Ansichten eines Informatikers

Noch ne Trump-Presseschau

Hadmut
14.11.2016 21:41

Erstaunlich, wie sich manches Redaktionsfähnchen wendet:

Sogar in der ARD warnt inzwischen einer vor der „unerträglichen Arroganz”, die Wahlergebnisse mit der „Dummheit der Bürger” zu erklären.

Bei SPIEGEL lässt man Fleischhauer schreiben, dass die Tatsache, dass Trump eben auch von vielen Frauen gewählt wurde, zeigt, dass der Feminismus am Ende ist und viele Frauen stocksauer auf den Mist sind.

Der moderne Feminismus behauptet nur, die Mehrheit der Frauen zu repräsentieren. Tatsächlich hat er Mühe, aus dem Seminarraum herauszufinden. Schon der Jargon der Protagonistinnen verrät, dass hier Leute den Ton angeben, deren Lebensplanung von einem drittmittelgeförderten Projekt zum nächsten reicht.

Nicht nur der Feminismus ist laut SPIEGEL am Ende, laut FOCUS ist auch der „bevormundende Journalismus am Ende”. Wobei ich den Begriff und die Kategorisierung „bevormundender Journalismus” überaus treffend und bezeichnend finde.

Es schien ein ehernes Gesetz: Je stärker sich die Medienlandschaft zersplittert, desto verbissener kämpft die Meinungselite um ihr Revier. Wo Aufmerksamkeit ein rares Gut ist, müssen die Deutungsanbieter ins schrille, ins maßregelnde Fach greifen, um gehört zu werden. So erklärte der damalige „Tagesthemen“-Moderator Thomas Roth am 7. August 2015 sichtbar angewidert: „Dieser Herr mit dem Namen Donald Trump, Immobilienmilliardär und rücksichtsloser Superkapitalist,“ werde es „am Ende nicht schaffen, zum Präsidentschaftskandidaten der republikanischen Partei ernannt zu werden.“ Außer „Verbalknallern“ habe das „Riesenego Trump“ nichts zu bieten. Der Schweizer „Tages-Anzeiger“ hatte zuvor, im Einklang mit fast allen Konkurrenzprodukten, verkündet, „Trump wird niemals Präsident, er hat nicht mal Außenseiterchancen wie Ross Perot 1992.“

Im Januar 2016 hielt „Die Zeit“ knapp und überzeugt fest, „Trump wird’s nicht“. Caren Miosga erklärte noch im Oktober 2016 in den „Tagesthemen“, Trumps gesamte Strategie bestehe darin, „schamlos und verächtlich zu sein“. Doch es sehe glücklicherweise „gar nicht mehr danach aus“, als könnte dieser „möglicherweise Größenwahnsinnige“ je „die Geschicke des noch immer mächtigsten Landes der Welt leiten“. Nach der letzten TV-Debatte, die Trump entgegen der kritiklos übernommenen Umfrage unter traditionell republikanerkritischen CNN-Zuschauern nicht verloren hatte, titelte „Die Welt“, nun sei das Spiel für Trump vorbei. Nach Trumps Sieg wurde bei „faz.net“ der Ausgang einer demokratischen Wahl als „Unfall“ desavouiert, während eine extrem linke „Tageszeitung“ sich zu der menschenverachtenden Schlagzeile hinreißen ließ, mit Trump habe ein „Horrorclown“ gewonnen. Zuvor hatte sie ihn bereits einen „unfähigen Idioten“ gescholten. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, es stand ja fast überall dasselbe.

In allen Fällen galt das bevormundende Motto: Was nicht sein darf, das nicht sein kann – und nicht sein durfte natürlich eine Wahl, die sich außerhalb des Korridors linksliberaler Konventionen und Sprachregelungen vollzog. Stunde um Stunde ging, einer Kanonade gleich, das Trommelfeuer der Einheitsmeinung auf die Mediennutzer nieder. Dazu bedurfte es keiner Absprachen oder Anweisungen. Die „Tyrannei der vorherrschenden Meinungen und Gefühle“ (John Stuart Mill) organisiert sich in homogenen Milieus selbsttätig. Wir treten nun in die letzte Phase eines solchen Kathederjournalismus ein, es wird zu finalen Überbietungswettbewerben und Ausgrenzungsstrategien kommen. Im Abgang will das deklassierte Feld die verlorene Macht herbeizwingen. So wird es seinen Untergang beschleunigen. Der „Verlust an Amtsmacht, Meinungsmacht, Glaubensmacht“, wie es der Soziologe und Schriftsteller Wolfgang Sofsky beschrieben hat, ist unumkehrbar. Er trifft die Deuter wie die Verwalter der Macht gleichermaßen.

Man hätte das alles eigentlich sammeln und hübsch zusammenstellen müssen, damit man das nicht nur in solchen Einzelfetzen hat.

Man müsste das eigentlich in den Schulen als „Medienkompetenz” lehren, was uns die Medien für einen Mist erzählt haben.