Ansichten eines Informatikers

Das Bundesverfassungsgericht zur Freiheit der Meinung, vergewaltigt worden zu sein

Hadmut
30.4.2016 0:14

Heute haben mich viele Leute auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen.

Unter 1 BvR 2844/13 (Pressemitteilung und Beschluss) hat das Bundesverfassungsgericht über einen Streitfall entschieden, in dem eine Frau einen Mann der Vergewaltigung beschuldigt hat, der aber freigesprochen wurde, weil man da nichts fand, woraufhin der Mann ob der falschen Beschuldigung sauer war und sich entsprechend öffentlich geäußert hat, woraufhin die Frau ihrerseits öffentlich nachgetreten und sinngemäß unter anderem behauptet hat, dass wer ihn und sie kenne, wisse, dass die Vergewaltigung nicht erfunden sei.

Das Gericht erwähnt zwar nicht, um welchen Fall es geht, aber wer sich das durchliest und die Presse verfolgt hat, weiß worum es geht. Wieviele Beschuldigungen der Vergewaltigung mit Freispruch gingen schon so breit durch die Presse?

Der Mann klagte gegen die Frau auf Unterlassung der Behauptung, denn er sei ja freigesprochen worden. Ein Gericht untersagte ihr das. Da Bundesverfassungsgericht hob das auf und entschied, dass die Behauptung durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Denn gerade weil es da nicht zu klären war, ob es eine Vergewaltigung gegeben habe, sie nicht beweisbar war, aber auch nicht sicher widerlegt werden konnte, falle das alles in den Bereich der Meinungsfreiheit.

Viele Leser wiesen mich nun deshalb darauf hin, weil die Brachialfeministin Susanne Baer daran mitgewirkt hat. Es passt ja nun sehr genau in deren feministisches Feindbild, und obendrein noch zu ihrer Dissertation, die sich um amerikanisches Recht und deren Umgang mit Belästigung und Vergewaltigung vor Gericht geht, und um die Forderung, dass man Frauen doch einfach unter Verzicht auf irgendwelche Nachweise, Beweislast und Unschuldsvermutung einfach so glauben müsse. Mit dem Ergebnis, dass jede beliebige Frau jeden beliebigen Mann ins Gefängnis stecken lassen kann, weil es ja nicht mehr bewiesen werden muss, sondern die Vorgabe ist, der Frau einfach aufgrund ihres Geschlechts blind zu glauben – und Männer quasi ohne Gegenwehr und Schutz zu verdonnern.

Da scheint diese Entscheidung genau reinzupassen. So nach dem Motto: Wenn’s schon mit der Verurteilung nicht funktioniert hat, muss wenigstens noch Rufmord und öffentliche Diffamierung drin sein.

Viele Leser meinten, da habe Baer mal wieder durchgedreht und feministischen Ideologiekäse durchgedrückt.

Sorry, aber auf mich wirkt das etwas anders.

Natürlich hat das ein gewisses Baer-Aroma, wenn man der Frau erlaubt, den Mann beliebig zu beschimpfen, egal ob es stimmt oder nicht.

Und sicherlich wird sie dagegen nichts gehabt zu haben, das wird ihr gefallen haben.

Aber ich glaube nicht, dass sie ernstlich juristisch daran mitgearbeitet hat. Aus folgenden Gründen:

  1. Die unterschreiben zwar zu dritt, aber wie an vielen anderen Gerichten auch ist einer der Berichterstatter und damit der Richter, der sich um den Fall kümmert, während die anderen beiden mehr oder weniger blind unterschreiben, sich Arbeit sparen und dafür im Gegenzug auch von den anderen Blindunterschriften bekommen.

    Wer Berichterstatter war, steht zwar nicht dran, aber zweifelos war das der Richter Masing, denn er ist für Meinungsfreiheit zuständig und äußert sich auch oft dazu. Der war Berichterstatter. Die anderen beiden haben sich vermutlich überhaupt nicht damit befasst. Auch wenn es ein persönliches Hauptthema von Baer ist, ist es nicht ihre richterliche Zuständigkeit, und dort legt man großen Wert darauf, sich nicht ins Gehege zu kommen. Insofern ein Hohn, wenn sie von einer Kammer sprechen, denn faktisch ist man vor dem Einzelrichter und die anderen beiden meckern nur, wenn ihnen politisch was nicht passt.

  2. Es passt nicht zu Baers Duktus. Baer schreibt und denkt völlig anders, die ist auf diesem Trip, sich alles durch „Gerechtigkeit” zu ihrem Weltbild zusammenzuschwafeln. Es passt aber zu früheren Urteilen und Standpunkten von Masing.
  3. Ich sage es mal frei heraus: Nach dem Eindruck, den Baers Schriften bei mir hinterlassen haben, halte ich sie schlichtweg für zu doof, an einer solchen Entscheidung mitzuwirken. In den Texten, die ich von ihr gelesen habe, hätte ich nie einen juristischen Gedankengang entdeckt, sondern immer nur solches Gerechtigkeitsgefasel um Artikel 3 herum. Ich hätte bisher nichts gesehen was erkennen ließe, dass sie sich jemals mit anderen Grundrechten befasst oder sie gar verstanden hätte.

    Art. 5 GG liegt meiner Einschätzung nach einfach außerhalb ihres Horizontes. Die Sache mit der Wissenschaftsfreiheit (auch Art. 5) hat sie ja auch nicht verstanden, von anderen wie 12 oder 33 ganz zu schweigen.

  4. Wenn man die Entscheidung genau liest, merkt man – und das haben viele, die mir geschrieben haben, nicht bemerkt – dass die Kammer die Meinungsäußerung hier nicht etwa erlaubt hat. Es hat nicht gesagt, dass sie das darf.

    Die Entscheidung sagt nur, dass das Gerichtsverfahren in seiner Vorgehensweise und Abwägung ihre Rechte verletzt, und deshalb das Urteil zwar aufgehoben wird, aber die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen wird. Es kann durchaus sein, dass das OLG damit erneut die Äußerung verbietet, nur mit anderer Begründung.

    Das passt überhaupt nicht zu Baer. Die würde das niemals offenlassen. Zudem geht es hier nicht nur um materielles Recht, sondern auch um Verfahrensrecht. Und zum Thema Verfahrensrecht habe ich von Baer bisher auch kein Wort gesehen, das scheint bei ihr gar nicht vorzukommen, das scheint für sie gar nicht zu existieren.

Meiner Einschätzung nach stammt die Entscheidung in Inhalt, Wortwahl und Intention klar von Masing.

Allerdings möglicherweise schon zugunsten Baers feministischem Standpunkt, denn die Entscheidung enhält Denk- und Rechtsfehler, die mir bei Masing bisher so nicht aufgefallen wären.

Denn in der Entscheidung wird festgestellt, dass die Tasachenbehauptung nicht erwiesen wahr ist. Die Beweislast für Tatsachenbehauptungen liegt aber immer bei dem, der sie behauptet. Man hat schon dann einen Unterlassungsanspruch, wenn sie nicht bewiesen wahr ist. Und hier gab es ja sogar ein großes Strafrechtsurteil mit intensiver Pressebeleuchtung, das feststellte, dass da nichts bewiesen ist. Also darf man es nach dem Gesetz auch nicht behaupten bzw. es gibt einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch.

Allerdings ist es auch so, dass man in eigener Sache und zur Verteidigung eigener Rechte durchaus sehr viel mehr sagen darf als sonst. Und das BVerfG und das OLG haben ja auch beide festgestellt, dass die Äußerungen in direktem Zusammenhang mit einer Streitsache stehen.

Da die Sache ja auch inhaltlich-materiell nicht endentschieden, sondern zurückverwiesen wurde, zeigt ebenfalls, dass man die Sache nicht zu hoch hängen sollte, denn es bleibt offen, was am Ende herauskommt.

Was mich allerdings an der Sache – wie auch an vielen anderen – massiv stört ist der Umstand, dass das – angeblich so überlastete – Bundesverfassungsgericht immer öfter in wirklich wichtigen Fällen nicht entscheidet, aber sich immer wieder um solchen Firlefanz, Kleinkram und atypische Einzelfälle kümmert.

Es zeigt auf jeden Fall, dass das längst zum absurden Operettengericht geworden ist.

Ich habe immer wieder den Eindruck, dass die nur noch entscheiden, was sie leicht unterhält und wo sie ihre Steckenpferde reiten können oder sie in ihrem politischen Gestaltungswillen irgendwie kitzelt.

Ein Gericht, dass aber wichtigeres liegen lässt, sich mit solchem Killefit befasst und dann beklagt, überlastet zu sein, das ist degeneriert und dysfunktional.

Dazu fällt auch auf, wie häufig sie Sachen entscheiden, die schon so oft entschieden wurden, sich aber an Anspruchsvolles nicht mehr trauen. Meistens erschöpfen sie sich nur noch ein Eigenplagiaten.