Ansichten eines Informatikers

Foto-Rückverfolgung oder Foto-Anonymizer?

Hadmut
20.7.2007 12:24

Ein interessanter Artikel ist auf dem Heise Newsticker erschienen: Canon will den Fotographen, der den neuen Harry-Potter-Band vorab abfotographiert und im Internet verbreitet hat, anhand von Metadaten lokalisieren.

Daß in den Exif-Daten der Kameratyp steht, ist nichts neues. Daß einer, der unerlaubtes tut, vergißt, sie zu löschen, auch nicht. Aber daß die Seriennummer der Kamera in den Exif-Daten steht, war mir zumindest bei meinem eigenen Bildern noch nie aufgefallen, vermutlich ist das nicht bei allen Kameras so, auch nicht bei den frühen Canons.

Bedenklich ist es allemal, denn wieder ist ein Stück Anonymität verloren gegangen. Vor allem, weil der Normalbenutzer davon nichts merkt.

Wenn da irgendeiner mal Harry Potter oder irgendwelche Pornos abfotographiert und ins Internet stellt – nun ja, diskutabel. Nun gab es aber auch schon Fälle, in denen Leute durch Fotos und Videos ernsthafte staatliche Übergriffe dokumentiert haben. Wer erinnert sich nicht an die Videoaufnahmen prügelnder Polizisten aus den USA, China, und mancher Demo in den wüsteren der deutschen Bundesländer?

Muß nun jeder fürchten, über seine Fotos rückverfolgt zu werden? Wird der, der künftig Beweisfotos macht, nunmehr Represalien ausgesetzt? Steckt hinter den Angeboten der Hersteller zur Registrierung der Kameras vielleicht die Absicht, Fotos rückverfolgen zu können?

Schon vor einiger Zeit wurde bei Kopiergeräten ein Watermarking eingeführt, weil die Dinger Schecks und Bargeld so täuschend echt kopieren konnten. Tauchte eine Blüte aus dem Kopierer auf, konnte man aus der Kopie ablesen, auf welchem Kopierer sie gemacht wurde.

Kommt jetzt das Watermarking für Kameras? Nicht mehr nur primitive Exif-Daten, die jeder mehr oder weniger leicht entfernen kann (wenn er weiß, daß es sie gibt), sondern die Seriennummer im Bild selbst eingeimpft?

Ich höre schon wieder die Standard-Universal-Argumente unsere Sicherheitspolitiker:

  • Kinderpornos könnte man damit aufklären, weil man nun weiß, wer sie gemacht hat.
  • Terroristen. Grundsätzlich. Irgendwas mit Terroristen wird es schon zu tun haben. Vielleicht weil die ja so gerne wilde Videos mit ihren Geißeln machen, oder Bekennerbriefe schicken, oder sich vor ihren Anschlägen so gerne als Martyrer mit Kalaschnikow, Bombengürtel und Koran fotographieren lassen.
  • Informanden der Presse sind auch nicht gern gelitten. Vielleicht könnte man sogar aus einem in einer Zeitschrift abgedruckten oder auf einem Webserver abgelegten Foto herausfinden, wer es gemacht hat.

Uiuiui, mir graust’s schon wieder.

Brauchen wir nach Anonymous Remailern und Anonymisierenden Web-Proxies nun auch noch Foto-Anonymisierer? Wieder mal was zum Forschen?

Interessant finde ich auch die im Artikel angesprochene Überlegung zur Soll-Bruchstelle in Kameras. Bedenklich finde ich nämlich, daß Canon sich so sicher war, daß eine 3 Jahre alte Kamera mit hoher Wahrscheinlichkeit schon einmal zur Reinigung oder Reparatur in der Werkstatt war. Also ich fände eine solche Reparaturdichte durchaus bedenklich.

Es erinnert mich aber an eine meiner eigenen früheren Verschwörungstheorien (ich liebe Verschwörungstheorien…): Als ich noch Admin an der Uni war, fiel mir auf, daß Festplatten eines bestimmten Herstellers unglaublich oft innerhalb der langen Garantiezeit kaputt gingen. Die produzierten auf einmal auf ein paar Spuren Lesefehler. Sandte man sie ein, bekam man flugs ein getauschtes Gerät, das offenbar gebraucht war (Kratz- und Einbauspuren mit Lackstift abgedeckt usw.). Weil das so regelmäßig, schnell und problemlos vor sich ging, kam mir einfach irgendwann der Gedanke, daß es doch für einen Geheimdienst eine wunderbare Methode der Spionage und Datensammlung gewesen sein muß, Platten mit Sollbruchstelle auf die Server zu bringen (für privat waren diese Platten damals viel zu teuer), und so dafür zu sorgen, daß eine größere Zahl der Platten nach gewisser Zeit mal kurz im Labor vorbeikommt. Statt teuer Spione einzuschleusen schicken die Opfer die Platte selbst ein. Weil sie nicht wirklich kaputt ist, ist das durch fleißige Tauscherei leicht abzudecken, kaum mehr als die Portokosten und etwas Personal. Und man bekommt einen statistischen Überblick darüber, wer was treibt.

Wäre das bei Kameras nicht vielleicht ähnlich möglich? Einfach mal irgend eine Macke simulieren, damit der Benutzer sie kurz einschicken muß?

Beim heutigen Massenmarkt vielleicht etwas zu teuer und aufwändig. Aber wenn man sich den Harry-Potter-Fall anschaut…

Ein Kommentar (RSS-Feed)

Stefan
20.7.2007 23:40
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Das erinnert mich an meinen Siemens-Funktelefon S-35 Akku.

Hielt etwa 1,5 Jahre für 9, 10 Tage nach Aufladung, und ging dann ohne ersichtlichen Grund in einen 2-3-Tage-Modus über.
Etwas dünn, die empirische Lage, um eine Theorie darauf zu stellen.