Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Forschungsbetrug: Ganzes Journal gefälscht

Hadmut Danisch
6.5.2009 21:21

Hatte ich nicht erst vor vier Tagen gesagt, daß ich gespannt bin, welcher Forschungs- und Publikationsbetrug als nächster kommt? Hier ist der nächste Knaller: (in Fefes Blog gefunden)

Der Chemie- und Pharmariese Merck soll ein ganzes wissenschaftliches Journal gefälscht haben, in dem er die eigene Produktwerbung und -propaganda als wissenschaftliche und durch peer-review verifizierte Arbeiten und so unter anderem ein Medikament als sicher und wissenschaftlich überprüft hingestellt hatte, das es nicht war und wohl zu Herzanfällen geführt hatte.

Quellen:

Besonders bemerkenswert daran finde ich, daß Merck angeblich den Verlag Elsevier für das Herausgeben dieses Schein-Journals bezahlt hatte. Dieser Verlag ist schon zweimal in meinem Blog aufgetaucht, einmal in einem Artikel über Forschungsbetrug mit Link auf einen externen Blogeintrag bei Scienceblogs.de über Chaos bei Elsevier, wonach Elsevier trotz absurd hoher Abo-Preise pseudowissenschaftliche bis völlig absurde Texte in seinen Journalen hat – und trotzdem von vielen Bibliotheken gekauft wird.

Zum zweiten Mal tauchte Elsevier in meinem Blog wieder zu eben jenem Thema auf:Nämlich im Artikel über Open Access, weil die 10 teuersten Journale an der Karlsruher Uni-Bibliothek allesamt von Elsevier kommen und bis zu 18.000 Euro im Jahr kosten, die Karlsruher Bibliothek allein für diese 10 Journale jährlich über 120.000 Euro zahlt.

Da fragt man sich: Wenn doch dieser Verlag so unseriös ist und so pseudowissenschaftliches, absurdes oder gar betrügerisches Zeug druckt, warum schmeißt dann die Universität Karlsruhe soviel Geld dafür hinaus? Das stinkt geradezu danach, daß hier irgendwer Schmiergeld dafür einsteckt, daß man Schrott-Journale zu überhöhten Preisen abonniert. Würde mich sehr interessieren, ob da irgendwelche Karlsruher Professoren finanzielle Vorteile von Elsevier bekommen haben, und sei es auch nur, daß deren Papers dort zur Veröffentlichung angenommen wurden. Motto: Wenn Du dafür sorgst, daß Eure Bibliothek meine Journale für teuer Geld kauft, dann verschaffe ich Dir viele Einträge auf Deiner Veröffentlichungsliste.

Apropos Veröffentlichungsbetrug: Hatten wir es nicht gerade erst von den Vorgängen an der Uni Göttingen? Die da Veröffentlichungen erfunden hatten, um ihre DFG-Anträge für ihren SFB aufzupeppen? Da gibt’s auch ein paar Neuigkeiten: Die DFG bzw. deren Ombudsfrau Ulrike Beisiegel sagen, das wär kein Einzelfall. Sowas käme öfter vor. Hab ich mir ja gleich gedacht, war mir sofort klar.

Allerdings ist fraglich, inwieweit die DFG, die hier so als Kontrolleur auftritt, nicht selbst mit drinhängt. Die finden nämlich auch immer nur dann was, wenn das Weggucken nicht mehr funktioniert. Ich habe die DFG schon mehrfach über wissenschaftlichen Schwindel und über das Fehlen der von der DFG angeblich geforderten Kommissionen zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens informiert. Die machen gar nichts, die antworten nicht einmal. Die DFG nimmt solchen Schwindel bewußt hin. Und das, obwohl die derzeitige DFG-Ombudsfrau Beisiegel selbst an der damaligen DFG-Richtlinie mitgeschrieben hat, wonach diese Kommissionen gefordert werden, und was man der Politik als Qualitätsmerkmal verkauft hat. Warum schreibt jemand eine Richtlinie, die etwas fordert, und interessiert sich dann so überhaupt nicht dafür, ob es erfüllt wird? Vielleicht weil die ganze Richtlinie ein inszenierter Schwindel der DFG war? Ich bin ja auch schon öfter auf Seltsamkeiten in Zusammenhang mit der DFG gestoßen und den seltsamen Drang der Bundesregierung, alles was in Verbindung zur DFG steht, vor Akteneinsicht zu schützen.

Ich denke mal, da kommt noch ziemlich viel Dreck ans Licht. Im Artikel klang ja schon an, daß die Uni Göttingen womöglich Geld zurückzahlen muß. Das wird lustig, da freu ich mich jetzt schon drauf, darüber zu lesen (und zu schreiben).

Mal sehen, was als nächstes kommt. Und wann.

2 Kommentare (RSS-Feed)

quarc
9.5.2009 21:12
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Wo Erpressung reicht, ist Bestechung nicht nötig.
Elsevier schnürt Bündel aus begehrten Zeitschrifte und solchen, die
keiner haben will. Die Bibliothek steht dann vor der Wahl, entweder
das Bündel zu kaufen oder nur die eigentlich gewünschten Zeitschriften
zu einem noch höheren Preis zu beziehen. Solange diese Methode
funktioniert, stört es den Verlag nicht, wenn sich ein paar
Müllzeitschriften im Angebot befinden.

Hinzu kommt, dass die eigentliche Arbeit der Begutachtung eingehender
Artikel ohnedies (fast) umsonst von Wissenschaftlern durchgeführt
wird. Die Verlage sind nur für Vertrieb und Geldeinsammeln zuständig.
Wenn also ein Zeitschrift in der Qualität abstürzt, wird das vom Verlag
nicht unbedingt bemerkt. Falls es sich um eine Zeitschrift handelt,
die (siehe oben) sowieso keiner lesen will, bemerken es auch die
potentiellen Leser nicht. Wenn doch, stört es den Verlag nicht,
solange das Geld fließt.


Hadmut
9.5.2009 21:14
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Sind noch mehr solcher Journale bei Elsevier aufgetaucht. Siehe meinen neuesten Blog-Eintrag.