Ansichten eines Informatikers

Zur Zukunft der Flugzeug- und Flughafensicherheit

Hadmut
29.12.2009 22:45

Warum die Strategie von Al-Qaida ziemlich dumm ist.

Oft und gern schreibe ich hier über meine Beobachtungen zur Sicherheit am Flughafen, also zum Status Quo. Diesmal wage ich eine Prognose in die Zukunft.

Viel wird diskutiert über den jüngsten Versuch eines Anschlags auf ein US-amerikanisches Flugzeug. Ein Mann aus Nigeria hat auf seltsame Weise versucht, sein Bein und damit das ihn umgebende Flugzeug in die Luft zu sprengen. Gerüchteweise war zu lesen, daß er den Sprengstoff in der Unterhose eingeschmuggelt hat, in der Toilette dann umgepackt und am Sitz unter der Decke dann zu zünden versucht hat. Man betrachtet nun das Für und Wider der Einführung dieser „Nacktscanner”, die Durchsuchungen will man intensivieren (was nichts bringt, weil man in den Körperhöhlen und -öffnungen genug Sprengstoff mitführen kann, um seinen Arsch im wahrsten Sinne des Wortes in die Luft zu sprengen), und wie ich heute irgendwo gelesen habe, fängt man (ich glaube, es war Kanada) an, das erlaubte Bordgepäck drastisch zu reduzieren. Was ich übrigens für eine gute Idee halte. Denn seit Jahren beobachte ich, daß die Leute immer mehr Krempel in das Flugzeug mitnehmen, ganz Koffer da reinschleppen, und die Fluglinien im scharfen Wettbewerb nicht mehr wie früher den Leuten übergroßes Gepäck abnehmen, sondern sie einfach alles reinschleppen lassen. Ist außerdem billiger für die Fluglinien. Billig und Wettbewerb geht vor sicher. Ich habe mal nach einem Inlandsflug den Kapitän gefragt, warum man neuerdings soviel Krempel in der Kabine zulässt. Die Notwasserung von New York habe doch gezeigt wie wichtig es sei, im Katastrophenfall schnell und ungehindert aus dem Flugzeug zu kommen. Oh, meinte der, ich hätte völlig Recht, aber ich sei in seiner langen Karriere der erste Passagier, der sich so herum beschwert. Alle anderen würden sich darüber beschweren, daß sie nicht genug mit reinnehmen dürften. Er als Kapitän hätte da zwei Probleme. Das erste sei, daß die Leute alle so dumm und uneinsichtig wären. Von der Cabin Crew lassen die sich gleich gar nichts sagen, und wenn er als Kapitän was sagt, dann ist jeder zweite dieser Problempassagiere angeblich gleich ein guter Freund des Chefs der Fluglinie und wolle gleich für seine Entlassung sorgen (mehr im Spaß gesagt, um die Uneinsichtigkeit zu veranschaulichen). Dann aber sagte er deutlich ernster, daß es noch ein ganz anderes Problem gebe. Er als Kapitän könne den Leuten nicht einfach nur irgendwelche Anweisungen geben. Er habe zwar die absolute und letztendliche Hoheit über sein Luftfahrzeug, aber er kann nicht einfach sagen, daß ihm der Koffer da nicht gefällt. Er muß entscheiden, daß dieser Koffer da die Sicherheit beeinträchtigt. Das kann er tun, und niemand kann und wird ihm da reinreden. Wenn er als Kapitän sagt, daß dieser Koffer ein Sicherheitsrisiko ist, dann ist das unangreifbar so. Die Konsequenz daraus ist aber, daß dann das Flugzeug am Boden bleibt, solange der Koffer nicht richtig verstaut ist. Da gibt es nicht viel zwischen jeden Schwachsinn zuzulassen und am Boden stehen zu bleiben.

Nach meiner Einschätzung sind unsere uneinsichtigen Flugidioten mit Riesengepäck im Mittel eine viel größere Gefahr für die Flugsicherheit, als Terroristen es wären. Ich glaube, die Gefahr eines normalen Flugzeugunglücks, bei dem man dann nicht schnell genug herauskommt, weil zuviel sperriges Zeugs in der Kabine rumfliegt und die Leute in Panik oder Unvernunft die Flucht blockieren, ist viel größer. Die Maschine, die in New York im Hudson notgewassert ist, ist vorzeitig gesunken, weil eine Frau in Panik eine der hinteren Türen geöffnet hat, obwohl die schon unter Wasser war. Bei irgendeinem Flugzeugunglück hat man Leute gesehen, die mit zwei schweren Koffern in der Hand auf der Tragfläche standen und damit runterspringen wollten. Mir graust es davor, nicht schnell genug herauszukommen, weil die alle erst ihren Plunder einsammeln und mitnehmen wollen. Vermutlich sehen das einige der Sicherheitsverantwortlichen ähnlich, und vielleicht ist das eine Gelegenheit, die eingerissenen Sitten wieder etwas zurückzudrehen.

Was Al-Qaida angeht, die ja nun die Verantwortung für diesen Anschlag haben wollen (ob sie das nun wirklich geplant haben oder einfach mal die Verantwortung für alles übernehmen, was sich so ergibt), muß man sich allerdings fragen, was die sich eigentlich dabei denken.

Ich denke, die halbwegs neutrale Aussage ist vertretbar, daß es es hier um einen Konflikt zwischen den westlichen Industrienationen, insbesondere oder sogar nur der USA, und einigen Ländern oder veilleicht sogar nur Personengruppen des nahen Ostens geht. Was aber versprechen die sich davon?

Ein Flugzeug zu zerstören ist gefühlt immer heiter, weil es in der Zeitung steht, die Politiker sich aufregen und die Bevölkerung Angst bekommt. Objektiv betrachtet ist es aber ziemlich bedeutungslos. 300 Tote? Oder auch 3.000 wie in New York? Hört sich schrecklich an und ist es auch für die Betroffenen, aber volkswirtschaftlich und großpolitisch ist es eigentlich wurscht. Was sind schon 300 oder 3.000 Tote ab und zu mal im Vergleich zu den Toten durch Alkohol, Rauchen, Straßenverkehr oder die laxen amerikanischen Waffengesetze? Al-Qaida ist ein Witz gegen die National Rifle Association. Im Jahr 2000 gab es in den USA etwa 30.000 Tote durch Handfeuerwaffen. Die haben jährlich zehnmal so viele Tote durch Handfeuerwaffen wie es beim Anschlauf auf das World Trade Center gab. Und keinen stört’s. Die ziehen ohne mit der Wimper zu zucken in den Krieg und nehmen dafür ebenfalls tausende Tote in Kauf. Wieviel Eindruck will man durch ein gesprengtes Flugzeug mit 300 Toten machen? Die haben ja sogar zu viele Flugzeuge und müssen die eintüten und in der Wüste abstellen. Ob die mal eins mehr oder eins weniger ausmustern oder abschreiben, ist auch egal. Und bisher haben wir mehr Unglücksabstürze als Anschläge, und die nimmt man beim Fliegen ja nun auch in Kauf.

Flugzeug-Anschläge mit Sprengstoff sind halt so das Standardprogramm von irgendwelchen Feiglingen, aber bewirken können sie eigentlich nichts. Eben so Heckenschützenmethoden von Leuten, die die offene Auseinandersetzung scheuen. Eigentlich per se schon ein intellektuelles Armutszeugnis.

Was also versprechen die sich davon?

Was sie sicherlich erreichen ist, die USA zu provozieren und denen Grund und Vorwand für die Verschärfung der Flugsicherheit zu bieten. Wenn man sich mit der amerikanischen Denkweise beschäftigt und erkannt hat, daß Sicherheit keine absolute Wissenschaft ist, sondern sehr stark mit der jeweiligen Mentalität verbunden ist, sieht man, daß die amerikanische Seele zwei Grundmethoden der Sicherheitstechnik bevorzugt: Reputation und Economy.

Was würde daraus, wenn man das zu Ende denkt?

Nun, ein Ansatz ist das Reputation-Modell. Im Prinzip haben sie das schon, denn es gibt in den USA ja dieses Ampelmodell, in dem jeder einen (geheimen) Status Rot, Gelb oder Grün hat, der bestimmt, ob jemand fliegen darf. Wer Rot hat, kommt nicht mehr in ein Flugzeug rein. Und darf das Land nicht einmal mehr überfliegen, selbst ohne Landung. Air France mußte kürzlich auf einem Flug nach Südamerika umdrehen, weil sie dabei über Hoheitsgebiet der USA mußten und nicht durften. Die USA hatten – obwohl nicht einmal Ziel- oder Zwischenflughafen – anhand der Passagierlisten einen entdeckt, den sie nicht haben wollen, und sogar die Überflugrechte versagt. Was wie eine Überreaktion aussieht, bekommt vor dem Hintergrund solcher Anschläge durchaus Bedeutung, denn wenn man ein Flugzeug über einer amerikanischen Stadt oder Industrieanlage abstürzen läßt, schlägt das eben auch ein. Die USA werden diesen Kurs nicht nur beibehalten, sondern drastisch verschärfen. Es hat sich aber gezeigt, daß die bisherige Vorgehensweise, die sicherheitstechnisch gesehen nur eine Blacklist war, kaum Wirkung gezeigt hat.

Ich vermute deshalb, daß die USA im Rahmen ihrer Hoheitsgebiete und vermutlich auch da, wo sie großen Einfluß haben, ein Whitelist-Modell durchsetzen werden. Nicht mehr der wird vom Flug ausgesperrt, von dem man Böses weiß, sondern es wird dann nur noch der fliegen können, der sich dazu anmeldet und über eine nachweisbar positive Reputation verfügt. Der, über den man gar nichts weiß, wird künftig nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt fliegen und reisen können. Ich habe kürzlich meine Einschätzung über Google abgegeben, und daß ich seit deren Entstehen den Eindruck habe, daß die vom US-Geheimdienst mitfinanziert werden. Inzwischen gab es sogar irgendwo ein Interview (find ich gerade nicht mehr), in dem jemand von Google einräumte, daß man die Geheimdienste beliefert. Wenn man nicht wolle, daß etwas bekannt würde, dann solle man es nicht tun.

Heißt mit anderen Worten: Der US-Geheimdienst wird nach meiner Einschützung künftig über jeden Weltbürger eine Akten anlegen (falls er das nicht schon längst getan hat). Über Google, Facebook, usw., über die Chat- und Kommunikationsdienste, über Bestellseiten und Bibliotheken wird in unglaublichem Umfang Information über die Leute gesammelt werden und ein Scoring erstellt. Und nur wer sich dabei nach deren Wertmaßstäben gut verhält, wird künftig noch ungehindert fliegen und sich bewegen können. Wer keinen guten Score hat, wird künftig wohl kaum noch einen Mietwagen bekommen.

Und nun ratet mal, wen das am stärksten trifft. Nicht die Amerikaner. Und uns Westeuropäer wohl eher wenig. Aber besonders die Bürger der verdächtigen stramm-islamischen Staaten, ob nun beteiligt oder nicht.

Ein anderer typisch amerikanischer Sicherheitsansatz wäre die Economy. Konsequent gedacht müßten alle Passagiere eine Bürgschaft oder Versicherung aufbringen, die den Schaden trägt, falls das Flugzeug einem Anschlag zum Opfer fällt. Landet das Flugzeug sicher, bekommt man den Großteil der Gebühren zurück. Oder anders gesagt, man muß ein Pfand für das Flugzeug hinterlegen. Und wenn man’s kaputt macht, dann zahlt man. Weil man natürlich nicht ein paarhundert Millionen als Pfand hinterlegen kann, müßte man das über eine Grundgebühr versichern.

Wie wäre das? Falls es wirklich, wie von Al-Qaida angekündigt, zu mehr Anschlägen kommt, wäre die kosequente Economy-Lösung, Leute nur noch mit einem Versicherungsschein, quasi einer Haftpflichtversicherung, einsteigen zu lassen, die alles zahlt, was an Schäden entsteht. Neubau World Trade Center, Hinterbliebenen-Renten, usw. usw. Typisch amerikanisch wäre es, wenn die zu zahlenden Prämien dafür vom Risiko abhängen. Was im Ergebnis dazu führen würde, daß Leute aus typischen Terrorismus-Ländern, bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen weitaus mehr für einen Flug zu zahlen haben als die aus westlichen Ländern. Die Versicherungsunternehmen werden sich schon darum kümmern, daß ihrem Risiko angemessene Einnahmen gegenüberstehen. Unsereiner wird das künftig vielleicht sogar in der Kreditkarte mit drin haben, wie die Reiserücktrittsversicherung. Zahlt man den Flug mit der Kreditkarte, ist die Terrorversicherung schon mit drin. In anderen Ländern wird man jedoch einen separaten Versicherungsschein eines entsprechenden Unternehmens kaufen und vorweisen müssen. Mit anderen Worten: die jeweilige gesellschaftliche Gruppe zahlt selbst den Schaden, den die von ihr geduldeten Terroristen anrichten, indem jeder Bürger oder sonstwie Angehöriger einen höheren Flugpreis zahlt. Nach dem Motto, soll’n sie halt eins sprengen, dafür zahlen sie dann jeder 20 Dollar mehr pro Flug. Das hätte eine ganz enorme Selbstregulierungskraft, stärker als jeder politische Einfluß. Was glaubt Ihr, wie schnell es mit der Sympathie für Al-Qaida & Co. und deren Duldung vorbei wäre, wenn so ein Bombenversuch wie der vor drei Tagen sich unmittelbar in der Erhöhung der Versicherungskosten für Leute aus diesen Ländern niederschlagen würde. Wenn die Volkswirtschaft damit zahlt, was die im Volk versteckten Terroristen an Schaden anrichten? Auch die Zusatzkosten für die gesteigerten Sicherheitsmaßnahmen könnte man ja proportional umlegen. Je niedriger die Reputation, desto höher der Anteil. Man könnte mal eine 30-Jahres-Statistik der Flugzeutattentate erstellen und aus welchen Gruppen, Kulturkreisen, Ländern, Parteien, usw. die Attentäter stammten. Terrorduldende Länder zahlen dann einfach mehr fürs Fliegen, in gewisser Weise das Verursacherprinzip.

Man kann das noch weiter treiben. Economy, Angriffskosten, muß sich nicht notwendigerweise auf Geld beziehen. Man könnte auch auf religiöse Risiken abheben. Ich habe gehört, der Koran in extremistischer Auslegung gestattet das Töten von Ungläubigen, aber nicht von Muslimen. Mir einer gehörigen Portion Zynismus, über den so mancher Staat sicherlich verfügt, könnte man sagen, daß die Gefahr dann am größten ist, wenn in einem Flugzeug fast nur Ungläubige sitzen, weil dann das religiöse Vergehen eines Anschlags am niedrigsten wäre. Also könnte man verfügen, daß Flugzeuge nur noch religionsgetrennt besetzt werden. Entweder gar keine Leute reinlassen, die nicht einen sehr guten Whitescore haben, oder die Maschine zu mindestens 80% mit Muslimen füllen, damit ein Anschlag hinreichend gegen religiöse Gebote verstieße und nach deren Regeln im Jenseits nicht Belohnung, sondern Strafe nach sich zöge. Böse, böse, aber konsequent.

Das sind nur einige Überlegungen, die so eintreten können, aber nicht müssen.

Was ich damit zeigen will: Der Schuß geht nach hinten los. Al-Qaida wird langfristig den Leuten aus den Ländern, in denen sie ihren Rückhalt haben, auf die eine oder andere Weise wirtschaftlich weitaus mehr Schaden zufügen als den USA.

12 Kommentare (RSS-Feed)

yasar
29.12.2009 23:37
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Wer sagt denn, daß die “bösen” Muslime dafür verantwortlich sind, daß diese Entwicklung vorangetrieben wird und nicht eine Dreibuchstaben-Organisation, von denen es in der USA ja genügend gibt. Wäre nicht das erste mal. 😉


Hadmut
29.12.2009 23:52
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Zugegeben, vielleicht gibt es Al-Qaida ja gar nicht oder nicht mehr, und ist nur eine Legende der Dreibuchstaben-Organisationen. Wäre plausibel.

Und vielleicht ist die Vermutung, daß die 3 Buchstaben dahinterstecken, die einzig plausible Erklärung dafür, daß mehrere der Anschläge fehlgeschlagen sind, weil die das vielleicht nur andeuten und nicht wirklich wollten.

Und letztlich kann ich auch nicht wissen, was wirklich dahintersteckt. Bekomme ja sowieso nur zehnfach vorgesiebte und geölte Informationen.

Aber die Konsequenz daraus wäre, daß ich zu überhaupt nichts mehr eine Meinung bilde oder diskutiere, weil ich letztlich von gar nichts wirklich wissen kann, wer dahintersteckt. Und das brächte dann auch wieder nichts.

Selbst wenn der Wissenschaftler Zweifel an einer Hypothese hat, bleibt ihm trotzdem nichts anderes übrig als trotzdem damit zu arbeiten, bis er eine bessere hat. Und die muß halt auch belegt sein. Ganz schweigen ist auch kein Ansatz.


Stefan W.
30.12.2009 4:50
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Widerlegst Du Dich nicht selbst, wenn Du erst feststellst, daß im volkswirtschaftlichen Maßstab ein Flugzeugabsturz unerheblich ist, aber die enormen Kosten “terrorduldende Länder” (welche wären das? geht es nicht um Personen aus diesen Ländern?) erdrücken sollen, so daß diese vom bösen Glauben abfallen?

Diese Form der Sippenhaft ist natürlich heikel, aber so ähnlich bei KFZ-Versicherungen wohl in Gebrauch. Legitim finde ich sie nicht. Die Fluggesellschaft sagt: Wir können vorab nicht erkennen, wer einen Terroranschlag verüben würde, aber unter lybischen, maskulinen Muslimen ist die Wahrscheinlichkeit größer, als unter britischen Muslimen, oder lybischen Christen, oder überhaupt Frauen. Aber wer ein Muslim ist, das können wir von außen nicht sehen; wer Mann oder Lybier ist dagegen können wir relativt leicht sehen. Ob der Lybier terroristisch ist ist natürlich auch nicht zu sehen. Von 5 Mio. Lybiern ist vielleicht einer Terrorist, während es unter 50 Mio. Deutschen nur einen gibt – scheinbar ein 10-fach höheres Risiko. (Die Zahlen sind natürlich erfunden). Für die 4 999 999 Mio. Lybier, die sich nicht in die Luft sperren, ist das trotzdem eine blöde Sache, auch für die christlichen Lybier, die Agnostiker, muslimische Pazifisten. Statt das eigentliche Ziel zu verfolgen, dem man nicht habhaft wird, weil der Anschlagswillige seinen Willen heimtückisch kaschiert verfolgt man einfach die, die man leicht identifizieren kann? Das ist wie mit dem Mann, der unter einer Laterne in gebückter Haltung auf und ab läuft, und gefragt wird, was er da verloren suche. “Ja, meine Uhr, die habe ich da drüben verloren!” und zeigt auf die andere Straßenseite. Wieso er dann auf dieser Seite suche? “Weil drüben keine Laterne ist.”

Eine andere Frage ist, wie man eine solche Regelung mit dem sonstigen Rechtssystem harmonisieren wollte. Will man die Fluggesellschaften wg. Mitstörerhaftung drankriegen? Wenn die Fluggesellschaften nicht selbst haften, dann brauchen sie auch keine Versicherung der Kunden zu verlangen. Man würde also das eigene Rechtssystem perforieren, würde man die Haftung so willkürlich verkehren.


Hadmut
30.12.2009 10:48
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Ich habe ja nicht gesagt, daß ich es für gut, richtig, funktionierend oder effektiv halte, sondern ich habe nach meiner Erfahrung, wie die US-Amerikaner im Bereich (IT-)Security ticken und argumentieren, eine Prognose/Prophezeiung abgegeben, auf welche Überlegungen die kommen werden.

Ich habe auch nicht gemeint, daß die enormen Kosten die terrorduldenden Länder “erdrücken” sollen (obwohl das wegen der starken Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durchaus möglich wäre, dazu gab es schon Überlegungen bei Anti-Spam-Methoden, die auf Kosten beruhen). Es geht darum, daß Angehörige terrorduldender Länder bei jedem Flug, den sie buchen, auf der Rechnung einen Aufschlag von vielleicht 20 Dollar für ihre Terror-Risiko-Versicherung finden, während der Norweger auf dem Nachbarplatz nur 3 Dollar zahlen mußte.

Wenn man als Terrorist merkt, daß alles, was man kaputt macht, auf den Rechnungen der eigenen Landsleute landet, vergeht einem vermutlich irgendwann der Spaß am Bomben.

Rechtlich sehe ich da gar kein Problem. Erstens sind Deine Überlegungen zwar begründet, aber zutiefst deutsch-spezifisch, und seit wann interessieren die Amis sich für deutsches Recht? Wenn die das beschließen, ist das so, Ende. Zumal das ja im wesentlichen Nicht-Amerikaner belasten würde, und die haben nach amerikanischem Verfassungsrecht keine Grundrechte und damit keine Klageposition.

Davon abgesehen hielte ich es auch für mit deutschem Recht vereinbar, wenn man als souveräner Staat gesetzlich entscheidet, daß ein Flug mit einer im Staat ansässigen Fluglinie oder jeder Überflug über das Territorium durch eine Versicherung abgedeckt sein muß, für die nicht die Fluglinie, sondern die Passagiere aufkommen – schon aus Wettbewerbsgründen. Außerdem würde die Fluglinie die Kosten auch nur auf die Passagiere umlegen. Wenn man das aber entkoppelt und sagt, daß irgendwelche Versicherungskonzerne solche Versicherungen anbieten sollen, und es dann einfach deren Geschäftsmodell überläßt, die Prämien dem Risiko anzupassen, und ihnen gleichzeitig Zugang zu den Geheimdienstakten gibt (Quasi sowas wie eine Terror-Schufa), würde sich das selbst so entwickeln.


yasar
30.12.2009 11:04
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@Hadmut:

Auch wenn mein Kommentar nicht ganz ernstgemeint war, sollte man natürlich auch unwahrescheinliche Hypothesen nicht unberücksichtigt lassen, um nicht dieselben Fehler zu machen, die die von Dir angeprangerten “Wissenschaftler” machen, nach dem Motto: “Diese Hypothese ist zu unwahrscheinlich, die kann gar nicht richtig sein.”, Natürlich ohne sie richtig falsifiziert zu haben.

Wenn man beide Hypothesen gegeneinanderstellt

“Al Kaida macht Flugzeuge putt” “CIA (o.ä.) macht Flugzeuge putt”

und versucht daraus abzuleiten, wem es mehr wehtut oder wer mehr vom Ergebnis hat, finde ich immer mehr Gründe, warum die US-Oligarchie (nicht das US-Volk per se) positiv davon profitiert und nicht die “notleidenden” Muslime. (Mehr Rüstungsumsatz, mehr Kontrolle über das Volk, etc.)

Ich würde sogar so weit gehen, daß tatsächlich die Al-Kaida hinter den Anschlägen steckt, ohne daß sie es weiß, daß sie von den USA unterstützt wird. Das würde sogar viel mehr erklären, aber das sind leider von Dir und mir nicht direkt überprüfbare Hypthesen.

Vielleicht sollte man ja einfach die Methode verwenden, die in einem youtube-Video vorgestallt wird:

Da wird ein “Jihad Elimination Worker”, kurz Jew, dazu benutzt im mit einem “Human Upper-Body Grasp”, kurz hug, Terroristen zu entlarven:

http://www.youtube.com/watch?v=4ajNpR6bmes


Hadmut
30.12.2009 11:49
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@Yasar: Man kann da auch anders herangehen. Die historisch-geschichtliche Erfahrung zeigt, daß es bei zwei arg zertrittenen Parteien meistens einige wenige kooperierende Gruppen aus beiden Lagern gibt, die beide am Erhalten des Krieges profitieren und damit über das gemeinsame Ziel, miteinander im Krieg zu bleiben, in gewisser Weise – das muß man sehr zurückhaltend formulieren – einvernehmlich darin kooperieren, sich zu bekriegen. Es soll schon vorgekommen sein, daß sich von den Links- und Rechtsextremen oder von verfeidente Fans unterschiedlicher Fußballclubs Leute ihre Demos und ihr Auftreten zeitlich und räumlich vorab so aufeinander abgestimmt haben, daß es beim Zusammentreffen den größtmöglichen Zusammenstoß inklusive Randale gibt. Manchmal ist nicht der Sieg, sondern der Krieg an sich das Ziel. Wo es Streit gibt, gibt es Profiteure, meistens auf beiden Seiten. Und Profiteure sind immer gut darin, den Profit über die Ideologie zu stellen.

Insofern würde ich annehmen, daß es gar nicht darum geht, welche der beiden Theorien richtig ist, sondern daß die da beide mitmischen. Möglicherweise ohne daß der eine vom anderen weiß.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, daß man Al-Qaida gar nichts in die Schuhe zu schieben braucht. Man organisiert einen Anschlag, läßt das irgendwie nach wirrem Islamisten aussehen, der was gegen die USA hat und was von Satan und so brabbelt, und Al-Qaida, die vermutlich längst keinen Überblick über ihre Splittergruppen mehr hat, wird sich freuen und ganz von alleine ein authentisches Bekennerschreiben rausgeben.

Man müßte wirklich mal einen Anschlag komplett faken und abwarten, wer sich alles dazu bekennt.


Zeugen sollen berichtet haben, daß er desorientiert von einem unbekannten Mann ohne Paß und Kontrollen eingecheckt wurde. Da brauchen wir natürlich dringend neue Nacktscanner. Amsterdam hat schon 15 davon. Wir sind schon in der Zukunft, in der nur Dreibuchstabenorganisationen solche Chaoten an Bord bringen können.

Carsten

http://www.stuttmann-karikaturen.de/archivseq.php?id=3415&s=rss
http://www.stuttmann-karikaturen.de/archivseq.php?id=3416&s=rss


quarc
30.12.2009 21:45
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Die Zielgruppe terroristischer Aktionen sind nicht in erster Linie die
direkten (Todes)opfer eines Anschlages, sondern vielmehr das Publikum,
das in Schrecken versetzt werden soll (wie die Übersetzung von “Terror”
ja auch nahelegt). Zur Erzeugung von Schrecken sind allerdings bekannte
Alltagsgefahren nicht besonders geeignet. Der Durchschnittsamerikaner
wird die Waffendichte in US-Großstädten genauso erfolgreich verdrängt
haben, wie der Durchschnittsdeutsche die Raserei auf den Autobahnen.
Aber explodierende Flugzeuge wirken so erschreckend wie der Angriff
von Haien auf Badegäste, gerade weil das Risiko für den einzelnen
recht gering ist.

Insgesamt sind also auch derlei “erfolglose” Anschlagsversuche durchaus
wirksam. Genau deshalb dürfte eine solche “opferlose Schreckenserzeugung”
auch für diverse Kreise der Geheimdienste interessant sein.
In den Nachrichten kam vor kurzem die Meldung, dass die USA bereits
seit einiger Zeit im Jemen verdeckte Operationen durchführen.
Falls sie den jetzigen Attentäter dort bereits entdeckt haben, ist
ihnen vielleicht eine solche “kontrollierte Explosion” als sichere
Methode der Entschärfung vorgekommen.


Stefan W.
31.12.2009 8:26
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Daß es eine Prognose, und keine Rechtfertigung sein sollte, gestehe ich zu.

Aber sind die Zahlen gut? Wieviele Flugtickets werden in den USA pro Jahr gebucht? Ich meine im Rahmen der 9-11-Berichtererstattung von 300 Mio. per Jahr gelesen zu haben, also pro Ami ein Flug.

Menschenleben jetzt aufzurechnen ist ja ein sehr unappetitliches Unterfangen – aber bei einem Flugzeug mit 100 Toten a 3 Mio. Euro oder Dollar Schadensersatz pro Jahr wäre man bei einem Dollar/Euro pro Flug.

Bürdet man die aber nur zu einem 10-tel den US-Amis auf (gemeint ist, mit 10¢ / Flug) und zum Vielfachen Arabern, Palästinensern und Pakistanis, die aber kaum fliegen, die also 10 000 Euro oder Dollar für die Versicherung abdrücken sollen, dann kommt man flugs zu einem Effekt, den man mit einem Flugverbot nach Nationalität ebenso erzielen könnte.

Ich würde aber vermuten, daß amerikanisches Recht mit deutschem mancherlei gemein hat – z.B. daß man sich nicht gegen Vorsatz versichern kann. Davon habe ich noch nicht gehört.

Und die Amerikaner haben m.W. auch Diskriminierungsverbote – genaueres kann ich aber nicht beisteuern.

Ich frage mich aber auch bei der Pointe, dass jetzt Pakistanis muslimishcen Glaubens und gebremster US-Feindlichkeit ihre mehr fanatischen Glaubensbrüder beknien, die Flugpreise in den USA nicht kaputtzubomben, und die hören sich das geduldig an, und sagen, “Na wenn Ihr Urlaub in Disneyworld machen wollt, dann zerstören wir den gottlosen US-Imperialismus eben nicht” – das wirkt ja etwas beschaulich auf mich.

Die Gotteskrieger werden weder ihre Opferbereitschaft zügeln, weil es zuhause nicht mehr hip ist, noch weil sie soundsoviele Muslime mit in den Tod ziehen. In Afghanistan und im Irak sind die meisten Terroropfer und die meisten Terroropfer sind Muslime.

Rational ist denen überhauptnicht zu kommen. Vielleicht wenn die Amis selbst 5 eigene Flugzeuge pro Jahr in der Luft explodieren ließen, um zu demonstrieren, daß sie das gar nicht juckt – das wäre eher eine erfolgversprechende Strategie: Schaut, wir können das auch, und wir können es besser!


Hadmut
31.12.2009 14:19
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@Stefan: Die Zahlen entbehren der Grundlage, die habe ich nur als Beispiel frei aus der Luft gegriffen.

Menschenleben aufzurechnen ist nicht unapettitlich, sondern in der kommerziellen Luftfahrt längst Standard. Ein Leben hat einen ganz bestimmten, festgelegten Wert (weiß ich gerade nicht auswendig), und wann immer eine Schwäche im Flugbetrieb entdeckt wird, wird ganz betriebswirtschaftlich gerechnet, wieviel die Behebung kostet, wieviele Tote sich damit vermeiden lassen und was davon günstiger ist. Wenn wir das bei der allgemeinen Flugsicherheit so treiben, warum sollte man dann für Anschläge auf Flugzeuge eine Ausnahme machen? Ist der, der ein einem zerbombten Flugzeug stirbt mehr wert als der der stirbt, weil die Triebwerke ausfallen oder der Blitz eingeschlagen ist?

Ich glaube auch nicht, daß die Umlage so hoch wäre, daß sie einem Flugverbot entspräche. WTC 9/11 hat glaube ich so 2-3 Milliarden Schaden verursacht. Seither war nicht mehr viel, oder? Gehen wir mal von durchschnittlich 300 Millionen bis 1 Milliarde Dollar pro Jahr Schaden durch Flugzeugterrorismus aus. Ich habe keine Ahnung, wieviele Flugtickets verkauft werden, aber nehmen wir mal die von Dir genannte Zahl von 300 Millionen in den USA verkauften. Da viele Flüge woanders gebucht werden und ja auch noch andere Fluglinien in die USA fliegen, und sich vielleicht auch andere Länder daran beteiligen, könnte ein solches Vorgehen sicherlich 500 Millionen bis 1 Milliarde Flugtickets betreffen. Eher mehr. Die Deutsche Flugsicherung hat 2007 über 3 Millionen Flüge gezählt, die allein Deutschland überflogen haben, und das ist ja nur ein sehr kleiner Teil der weltweiten Flüge, und pro internationalem Flug sitzen meist so 100 bis 300 Leute im Flieger.

Daher würde ich mal grob schätzen, daß mit einer Abgabe von größenordnungsmäßig einem Dollar pro Flug (ganz grobe Schätzung) die Schäden von Terrorismus abgedeckt würden. Nun könnte man hingehen, und das bei jedem als positiv vertraunswürdig eingestuften Passagier auf 30 oder 50 Cent reduzieren, während man bei weniger vertrauenswürdigen Leuten 10, 20, 30 Dollar verlangt und das auch explizit auf der Rechnung ausweist. Damit wird man richtig viel Ärger und Diskussion verursachen und den Ländern, die verantwortlich sind, vor Augen führen, daß sie da nicht mit irgendwelchen Kavaliersdelikten den Satan USA angreifen, sondern konkret Schaden anrichten und dafür aufzukommen haben.

Außerdem kann man sich sehr wohl gegen Vorsatz versichern. Wenn Du hier autofahren willst, brauchst Du auch eine Haftpflichtversicherung, die im Falle von Vorsatz m. W. auch erstmal in Vorleistung treten muß, sich das dann aber von Dir wieder holt. Solche Vorsatz-Versicherungen nennt man nur eben im Allgemeinen nicht Versicherung, sondern Bürgschaft.


Stefan W.
2.1.2010 2:20
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Ja, daß die Haftpflichtversicherung bei Vorsatz in Vorleistung geht kann sein. Der Punkt geht an Dich. Vorfälle mit Vorsatz dürften bei KFZ-Versicherungen aber die Ausnahme sein, die bei den Kosten zu vernachlässigen ist. Hier geht es aber darum mit den Kosten etwas zu bewirken, also die Kosten sollen gerade spürbar hoch sein, und nur intentionales Handeln erfassen.

Es gibt aber v.a. ein Problem mit sehr seltenen Extremereignissen wie 9/11: Hier waren 3000 Tote zu beklagen, die gar nicht im Flugzeug saßen. Bei allen Anschlägen zuvor und danach gab es nur große Schäden für die Insassen des Flugzeuges, und daher mindestens eine Größenordnung unter den Zahlen von New York. Kalkuliert man Seiteneffekte mit ein, wie Kursstürze, die aber schwer direkt zurechenbar sind, wird es noch teurer. Flugzeuge, die in Atomkraftwerke stürzen oder Chemiefabriken in Großstadtnähe könnten auch teuer werden.

Problem 2: Vor dem Ereignis konnte man auf stochastischer Basis mit solch einem Vorkommnis gar nicht rechnen, aber wie oft kommt sowas nun vor? In den letzten 10 Jahren kam es 1x vor, in den letzten 100 Jahren auch 1x. Auch ist unklar, auf welche Basis an Flügen man das hochrechnen will – nur auf Flüge mit Maschinen für > 100 Personen? Müssen sich Spanier, Briten und Japaner auch versichern, oder geht es nur um Flüge aus, in die und durch die USA?

Die Datenbasis fehlt, um die Kosten zu beziffern, behaupte ich.

So oder so ist der Ansatz mit der Sippenhaft, daß man Personen bestraft für etwas, was sie nicht getan haben, sondern daß man sie dafür bestraft, dass sie mit anderen Tätern etwas gemeinsam haben (Nationalität), was man leicht messen kann, während man das eigentliche Problem (aggressiver Haß) nicht messen kann.

Die Täter haben in Deutschland studiert – das könnte man auch als Maßstab nehmen. In Berlin brennen Fanatiker Autos von Nobelmarken ab. Dafür will ich auch nicht zahlen, nur weil die Täter mit mir manches Merkmal teilen. Ich will auch nicht gezwungen sein Limburger-Herzbubenmusik zu hören, um statistisch von den Tätern so stark unterschieden zu sein, daß ich aus der Zwangsversicherung entlassen werde.


Stefan W.
10.1.2010 4:16
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Die Faz hat jetzt auch einen Artikel, der statistische Häufigkeiten vs. Vorurteile am Beispiel Flughafen diskutiert: http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~EEAA226BD4240470E87E69E9A7119A09B~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Allerdings nix besonderes in meinen Augen.