Ansichten eines Informatikers

Zweierlei Maß und ein gefälschter Brief beim #ZDF

Hadmut
21.5.2016 10:49

Mmmh. Auch wenn’s keine Gegensatire war, es zeigt doch, dass man beim ZDF mal wieder mit zweierlei Maß misst: Für sie selbst gelten andere Maßstäbe als für andere. [Nachtrag 3]

Gestern machten mich einige Leser darauf aufmerksam, dass die ZDF-Beleidigtseinsbeauftragte Dunja Hayali mal wieder mit so einer Beleidgtseins-Aufschrei-Nummer hausieren geht. Irgendwer hätte ihr nen dämlichen Hass-Brief geschrieben, und daraus macht sie gerade wieder ein Drama. Macht einen auf Anne Wizorek. Und die blöde Presse spielt das alles gleich wieder mit.

Eigentlich wollte ich darauf nicht eingehen, haben den angeblichen Schmähbrief auch nicht gelesen, den sie da auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht.

Erstens, weil mir die Frau ohnehin auf die Nerven geht. Das ist an sich nicht weiter tragisch, weil sie normalerweise in Sendungen wie dem Morgenmagazin bleibt, die ich ohnehin niemals sehe (außer auf Dienstreisen im Hotelzimmer, wo es kein Radio gibt und mir der Fernseher als Morgen-Radio-Ersatz herhalten muss) und die den unteren Bevölkerungsschichten gewidmet sind, die sich schon morgens auf den Hartz-IV-Tag vor dem Fernseher einrichten. Neulich kam sie mit ihrer Suche nach der Religion aber im Abendprogramm, und ich habe nichtsahnend zufällig reingeschaltet. Das wirkte alles so dämlich, so oberflächlich, so demonstrativ-naiv auf mich. Und eben nicht nur auf mich, auch andere fanden es unglaublich banal. Unterschichten-TV mit primitiven emotionalisiertem Weltbild. Schrecklich.

Deshalb hat es mich zweitens auch nicht interessiert. Wirkte auf mich wie Aufmerksamkeitsgeheische einer drittklassigen Nischenmoderatorin, die im Frühstücksfernsehen gestrandet ist und ins Abendprogramm wollte. Und die man probeweise ins Abendprogramm gelassen hatte, die dort aber nur Frühstücksfernsehen abends gesendet hat. Werde ich nie verstehen, warum man solche Leute mit Zwangsgebühren bezahlen muss. Im Privatfernsehen, OK, soll ansehen, wer will, und bezahlen, wer will. Aber was solche Leute im öffentlich rechtlichen Zwangsfernsehen verloren haben?

Drittens weil ich diese Beleidigtseinsnummer für Fake halte.

Ich hege längst den starken Verdacht, dass gerade die, die sich so über Hass-Mails echauffieren, vor allem die, die inhaltlich gar nichts anderes zu bieten haben als ständig Opfer zu sein, sich die Dinger selbst schreiben. Vergleichbar dem Phänomen, dass Feuerwehrleute selbst Häuser anzünden um sie dann zu löschen. Zumal diese Opfer-Sirenen auf mich ja nun allesamt nicht den psychisch gesündesten Eindruck machen, aber sich alle wichtig machen wollen und beruflich davon leben, im Gespräch zu sein und zu bleiben. Zudem treiben sich in der Opferszene zu viele „Medienberater” und Agenturen herum, und zu oft hat man die bei Manipulationen der Medien und Social Media erwischt. Ich habe schon häufig den Verdacht geäußert, dass viele dieser „Hasskommentare” in Wirklichkeit False-Flag-Operationen sind und von links kommen, um die Sache künstlich zu eskalieren und einen rechts-links-Konflikt zu konstruieren. Die berühmte Frage cui bono deutet da eigentlich immer auf die Empfänger, nicht die Absender. Deshalb habe ich inzwischen die Vermutung, dass ein gewisser Anteil dieser Hate-Mails Fake sind. Politische Propaganda.

Dazu kommt, dass es auch Fälle gibt, in denen sie einfach falsch zitiert werden. Aus dem Zusammenhang gerissen. Zusammengestückelt. Erklärende oder inhaltliche Aussagen weggelassen.

Und auch in der Darstellung falsch präsentiert. Es ist ein Riesen-Unterschied, ob man sagt, man hat diese Woche 3 Hate-Mails bekommen, oder man sagt, man hat diese Woche 1000 Mails bekommen, und davon waren 3 Hatemails.

Ich habe in den 10 Jahren meines Bloggens auch Hate-Mails und üble Beschimpfungen bekommen. Habe sie nicht gezählt, aber es werden weniger als 10 gewesen sein. Schrecklich? Nein, gar nicht. Relativiert sich nämlich ins nichts, wenn zum Vergleich gegenüberstellt, dass ich täglich bis zu zwei, drei Tausend Spam-Sendungen/Kommentare (oder vom Server abgelehnte Versuche) bekomme und im selben Zeitraum sicherlich mehrere hunderttausend überaus nette, freundliche, informative Leserzuschriften bekommen habe. Es ist ein Riesen-Unterschied ob man schreibt, Oh Gottogott, seht doch, schon wieder ein Hassbrief! Wie ich leide!, oder ob man sagt, dass von 200.000 Zuschriften gerade mal 10 Hassmails waren, an die ich mich nicht mal mehr erinnern kann, und die mich nicht mal entfernt kratzen.

(Wobei ich allerdings einräumen muss, dass ich im Gegensatz zu diesen Opferkrähen ja einen permanenten dicken Zufluss an freundlichen, informativen, lobenden Zuschriften zum Ausgleich und Verdünnen habe.)

Wie auch immer, ich habe das aktuelle Gezeter der Dunja Hayali unter irrelevantem Rauschen abgelegt, sprich: ignoriert.

Nun hat mich aber ein Leser auf einen anderen Gedanken gebracht, der mir – zugegeben – dabei nicht gekommen ist. Vielleicht gekommen wäre, wenn ich den Brief denn gelesen hätte, habe ich aber nicht.

Der Leser meint, der Brief sei eine satirische Wiederholung des Böhmermann-Gedichts um die zweierlei Maß des ZDF zu demonstrieren.

Jetzt habe ich mir das doch mal angesehen:

  • Nein, das Böhmermann-Gedicht erkenne ich darin nicht wieder. Außer der Ziege kommt darin eigentlich nichts gemeinsames vor.

  • Der Brief wirkt auf mich aber wie eine Fälschung, als ob jemand die vielen dummen Schreibfehler ganz absichtlich reingesetzt hat.

    Die ganze Aufmachung des Briefes, der Briefkopf, die Anschrift, die Adresse, der Blocksatz, die Computernutzung, die Schriftart, die Absätze, der Satzbau, die Nebensetze, die Konjugation und Deklination, die Nennung von Lawrence von Arabien, das PS:, und noch der gefälschte Merkel-Ausweis, zeigt für mich sehr deutlich, dass das jemand geschrieben haben muss, der sehr häufig Briefe schreibt und darin sehr geübt ist. Das hat jemand geschrieben, der sehr oft Briefe schreibt, der schriftgewandt ist, der Übung mit der Textverarbeitung im Computer hat, und der sehr wohl formulieren kann. Das passt überhaupt nicht zu den absurden Schreibfehlern. Die sind da künstlich reingesetzt.

  • Mir fällt vor allem auf, dass der angebliche Hate-Mailer jedenfalls besser deutsch kann als Dunja Hayali. Denn er schrieb „betritt die Toilette bitte…”, was Hayali zu „betrete…” korrigierte.

    Betritt ist aber ein zwar etwas altmodisches, aber korrektes Deutsch, Imperativ Singular. Siehe beispielsweise hier.

    So reden aber keine Unterschichten. Das ist gehobenes Deutsch einer etwas älteren Person mit guten sprachlichen Fähigkeiten. Wer so deutsch kann, dass er „Betritt bitte” schreibt, der macht die anderen Fehler nicht. (Seltsam allerdings, dass es in dem Brief dann „Lese” und nicht „Lies” heißt, was für mich darauf hindeutet, dass der Brief nicht von einer einzelnen Person verfasst wurde.)

  • Wer, der so schreibt, würde jemanden auffordern, „den SPIEGEL vom 19. März 2016” zu lesen?

    Gut, dass das Niveau des SPIEGELs und seiner Leserschaft dramatisch abstürzt, wissen wir, aber so schlimm ist es noch nicht, dass dieser Brief und die Lektüre des SPIEGELs zusammenpassen würden. Auch die Formulierung des Datums mit ausgeschriebenem Monat passt überhaupt nicht zum Textstil.

  • Ebenfalls faul kommt mir an dem Brief vor, dass das intellektuelle inhaltliche Niveau solche Wellen schlägt. Einerseits werden Namen wie Bellut und Slomka genannt, die den Unterschichten nicht so bekannt sein dürften, auf den SPIEGEL verwiesen, Lawrence von Arabien, AfD. Und dann wieder Fäkalsprache, Damenbinden. Das wirkt auf mich sehr künstlich und vorgetäuscht.
  • Der Brief ist mit dem beigefügten Ausweis exakt zwei Seiten lang. Sowas gewöhnen sich Leute an, die oft förmliche Briefe im Geschäftsverkehr schreiben. Laien machen das nicht so. Und würden schon gar nicht den Brief unten auch noch an den beigefügten Ausweis anpassen.

Also für mich ist dieser Brief nicht echt. Das haben nach meiner Einschätzung mindestens zwei Personen geschrieben, eine etwas älter, die andere etwas jünger, die gut deutsch können, mittelprächtig gebildet sind, und die wenigstens ab und zu förmliche Briefe schreiben. Die haben den dann mit Schmähungen aufgefüllt, bis die Länge stimmte.

Keine Ahnung, was dahinter steckt, false flag, Satire, Provokation, Bachelor-Arbeit irgendeiner durchgeknallten Hochschule, gespaltene Persönlichkeiten, was auch immer.

Aber auch dann, wenn es keine Satire ist, hat es einen satirischen Effekt: Es zeigt nämlich die Doppelmoral beim ZDF.

Denn sprachlich ist das nicht weit weg von Böhmermanns Gedicht.

Wenn aber einer vom ZDF sowas über andere schreibt, wird das beim ZDF so ganz anders bewertet als wenn jemand anderes sowas über jemanden vom ZDF schreibt.

Nachtrag: Bezüglich der einschlägig bekannten Hate-Mail-Empfängerinnen und -gewerblich-Verwerterinnen sei daran erinnert, dass der Empfang von „Hassbotschaften” inzwischen ein eigener lukrativer Beruf ist und vor allem von Frauen ausgeübt wird, die sonst nichts können und notorisch die Öffentlichkeit suchen. Denn komischerweise scheinen gerade die so viel mehr Hass-Botschaften zu bekommen als der Rest der Welt. Wir hatten ja neulich den Fall, dass Anne Helm für ihre Vorträge versucht hat, mich zu provozieren und Hass-Kommentare zu melken. Und die Hass-Melkerin Anne Wizorek war ja neulich damit nicht nur im heute Journal, sondern ist auch durch das Morgenmagazin getourt.

Ist doch seltsam, dass sich die Hassmails gerade da kondensieren, wo sich die Berufsopfer versammelt haben.

Nachtrag 2: Für eine False-Flag-Fälschung sprechen auch diese übertriebene Fehlerhaftigkeit und das Herausstellen der Korrektur.

Denn ein ständig wiederkehrendes Narrativ von links-gegen-rechts ist, alle Rechtsradikalen oder überhaupt einfach jeden, der nicht Mainstream denkt, als ungebildeten Höhlenmenschen darzustellen. Daran erkennt man die Fälschungen, wenn demonstrativ rechts mit demonstrativ dumm in so übertriebender Weise gemischt wird, so diese „Nur aufgrund von Dummheit kann man anderer Meinung sein als wir”-Rabulistik.

Bemerkenswerterweise sind die linken Texte und Selbstbezichtigungsschreiben auf linken Webseiten nach irgendwelchen Brandanschlägen auch nicht in wesentlich besserem Deutsch verfasst, doch stellt man es da seltsamerweise nie heraus. Ich könnte mich nicht erinnern, dass jemals jemand solche Schreiben mit Schreibfehlerkorrektur veröffentlicht hat.

Stinkt alles gewaltig.

Nachtrag 3: Ein Leser hat mich noch auf zwei weitere Punkte hingewiesen:

In einem Schreiben „du” klein zu schreiben, ist kein Fehler, sondern zulässig. Stimmt, das war mir auch aufgefallen, habe es aber beim Schreiben des Artikels nicht mehr beachtet und vergessen, weil daraus nicht wirklich etwas folgt (oder?). Es bleibt aber wesentlich weniger rot übrig, wenn man diese angestrichenen „Fehler” alle weglässt.

Insgesamt lässt sich aber konstatieren, dass das Deutsch von Hayali jetzt auch nicht so gut ist, wie es bei einer Journalistin sein soll. Gut, im Fernsehen kommt’s nicht so drauf an, aber wer im Glashaus sitzt…

Außerdem – und das hatte ich wirklich übersehen – spricht der Verfasser des Textes Hayali zuerst mit „Sie” und dann mit „Du” an, was ebenfalls dafür spricht, dass der Text von mehreren Personen verfasst ist (allerdings auch, das muss man ebenfalls sehen, eine Ursache darin finden könnte, dass sich da jemand reingesteigert hat und der Ton eskaliert ist).