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Krypto-Protokolle beim Tanken?

Heute geh ich nach dem Tanken in den Tankstellen-Shop zum Bezahlen. Schockschwerenot: Lautstarker Streit, Gefuchtel, Gezeter, Geschrei, die Tankstellenchefin wütend am Telefonieren, der umittelbar bevorstehende Ausbruch von Handgreiflichkeiten liegt in der Luft. Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Worum ging’s?

Eine andere Frau hatte getankt (ich meine Benzin, nicht Alkohol), ihre Karte stellte sich aber als nicht gedeckt heraus und Bargeld hatte sie auch nicht dabei. Woraufhin diese Frau – soweit sich aus den Gesprächsfetzen und dem Geschrei entnehmen ließ – gesagt hatte, daß sie noch eine Frau kenne, die Geld habe, die man anrufen solle, damit die ihre Kartendaten durchtelefoniere. Selbiger Vorschlag hatte die Tankstellenchefin offenbar ausgesprochen wütend gemacht, zumal das mit ihrem Kartengerät so nicht ginge, was sie ziemlich druckintensiv in den Telefonhörer trompetete, wobei mir nicht erkennbar wurde, ob sie da Polizei oder besagte geldvermögende Frau dran hatte.

Es kam zudem zu wenig damenhaften aber dafür vernehmlichen Äußerungen einer weiteren Frau, deren Rolle in dem Spiel mir nicht ersichtlich war. Nicht, daß Frauen einen Grund bräuchten, um sich einzumischen. Interessant waren jedoch die weiteren Bekundungen der Chefin, die ich hier mal der Kraftausdrücke und des Tonfalls entledige und auf die Substanz reduziere:

Es hat an ihrer Tankstelle in letzter Zeit eine massive Zunahme von solchen Fällen gegeben, daß nämlich Leute erst tanken, dann nicht bezahlen können, dann einfach ihre (im Zweifelsfall irgendeine) Adresse hinterlassen und verschwinden. Und an der Tankstelle respektive der Chefin bleibt es dann hängen, das Geld einzutreiben. Den Darlegungen der Chefin zufolge sei diese Unterfangen bisher stets erfolglos verlaufen. Sie machte nachdrücklich und unmißverständlich ihrem Unmut darüber Luft, daß sie jeden Monat einen immer größeren Betrag für solche Fälle drauflegen müsse. Sie stellte außerdem klar, daß sie die aktuelle Schuldnerin auf keinen Fall gehen lassen wolle – was ich in Anbetracht des Gewichtsverhältnisses und ihrer Physiognomie für absolut glaufhaft hielt. Über die sich aufdrängende Frage, worauf wohl die Situation hinauslaufen könnte, daß die eine die andere festhält, bis letztere Geld herausrückt, das sie nicht dabei hat, decken wir hier den Mantel der Nächstenliebe. Ich beeilte mich, den Ort zu verlassen, bevor Blut spritzt, nicht ohne zugunsten meiner eigenen Gesundheit meine eigene Quittung zu prüfen.

Offenbar handelt es sich dabei um eine neure Erscheinung, so eine Art “Tankprellerei light”. Daß Leute tanken und dann einfach wegfahren, ist ja altbekannt. Seit die Tankstellen mit Videokameras aufgerüstet wurden, sind die Erfolgsaussichten aber ziemlich schlecht geworden, man hat gleich ein Strafverfahren am Hals. Außerdem gehört dazu doch gewisse kriminelle Energie. Reinzugehen und seinen Namen zu sagen nimmt der Sache das gefühlte kriminelle Element – man kann in normaler Geschwindigkeit wieder wegfahren ohne daß die Polizei mit Blaulicht hinter einem her ist. Und wer nichts mehr hat, bei dem ist dann nichts mehr zu holen. Vom Peinlichkeitsfaktor abgesehen ist die Methode relativ risikolos für Leute, die ohnehin überschuldet sind. Greif mal einem nackten Mann in die Tasche, sagt schon der Volksmund. (Die Vorgänge in der Tankstelle heute lassen den Schluß zu, daß der Spruch auch für Frauen gilt.)

Wie jüngst zu hören war, nimmt die Armut in Deutschland zu, ein erschreckend hoher Bevölkerungsanteil kann nicht mal mehr den Kindern regelmäßige warme Mahlzeiten bieten. Wer in dieser Situation ist, wird sicherlich Geld, falls er es hat, naheliegenderweise zuerst für Essen ausgeben, zumal die Benzinpreise rapide steigen. Diese Fälle werden also – in Übereinstimmung mit den Äußerungen der Chefin – massiv zunehmen. Die Tankstellen werden reagieren müssen.

Was lernen wir daraus?

Obwohl es hier nicht um Information, sondern um eine Ware und Geld geht, hat dies große Ähnlichkeit mit kryptographischen Protokollen, etwa zu Kaufvorgängen und ähnlichen. Die Situation ist nicht die zweier “guter” Kommunikationspartner und eines bösen Dritten, sondern die, in der der Zweite schon der Böse ist.

Der einfachste – aber leider häufig nicht betrachtete – Angriff eines Kommunikationspartners (“Bob” greift “Alice” an) ist der, daß das Protokoll richtig angefangen und an irgendeiner Stelle einfach abgebrochen wird. Bob legt einfach auf. Man kommt dabei beispielsweise zum Einschreibeproblem.

Eine ähnliche Situation ist hier: Erst wird das Gut (Benzin) genommen. Manche hauen dann gleich ab.
Andere unternehmen noch den nächsten Schritt der Identifikation (mit oder ohne Fälschung) und brechen dann ab: Stellen sich in die Tankstelle, sagen, daß sie kein Geld haben, und bleiben einfach stehen.

Und damit erweist sich das Primitivprotokoll

  1. <- Benzin
  2. -> Geld

als wenig sicherheitstauglich. Deshalb gibt/gab es in den USA Tankstellen, an denen man zuerst direkt an der Säule mit der Kreditkarte zahlte, und dann soviel bekam, wie gezahlt wurde:

  1. -> Geld
  2. <- Benzin

Das Problem daran ist, daß man nicht volltanken kann, man bekommt entweder mehr oder weniger Benzin, als noch in den Tank paßt. Beides doof. Deshalb wird man wohl auf ein neues Modell umsteigen, das ich zumindest an einigen US-Tankstellen schon gesehen habe (ich tanke zugegebenermaßen sehr selten in den USA…), nämlich daß man zuerst seine Kreditkarte hinterlegt, der Tankwart sie prüft und dann erst von drinnen aus die Zapfsäule freigibt, man dann bis zu einem gewissen Betrag tanken darf und dann schließlich bezahlt. Gibt’s auch mit Automaten. Das entspricht der Funktion der Kreditkarten, daß Umsätze vorbelegt werden könnten: Noch ist nichts gezahlt, aber ein Teil des Kreditrahmens weg und die Kartengesellschaft garantiert, daß der Betrag innerhalb der nächste soundsoviel Minuten/Stunden/Tage zu buchen wäre. Sowas scheint es auch hier zu geben, denn auch auf meinem normalen Girokontoauszug hab ich sowas mal gesehen, wenn ich mich richtig erinnere. Das Protokoll sähe also ungefähr so aus:

  1. -> Reputationszertifikat und Identitätsnachweis
  2. <- Benzin
  3. -> Geld

Und schon ist sie wieder da, die vermaledeite Reputation. So wird’s wohl kommen.

Der Zusammenhang mit kryptographischen Protokollen scheint bisher etwas weit hergeholt.

Vor Jahren ist mir aber mal der Fall einer Promotion untergekommen, in dem eine Frau (schon wieder…) ihre Dissertation über kryptographische Protokolle zur Abwicklung von Käufen im Internet geschrieben hatte. Der Vorfall in der Tankstelle erinnerte mich direkt an die Mängel dieser Dissertation.

Die betrachtete Situation war etwa dieselbe wie in der Tankstelle: Kunde bekommt ein Gut vom Händler, Händler bekommt Geld vom Kunden. Fertig.

Obwohl die Doktorandin sich als Sicherheitsspezialistin ausgab und ausgegeben wurde, hatte sie überhaupt nicht verstanden, worum es bei Sicherheit eigentlich ging. Sie schrieb nur den Fall, daß alle lieb, brav und ehrlich mitspielen in der für kryptographische Protokolle typischen Schreibeweise auf. Schutz gegen Angriffe gab es da nicht. Letztlich lief das auf nichts anderes hinaus als Kunde nimmt sich das Gut, Kunde ist ehrlich genug zu zahlen. Wofür man dazu ein kryptographisches Protokoll bräuchte, konnte sie nie erklären.

In dem Protokoll gab es etwa ein Dutzend verschiedener Stellen, an denen der Käufer einfach abbrechen konnte, dann das Gut hatte, und der Händler in die Röhre guckte – wie die Tankstellenchefin.

Was noch viel dämlicher war: Der “Käufer” konnte jederzeit behaupten, das Gut nicht erhalten zu haben oder es bezahlt zu haben, ohne daß der Händler das widerlegen konnte. Manche Protokollschritte beruhten so richtig treudoof naiv auf der Kooperation der Parteien. So erhält der Kunde – es ging um Softwarekäufe – das Gut in Form einer Datei, soll dann die Prüfsumme sagen, anhand derer der Händler sich überzeugen kann, daß der Kunde das Gut bekommen hat und nun Geld verlangen kann. Der Händler soll damit Dritten gegenüber beweisen können, daß der Kunde die Ware erhalten hat. Da der Händler die Datei und damit die Prüfsumme natürlich selbst kennt, ist der Beweiswert gleich null. Und warum der Kunde so doof sein sollte, die richtige Prüfsumme zu nennen – oder überhaupt noch zu antworten – nachdem er die Software heruntergeladen hat, damit er sie noch bezahlen muß, war auch nicht klar.

Herrlich war auch, daß das Protokoll in seiner ursprünglichen Form die Anonymisierung des Kunden vorsah. Der Kunde konnte sich jederzeit eine beliebige neue Identität ziehen, der Händler ihn also nicht wiedererkennen. Ich wand damals in der Vorstellung der Dissertation vor der eigentlichen Promotion ein, daß der Kunde damit den Händler beliebig oft bescheißen kann, ohne daß der Händler sich wehren könnte. Kunde nimmt sich, was er will, und bricht das Protokoll vor der Bezahlung ab. Das konnte er machen, so oft er will. Na, so die Doktorandin damals jovial naiv, spätestens nach dem dritten Mal würde der Händler es sich schon überlegen, ob er diesem Kunden noch was verkaufen wolle. Auf meinen ersten Einwand, daß das Protokoll die Verweigerung eines Verkaufs nicht ermögliche und außerdem der Kunde sich ständig neue Anonyme Identitäten (bzw. Pseudonyme) wählen und der Händler ihn nicht wiedererkennen kann, kam nur Schweigen.

Der nächste Punkt war die Sache mit den Quittungen. Ich fragte, woher denn der Kunde eine Quittung für den Kauf bekäme. Beispielsweise fürs Finanzamt. Oder wenn der Softwarehersteller für die Lizenz einen Kaufnachweis sehen will. Wenn man des Softwarediebstahls beschuldigt wird. Und so. War nicht vorgesehen. Sei aber kein Problem, so die Antwort, man könne sich ja einfach beim Händler melden und um eine schriftliche Quittung bitten. Der wäre sicherlich gerne bereit, die auszustellen.

Ah ja, entgegnete ich damals, ich kaufe als erst anonym das Gut, um sodann beim Händler anzurufen “Guten Tag, ich bin der Danisch, der anonyme Kauf da eben, das war gerade ich, bitte schicken Sie mir die Rechnung per Post an meine Adresse …”. Damit ist erstens die Anonymisierung futsch und unsinnig, und zweitens stellt der Händler beliebig Blanko-Quittungen aus, weil er nicht nachprüfen konnte, ob ich wirklich der war, der heute morgen anonym gekauft hatte.

Och, meinte sie, das sei doch gar nicht so schlimm, wenn der ein paar Quittungen zuviel ausstelle.

Ich dachte, ich stehe im Wald. Man konnte also Software klauen und sich dann sogar noch eine Quittung ausstellen lassen, mit der man den legalen Besitz beweisen konnte. Und daß nach Buchhaltungspflichten ein Händler gar nicht beliebig Quittungen ausstellen darf, war der Dame auch nicht bekannt. Würde ganz neue Möglichkeiten des Vorsteuerbetrugs eröffnen, hihi. Da war’s dann aus.

Für die Endversion wurde deshalb aus dem Anonymisierungsprotokoll ohne wesentliche Änderungen ein Authentifikationsprotokoll (lustig, gell?), und um zu heucheln daß man sich mit den Rechtsfragen befasst hätte, wurden einfach 10 Seiten Gesetzestext willkürlich abgeschrieben. Als dritter Prüfer wurde dann ein Staatsanwalt eingesetzt, obwohl der das nicht durfte.

Und an diesen Krypto-Kaufprotokoll-Schwachsinn mußte ich vorhin in der Tankstelle denken, als das Problem aufkam, daß Leute (derzeit noch) beliebig tanken können und es eigentlich gar nicht nötig haben, davonzurasen, sondern sich einfach hinstellen können und sagen “Ich hab kein Geld, was machste nu?”. Also – wie in der Dissertation – Ware nehmen und dann das Protokoll abbrechen, beliebig oft wiederholbar. Deshalb war die Chefin heute in der Tankstelle auch so sauer und aufgebracht: Sie war im Prinzip in fast genau derselben Situation des Händlers, die ich vor über 10 Jahren in der Besprechung beschrieben hatte, nämlich dastehen und zugucken zu müssen, wie einem der Laden ausgeräumt wird, und nichts dagegen tun zu können.

Was aus der Frau in der Tankstelle wurde, weiß ich nicht.

Die Dissertation wurde damals “mit Auszeichnung” bewertet.

12 Kommentare (RSS-Feed)

BlueLion
7.6.2008 8:27
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… und das sind dann die Leute, die im Management landen …


Jens
7.6.2008 10:47
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“Vom Peinlichkeitsfaktor abgesehen ist die Methode relativ risikolos für Leute, die ohnehin überschuldet sind.”

man Eingehungsbetrug


yasar
7.6.2008 12:22
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Zumindest für das Tanken gibt es eine viel pragmatischere und einfachere Lösung:

Einfach einen Saugschlauch an jede Zapfsäule dranmachen ähnlich dem, den man für’s “schnelle” Ölwechseln nimmt. Dann ganz deutlich an die Zapfsäulen dranschreiben, daß man im Falle des Falles den gesamten Tankinhalt wieder heraussaugt und gut ist. Vermutlich hat die Anbringung von Dummies schon den Vorteil, daß keiner diese Masche zumindest vorsätzlich versucht. Und im Fall des Falles nimmt man halt einfach so ein Schlauchset, wie es mal früher welche gab, um damit jemandem mit Benzin auszuhelfen. Wobei ich den Verdacht habe, daß diese Schlauchsets früher, als abschließbare Tankdeckel noch selten waren, für andere Zwecke genutzt wurden.


Hadmut
7.6.2008 14:19
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Nix mit Eingehungsbetrug.

Prinzipiell würde das zwar schon passen, denn Eingehungbetrug betrifft die Täuschung, die eigenen Verpflichtungen aus dem Vertrag auch tatsächlich vertragsgemäß zu erfüllen (z. B. Zechprellerei). Insofern würde das schon passen. Betrug setzt aber als zwingendes Tatmerkmal voraus, daß ein Mensch getäuscht und bei ihm ein Irrtum hervorgerufen wurde, aufgrund dessen er eine Vermögensverfügung vorgenommen hat. Als ich noch ein Kind war, gab es noch den Tankwart (“Volltanken, Scheiben waschen, Kühl-, Scheibenwasser und Öl prüfen bitte”), auch kürzlich hab ich wieder mal einen erlebt. Der Normalfall ist aber die Selbstbedienung an der Zapfsäule. Und Zapfsäulen fallen nicht unter die Gattung Mensch, sondern unter die Gattung Automat. Und Automaten kann man nicht betrügen. Wer tankt und kein Geld hat, hat deshalb zu keinem Zeitpunkt einen Menschen getäuscht, der die Eigentumsübertragung am Benzin verfügt hätte, und folglich auch keinen Betrug begangen.

Zwar gibt es gerade deshalb den “Automatenbetrug”, genauer gesagt die Erschleichung von Leistungen nach § 265a StGB. Aber das zieht auch nicht, denn das Erschleichen setzt voraus, daß man durch unbefugtes und ordnungswidriges Verhalten unter Umgehung von Kontroll- oder Zugangssperren den Zugang erlangt.

Wer an eine Tankstelle fährt und tankt hat aber keine Kontroll- oder Zugangssperre umgangen.

Rechtlich gesehen ist das das Risiko der Tankstelle, wenn sie jeden auf Vertrauensbasis am Automaten erstmal Benzin in den Tank füllen läßt und dann hofft, daß der andere zahlungsfähig und -willig ist.


Hadmut
7.6.2008 14:29
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Zu Yasars Schlauchlösung:

Sorry, aber das wird auch nichts, und zwar gleich aus drei Gründen:

Der erste Grund ist, daß das nach deutschem Recht wegen des sogenannten Abstraktionsprinzips nicht möglich ist (anders z. B. USA). Ein Kaufvertrag ist prinzipiell zustandegekommen (Angebot/Annahme) und das Benzin hat durch konkludentes Handeln der Tankstelle (Bereitstellung zur Selbstbedienung) bereits den Eigentümer gewechselt.

Der Kunde schuldet der Tankstelle somit Geld, kein Benzin, und daran ist nichts zu ändern. Die Tankstelle kann dem Kunden kein Benzin abnehmen, das ihr nicht (mehr) gehört und auf das sie keinen Anspruch hat.

In den USA (soweit ich weiß sogar in jedem anderen Land, weil das Abstraktionsprinzip eine deutsche Besonderheit ist) darf sich der Verkäufer sein Zeug zurückholen. Deshalb gibt es dort immer wieder Schießereien, weil der Autohändler ein nicht völlig abbezahltes Auto vom Kopfgeldjäger zurückholen läßt, während der säumige Käufer auf der anderen Seite von seinem Recht Gebrauch macht, auf alles zu ballern, was sich auf seinem Grundstück bewegt.

Der zweite Grund ist, daß die Tankstelle davon nichts hätte, denn das Benzin ist damit verunreinigt (Dreck, Wasser und Restbenzin hat es in jedem Tank) und sie das einem anderen Kunden nicht mehr verkaufen dürfte. Weiß der Teufel was und wo der andere vorher getankt hat. War das alte Benzin geklaut, wäre es sogar Hehlerei, es wieder zu verkaufen.

Der dritte Grund ist, daß sich das Benzin bereits mit dem alten Tankinhalt vermischt hat und damit nicht mehr klar zu trennen ist. Man kann dem anderen nicht einfach irgendwas aus dem Tank nehmen.


Hadmut
7.6.2008 14:36
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Nachtrag:

Die zwei bis drei einzigen Auswege, das Benzin “zurückzuholen” (von dem Problem der Vermischung und Verunreinigung abgesehen) wären m. E.:

– Man stellt doch einen Tankwart hin, damit liegt Betrug vor und das Benzin kann als Gegenstand einer Straftat von der Polizei beschlagnahmt werden. Zu teuer.

– Man klagt die Rechnung ein, erwirbt einen Titel, schickt den Gerichtsvollzieher los und läßt das Benzin, das Auto oder was auch immer pfänden. De facto aussichtslos und in keinem Verhältnis zum Ertrag (vgl. Äußerungen der Tankstellen-Chefin oben).

– Der dritte Weg wäre, daß man auf irgendeine juristische Weise nachweist, daß ein Vertrag nicht zustandegekommen wäre und die Übereignung des Benzins daher ohne Rechtsgrund erfolgt sei und das Benzin analog der Kondiktion unterläge, also zurückgefordert werden kann. Eher theoretisch, das wäre vielleicht was fürs juristische Labor oder als Prüfungsaufgabe.


yasar
7.6.2008 16:52
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Man macht halt einen (großen) Bepper an die Zapfsäule, daß das Benzin Eigentum (Besitz ist was anderes) der Tankstelle bleibt, bis es an der Kasse bezahlt wurde (Eigentumsvorbehalt, mache ich mit meinen Lieferungen an Kunden auch so) und falls man an der Kasse nicht zahlen kann es wieder hergegeben werden muß. Dann sollte man auf jeden Fall sein Benzin wiederholen dürfen (wenn man vom Dreck usw. absieht). Ich denke, daß auch wenn das Benzin hinterher nicht mehr verwertbar ist, es zumindest die Leute davon abhalten würde, einfach zu tanken, obwohl sie wissen, daß sie nicht bezahlen können.

PS. Ich denke so ein einfacher Tankvorgang könnte manche Juristen damit beschäftigen, sich darüber zu streiten, ab wann der Kaufvertrag zustande kommt: ob schon zu Beginn des Tankvorganges (Hadmuts Ansicht) oder erst beim abgeschlossenen Bezahlen an der Kasse (meine persönliche Meinung). Aber wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, gibt es dazu mindestens n+1 Meinungen, wenn man n Juristen fragt, die weit mehr zählen als der gesunde Menschenverstand. 🙂


Hadmut
7.6.2008 18:15
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Mit dem Bezahlen an der Kasse hast Du deine Leistung aus dem Vertrag erbracht, ihn nicht erst abgeschlossen.

Die Tankstelle macht Dir ein Angebot, indem sie ein Schild raushängt, daß sie Benzin für x Euro pro Liter anbietet.

Indem Du reinfährst und Benzin einfüllst, hast Du das Angebot durch konkludentes Handeln angenommen. Also ist der Vertrag zustandegekommen.

(Wobei man sich nun wieder streiten kann, ob man einem Automaten gegenüber durch konkludentes Handeln einen Vertrag schließen kann. Ich bin der Meinung, daß in der Entnahme des Benzins der Vertragsabschluß liegt, weil der Tankstelle das Benzin dann fehlt und sie das auch später zur Kenntnis nehmen kann.)


yasar
7.6.2008 22:27
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IANAL und daher mag es durchaus sein, daß der Vertrag schon dadurch geschlossen daß man das Benzin in den Tank füllt.

Aber IMHO müßte ein Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung an der Kasse das ganze soweit absichern, daß man ohne in Konflikt mit Gesetzen zu kommen, das Benzin gleich wieder zurückfordern kann und falls der Betreffende trotzdem ohne es herauszurücken wegfährt Diebstahl begeht, genauso wie jemand im Supermarkt der, nachdem die Kassiererin/der Kassierer alles eingetippt hat die Sachen nimmt und einfach geht mit dem Hinweis, daß er nicht bezahlen kann.

Knackpunkt ist meienr meinung nach daher der Eigentumsübergang, der erst an der Kasse stattfindet und nicht der Besitzübergang, der an der Zapfsäule geschieht.

Aber wie ich schon sagte, daß war einfach nur ein pragmatischer Ansatz, der als einfacher Lösungsvorschlag gedacht war. Aber die Lösung mit der Wiederauferstehung des Tankwart-Berufes würde mir auch gefallen.

PS: Frage an diejenigen, die öfter in den USA tanken: In den US-filmen sieht man ja immer wieder häufig einen Tankwart, der die Kunden bedient. Gibt es den dort wirklich noch oder ist das eher die filmische Ausnahme?


Stefan
8.6.2008 15:22
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Ich vermute Hadmut hat – zumindest was das Vermischen angeht – Recht.
Als gemeiner Pächter besuche ich sonst die Tankstellen der Umgebung, und habe schon Zucker in meinem Tank (mit doppeltem Boden) den sich die Konkurrenz dann reinpfeift 🙂 – oh wie fies. 🙂

Was spricht aber dagegen Automaten zu bauen wie beim ÖPNV:
Über eine Tastatur gibt der Kunde ein, wieviel Liter (oder: für wieviel Geld) er tanken möchte, zahlt dann, und darf es sich dann einfüllen.

Mit ordentlich Wechselgeld bestückt müßte es auch möglich sein ein Volltanken zu realisieren.
Man würde schätzen 25-30 Liter zu benötigen, zahlt 30, und bekommt, weil nur 27,9 Liter reingepaßt haben am Ende Restgeld raus.

Alternative: Iteratives Herantanken: 25 l + 2 l + 0,5l + 0,2 l + 0,1l +0,1l …


yasar
19.6.2008 23:12
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Die Automatentankstelle (für außerhalb er Öffnungszeiten) hier im Ort nimmt außer EC-Karten und auch Bargeld. Man gibt an, für welchen Betrag man tanken möchte (oder steckt entsprechend viel Geld rein) tankt und gut ist. Wenn man doch nicht für soviel genakt hat, gibt es einen Beleg, den man während der Öffnungszeiten gegen Bares wechseln kann. Man kann den Automaten auch während der regulären Öffnungszeiten benutzen! Dann spart man sich den Weg durch den “Tankladen”, außer man bekommt noch Geld zurück.


yasar
19.6.2008 23:17
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Apropos zum zurücksaugen:

Ich hatte ja schon gesagt, daß es ja nicht darum geht, das verdreckte Zeug wieder in das Vorratslager zu füllen, sondern dies einfach wieder zurücksaugt, damit der andere keinen Vorteil von seinem Betrugsversuch hat und somit einen Anreiz weniger so etwas zu machen. Dann kann Dir auch kein böser Konkurrent auf diese Weise die komplette Tankstelle lahmlegen. Der Händler hat zwar trotzdem den Schaden (er kann das Benzin nicht mehr weiterveräußern (außer vielleicht als Grillanzünder, da gibt es bestimmt ein paar Idioten, die das kaufen), aber der Böse hat keine Vorteil davon, so daß die Hemmschwelle an größer ist.