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Qualität der Universitätsausbildung

Hadmut Danisch
22.6.2009 22:30

Heise sprach gerade die schlechte Qualität der Informatikerausbildung an.

(Ist schon drei Tage alt, ich bin gerade mit Umzug beschäftigt…)

Zitat:

Besonders schlecht fallen Beurteilungen aus, inwieweit mit “gut” benotete Absolventen dem Bild eines guten Software-Ingenieurs gerecht werden: Bei der aus Sicht der Befragten wichtigsten Fertigkeit, dem Durchdringen fachlicher Systeme, haben sie sich gerade noch zu einem “ausreichend” durchringen können. Auch die Programmierkenntnisse beurteilten weniger als 50 Prozent mit gut oder sehr gut.

Die Fähigkeit, Software zu testen, beherrschen die Absolventen laut der Hälfte der befragten Industrievertreter unzureichend bis gar nicht. Hier tut sich ein offensichtlicher Gegensatz zur vorherrschenden Ansicht aus Industrie und Forschung auf, dass diese Fertigkeit wichtig bis sehr wichtig sei. Vergleichbare Noten erhalten Themen wie Ergonomie und Management. Designkenntnisse beziehungsweise Techniken, Systeme so zu bauen, dass sie sicher und gut weiterzuentwickeln sind, werden ebenfalls nur mit ausreichend bewertet.

Kann ich nur bestätigen. Entspricht exakt meinen Erfahrungen bei der Personalauswahl und aus dem eigenen Studium (besonders in Karlsruhe). Alles was realitätsnah ist, wird als unwissenschaftlich abgetan. Und letztlich muß man die Frage stellen, woher die Fähigkeiten auch kommen sollen. Wieviele der Informatik-Fakultäten haben Leute, die so etwas zu lehren imstande sind? Und würde man so etwas in einen Lehrplan einbauen können?

Wann würde denn in einem Hochschulstudium gelehrt, Systeme so zu bauen, daß sie sicher und gut weiterzuentwickeln sind? Eigentlich laufen die Anforderungen an der Uni auf das genaue Gegenteil hinaus.

Ironisch bis paradox ist, daß dies ausgerechnet vom “Verein Karlsruher Software Ingenieure” festgestellt wurde, denn die Karlsruher Informatikfakultät nimmt Leute, die das können, gerade nicht als Professoren an. Es gibt Aussagen aus einem Berufungsverfahren, daß gerade das zu können unerwünscht ist.

Es sieht also ganz danach aus, als ob wir jedes Jahr Milliarden Euro aus Steuergeldern in ein Universitätssystem pumpen, das nicht in der Lage ist, Leute für den Beruf auszubilden.

3 Kommentare (RSS-Feed)

quarc
25.6.2009 21:02
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Natürlich kann man die Frage auch umkehren: ist es wirklich
Aufgabe einer Universität, eine Berufsausbildung zu betreiben,
die in der von den betreffenden Unternehmen nachgefragten Form
genausogut von einer Berufsschule (oder auch an einer FH) geleistet
werden könnte, und oft auch gut geleistet wird?

Wenn nein, warum tut man in Politik, Wirtschaft und Universität
dann so als ob?

P.S.: ich bin einige Tage zu spät auf die letzte Seite Deiner Diss
gestoßen. Daher hier nachträglich (passend zum Datum des Blogeintrages)
Herzlichen Glückwunsch!


Hadmut
25.6.2009 22:03
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Danke! 🙂

Und ja: Solange die Universitäten Berufszugangsprüfungen (!) durchführen dürfen, müssen sie auch eine Berufsausbildung betreiben, denn die gehört zur Prüfung.

Wenn die Universitäten nicht mehr für den Beruf ausbilden sollen, dürfen sie dazu auch nicht mehr prüfen, also keine Diplome, Vordiplome, Bachelor, Master. Dann dürfen sie nur noch ab Promotion aufwärts prüfen.


quarc
4.7.2009 23:42
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Die Frage ist aber, für welche Berufe der von der Universität
verliehene Abschluss notwendige Voraussetzung ist und welche
inhaltlichen Anforderungen sich hieraus ergeben.
Aus Sicht eines hard-core Akademikers ist die Universität in erster
Linie dazu da, die nächste Generation von Wissenschaftlern auszubilden.
Dementsprechend ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium auch nur
für die wissenschaftlichen Tätigkeiten im akademischen Bereich
erforderlich und wenn ein Softwarehaus meint, dass ihnen
so
ein
oder so ein Informatiker nicht reicht und sie sich stattdessen unbedingt
mit einem einen Dipl.-Inf schmücken wollen, dann ist das deren Problem.
Allerdings würde ein solcher hard-core Akademiker womöglich auch
Ingenieursstudiengänge gar nicht an der Uni haben wollen.

Vielleicht stimmt ja wirklich was mit der Informatik nicht
Bei den klassischen Natur- und Geisteswissenschaften hört man
das Gejammer eigentlich nicht.

Es ist auch kein Zufall, dass im Fall der wenigen nichtakademischen
Berufe für die ein Hochschulabschluss erforderlich ist, der Staat sich
den Zugriff auf Prüfungsinhalte durch eigene Prüfungen (die Staatsexamen)
sichert.

Es herrscht kein Mangel an Berufsausbildungen, die in enger Abstimmung
mit den potentiellen Arbeitgebern gestaltet werden. Die Frage ist, ob es
wirklich etwas bringt, diese _Form_ den Universitäten aufzuzwingen.

Das Dumme ist nur, dass die Universitäten diese hard-core Position
gerade nicht vertreten. Stattdessen preisen sie sich mit
“Hurra, Hurra, wir sind praxisnah” an und wecken Erwartungen, die
sie nur enttäuschen können.