Ansichten eines Informatikers

Flughafen-Sicherheit

Hadmut
26.11.2007 13:57

Und hier die Folge 734 der heiten Dauer-Serie “Ich und die Flughafen-Sicherheit”. Wieder einmal Frankfurt Rhein-Main.

Ich komme als durch die erste Sicherheitskontrolle. Alles prima, kein Problem. Die Leute sind freundlich, machen ihre Arbeit gut und ordentlich. Ich brauche mal wieder drei von diesen Kunststoff-Schüsseln bis ich meinen Krempel durch den Röntgenautomaten geschickt habe. Tasche, Jacke, Schlüssel, Geldbeutel, Kamera, Notebook extra. Alles kein Problem.

Dann aber durch die zweite Sicherheitskontrolle. Dieselbe Prozedur, alles auspacken, ausziehen usw. Ich stehe also vor dem Tisch, von dem dieses Rollen-Transport-System (wie heißt das eigentlich) in das Röntgengerät geht. Vor mir eine dieser grauen Schüsseln. Ich hole das Notebook aus der Tasche und will es gerade in die Schüssel legen, da zieht mir der Sicherheitsmitarbeiter ganz plötzlich die Schüssel unter dem Notebook weg. Ich stutze. Irgendwas nicht in Ordnung? Ich gucke ihn an und erwarte, daß er irgendwas sagt, er sagt aber nichts. Versteh ich nicht. Gestik und Mimik lassen erkennen, daß er erwartet, daß ich meinen Notebook direkt auf die Transportrollen schiebe. Will ich nicht, davon kriegt er mindestens Kratzer. Ich bitte ihn um die Schüssel, er guckt mich irritiert an. Ein Ausländer übrigens, Pardon: Mensch mit Migrationshintergrund. Augenscheinlich Inder oder so. Ich werde pragmatisch und nehme mir einfach die Schüssel, lege den Rechner rein und schiebe ihn Richtung Röntgengerät. Er guckt, als hätte ich ihm was weggefressen.

Von hinten kommt die nächste Schüssel. Ich will meine Tasche reintun, da zieht er sie mir wieder blitzartig weg. Diesmal übernimmt er die Initiative und schiebt meine Tasche direkt in das Röntgengerät, ohne Schüssel.

Das ist so die Masche, mit der man mich ärgern kann. “Könnten Sie mir bitte mal erklären, warum Sie mir ständig die Schüssel wegziehen und warum ich meine Sachen nicht in die Schüsseln tun darf?”

Er steht da, guckt mich überrascht an, Mund offen, sagt aber nichts. Guckt als wäre ich der Weihnachtsmann und der Osterhase in einer Person.

“HALLO, ich rede mit Ihnen! Warum nehmen Sie mir ständig die Schüssel weg?”

In gebrochenem Deutsch (ich kriegs nicht mehr wörtlich zusammen, ungefähr so): “Iche nicht habe genommen Schlüssel…”

“Ich meine die SCHÜSSEL, nicht die SCHLÜSSEL!”

Er glotzt mich an, der Gesichtsausdruck kann sich nicht zwischen verständnislos und hilflos entscheiden.

“Iche nicht genommen Schlüssel…”

“Ich meine die SCHÜSSEL! Hier, das Ding da…” Ich zeige auf die Schüsseln. Er ist davon sichtlich überrascht.

Der hatte mich einfach nicht verstanden. An dieser Stelle wäre die Story von meiner Seite eigentlich zu Ende und keiner einzigen Gedächtnishirnzelle wert gewesen. Kommt halt vor. Vorbei und erledigt.

Da kommt eine Frau von der Flughafensicherheit auf mich zu, baut sich offensiv vor mir auf und bellt mich an, ob es Probleme gibt und was ich wolle. Ui. Schon bin ich als Krawallmacher und Angreifer eingestuft. In den USA oder Kanada hätte man mich nun wohl schon mit fünf Sicherheitsbeamten überwältigt und mit Tasern beschossen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon schreiend und zuckend am Boden liegen. Kann tödlich enden. Ich antworte der Dame freundlich aber bestimmt, daß ich nicht mehr will, als meinen Notebook und meine anderen Sachen in diese Schüsseln zu packen und daß das Personal versteht, was ich sage. Das wäre ja wohl nicht zuviel erwartet. Sie sagt, ich solle durch den Metalldetektor gehen und macht eine Bewegung, die ich als Zeichen an die Sicherheitsleute deute.

Gleich kommen zwei auf mich zu und schauen mich grimmig-vorwurfsvoll an. Als ich durch den Detektor gehe, piept es. Das hat mir noch gefehlt. Der Detektor an der ersten Kontrolle hat nicht gepiept. Der Sicherheitsmensch sucht mich mit der Sonde ab und findet meine Gürtelschnalle. Noch bevor er etwas sagt hab ich den Gürtel schon rausgezogen und halte ihn ihm hin. Er will ihn nicht anfassen, sondern daß er gerönt wird. Sofort hält man mir eine Schüssel hin, als könnte mein Gürtel das wertvolle Geräte kontaminieren und für immer unbrauchbar machen. Zu dritt brüten sie über dem Röntgenbild meines Gürtels, während ich mich mit dem Rücken zu ihm aufstellen soll. Er tastet mich ziemlich intensiv, lange und grob ab, besonders da, wo die Sonne nicht hinscheint. Ich sage Danke, als habe es mir Spaß gemacht. Er ist sauer. Was ich eigentlich für ein Problem hätte, fragt er. Auch einer dieser unglaublich bescheuerten Neo-Anglizismen, und aggressiv noch dazu. Wenn mich jemand sowas auf englisch und ganz besonders auf deutsch fragt, weiß ich, daß da jemand gerade das Hirn abschaltet, weil er jede Abweichung von seiner eigenen, für unfehlbar gehaltenen Meinung als Individualproblem eines anderen ansieht.

Ich habe keines, sag ich, aber sie hätten ein Sicherheitsproblem. Ich hielte es für fundamental sicherheitsrelevant, daß Leute an der Sicherheitskontrolle die Landessprache beherrschen, falls ihnen mal jemand einen Hinweis oder sowas gibt. So könne man in meinen Augen keine Sicherheit treiben. “Wir verstehen den immer!” ätzt mich eine Frau von der Seite an. “Ja, aber der mich nicht.” Ich erkläre die Sache mit Schüssel und Schlüssel.

Da werde ich belehrt, daß ja wohl ich es wäre, der kein Deutsch könne. Es wisse doch jeder, daß das keine Schüssel sein könne, weil Schüsseln immer rund und nicht viereckig wären. So als wäre es naheliegender von “Schüssel” auf “Schlüssel” als auf die viereckigen Behältnisse vor meiner Nase zu schließen. Ich komme mir verarscht vor, vergewissere mich aber, daß sie keine Taser haben.

“Aha,” sage ich, “und wie heißen die Dinger dann bei Ihnen?”

“Das ist eine Box!” werde ich in ziemlich überheblich-herablassendem Ton belehrt. So von oben herab. Als Deutsch-Unterricht.

“Das Wort Box ist aber nicht Deutsch, sondern Englisch!” sage ich.

“…..*….Äh…..!”

Man beratschlagt. Alle miteinander. Die richtige Bezeichnung wußte sie jedenfalls nicht aus dem Stand.

Schließlich kommt man zu dem Ergebnis, die Dinger seien nunmehr und forthin als “Kisten” zu bezeichnen und ich möge den Ort nun unverzüglich verlassen.

Eigentlich wollte ich nur, daß mein Rechner keinen Schaden nimmt. Nächstes Mal werd ich also um eine Kiste für mein Notebook bitten. Mal sehen, was passiert. Vielleicht suchen sie mir dann einen Pappkarton oder sowas. Oder ziehen Taser.

3 Kommentare (RSS-Feed)

Jens
26.11.2007 17:52
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Ich habe keines, sag ich, aber sie hätten ein Sicherheitsproblem. Ich hielte es für fundamental sicherheitsrelevant, daß Leute an der Sicherheitskontrolle die Landessprache beherrschen, falls ihnen mal jemand einen Hinweis oder sowas gibt.

Andererseits lassen sich solche Leute, die nicht richtig verstehen, was man will, vielleicht weniger bezirzen (auch unterbewußt).


Stefan
27.11.2007 6:18
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Kasten ist richtig, wenn ich mich auf Wikipedia stützen darf, wo ich Schüssel, Schachtel, Kiste und Kasten nachgeschaut habe. Korb konnte ich selbst ausschließen – das müßte geflochten sein, oder von mir aus aus Plastik gegossen, aber mit einem Flechtmuster.
Die Kiste hätte einen Deckel, und die Schachtel soll aus Pappe o.ä. sein.
Eine Schüssel spielt aber im Umfeld von Zuber, Wanne, Eimer und Schale.
Bemerkenswert ist, daß man solch alltägliche Gegenstände nicht, oder schlecht voneinander abgrenzen kann.

Ein anderes Beispiel: Was ist eigentlich Obst, und was Gemüse? Man nutzt es ständig, aber kaum jemand kann eine Definition abgeben.


yasar
1.12.2007 19:43
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Obst: I.d.R. Mehrhjährige Pflnaze, z.B. Apfel Pfirsich, Orange, etc.
Gemüse: i.d.R. einjährige Pflanzen, z.B. Kürbis, Karotte, Zuchini, Salat, Melone, etc. (wobei Melonen von den meisten Leuten als Obst eingestuft werden, obwohl sie zu Gemüse gehörrn und mit Kürbissen und Zucchini eng verwandt sind.

Übrigens hat anscheinend letztens die EU die Karotte zu Obst erklärt (oder will es demnächst erklären, ich habe es in SWR3 nur mit halbem Ohr mitbekommen), weil nur Obst zu Marmelade verarbeitet werden darf und dann keine Karottenmarmelade mehr verkauft werden dürfte.