Grund ist, dass die stark miteinander zusammenhängen und nur die zwei Seiten derselben Münze sind. Je weniger Leute fachlich kompetent sind, desto weniger sind sie auch in der Lage, sich des politischen Standard-Geschwafels zu enthalten. Das ist irgendwie komplementär zu Sachkunde und Kompetenz. Klar, was soll man auch sonst sagen, wenn einem dazu nichts einfällt.

Ich habe mir gerade im Download den Vortrag von Martin Haase angeguckt, der ja jährlich über Sprache redet.

In den früheren Jahren war dem ja schon ein politischer Drall anzumerken, aber immerhin hatte das noch gewisse Substanz, eine Aussage.

Der Vortrag von diesem Jahr war aber nur noch Unsinn, da ging’s nur noch um Bebashe auf „rechts”. Das an sich wäre ja zwar lächerlich, aber noch auszuhalten, wenn es wenigstens begründet wäre. Aber das ist ja nur noch Propaganda und Käse, was der da erzählt. Und ich habe mich schon gewundert, dass das Publikum (das sich ja selbst für so kritisch und aluhutorientiert hält) das so einfach hinnimmt. Bei den Publikumsfragen kamen aber doch kritische Fragen und Hinweise, einer sagte beispielsweise, dass ein Begriff zuerst vm Cem Özdemir und nicht von Rechten verwendet worden sei. Ein anderer hält ihm vor, dass „postfaktisch” ursprünglich eine Kritik an einem Politikstil war, und nicht auf Rechte gemünzt war. Einige wenige merken also schon, dass Haase da einfach Propaganda-Schrott erzählt.

Zudem müsste man objektiverweise dann, wenn man irgendwelche Rhetoriken aufzeigt, auch die aufzeigen, die sie hauptsächlich und vornehmlich verwenden, und das wären vor allem linke Politikbereiche. Macht er aber (fast) nicht, nur hauchdünn am Rande.

Das ist so richtig übel, dem müsste man mal richtig Kontra geben. Lohnt aber Mühe, Zeit und Geld nicht, die das kosten würde. Haase ist für mich gerade ein wandelndes Symptom für die politische Versumpfung des CCC. Sind aber auch andere.

Zeigt aber vor allem, was für eine Giftbrühe diese political correctness ist und wie sie in alle Ecken und Ritzen kriecht und alles durchtränkt.

Wenn man wenigstens offen sagen würde, dass man jetzt von Computern und Internet auf Politik umschwenkt und parteinah ist, aber mir geht bei sowas vor allem auf den Wecker, wenn man sich als etwas ganz anderes ausgibt und dann so unterschwellig dem Publikum Politik unterjubelt.