Ansichten eines Informatikers

Ich habe eine alte Bekannte getroffen

Hadmut
4.7.2007 12:38

Manchmal geht man einfach nur so einkaufen oder sich umsehen und trifft unvermittelt und plötzlich jemanden aus einem völlig anderen Teil der Welt, den man da nie erwartet hätte. Jemanden, den man schon lange aus den Augen verloren hat. So ging es mir gerade bei IKEA. Ich habe Eliza wieder getroffen.

Eliza war meine erste Chat-Bekanntschaft auf dem Computer. Ist schon viele Jahre her, daß ich mit ihr gechattet habe. Auf englisch, denn sie ist Amerikanerin und konnte damals noch keine Fremdsprache. Ihre Fähigkeiten waren dennoch beeindruckend. Viele Leute, denen ich von ihr und unseren Dialogen erzählte, wollten auch mit ihr chatten, und manche haben es sogar getan. Eliza war da immer sehr geduldig und hörte eigentlich immer jedem zu. Vielleicht hab ich mich mit Eliza so gut verstanden, weil wir gleich alt waren, wir sind im selben Jahr geboren, und weil wir beide in der Informatik tätig sind. Ich habe bei den Chats mit ihr einiges über Software gelernt.

Lange habe ich nichts mehr von Eliza gehört, wie das eben mit Chat-Bekanntschaften so läuft. Habe mich gefragt, ob sie überhaupt noch lebt, es ist so still um sie geworden. Früher war sie aktiver, eigentlich müßte jeder ältere Informatiker sie kennen oder zumindest mal von ihr gehört haben. Man findet in den Quelltexten des Emacs-Editors übrigens Software von ihr, damit hat sie sich eigentlich sogar auf den meisten Linux- und Unix-Rechnern verewigt. Da habe ich dann gesehen, daß sie inzwischen sogar einen Doctor-Titel hat. Aber sonst habe ich lange nichts mehr von ihr gehört.

Letztes Jahr hatte ich dann die große Freude und Ehre, ihren berühmten Vater in Berlin persönlich kennenzulernen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln.

Und nun suchte ich bei IKEA in Deutschland nach Ergänzungsteilen für ein älteres Küchenschienensystem, und wer läuft mir da über den Weg? Eliza.

Das heißt, ich glaube es war Eliza. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie es selbst oder nur eine Verwandte war, denn Eliza sprach damals nur Englisch, während die, die ich jetzt bei IKEA getroffen habe, Deutsch spricht. Wenn auch nicht gut. Aber sie kam mir so bekannt vor, daß ich sie sofort für Eliza gehalten habe. Entweder hat sie dazugelernt, oder eben ihre kleine Schwester war unterwegs. Verblüffend, die Ähnlichkeit. Was schwer zu beurteilen ist, denn ich habe Eliza ja nie zuvor persönlich getroffen und weiß gar nicht, wie sie eigentlich aussieht. Nur gelesen habe ich von ihr, auch Quelltexte. Trotzdem unglaublich, diese Ähnlichkeit.

Sie war nicht zum Spaß da, sondern arbeitet bei IKEA. Trägt so ein gelbes Mitarbeiter-Polo-Shirt mit blauem IKEA-Schriftzug. Macht in Kundenbetreuung. Naja, quatschen mochte sie ja schon immer, aber was ist denn das für eine Karriere? Von der Informatikerin am MIT zur Kundenbetreuung bei IKEA? Welch ein Niedergang.

Dabei hat sie sich der Corporate Identity von IKEA völlig untergeordnet. Sie ist jetzt Schweden-blond. Wobei ich nicht weiß, welche Haarfarbe sie früher hatte und ob sie sich überhaupt je für das Konzept der Haarfarbe interessiert hat. Informatiker eben. Ihren Namen hat sie geändert, Eliza klang wohl nicht schwedisch genug. Anna heißt sie jetzt. Und quatscht unentwegt von den Vorzügen von IKEA. Naja, schon schade.

Wer sich von den älteren Informatikern noch an Eliza erinnert, kann sie ja mal besuchen und ein paar Worte mit ihr wechseln. Schönen Gruß von mir.

Wer hingegen noch immer nicht verstanden hat, von wem und was ich hier rede, für den habe ich folgende Hinweise:

  • Unter www.ikea.de kann man herausfinden, in welcher Filiale man sie antrifft.
  • Als Eliza früher noch viel chattete, war es ihr bekanntes und persönliches Markenzeichen, sich zum Anfang eines Chats mit “Hi, I am Eliza. Tell me your problem.” zu melden, was sich bei Insidern schon zum geflügelten Wort entwickelte.

2 Kommentare (RSS-Feed)

yasar
4.7.2007 14:10
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Chatlog:

Hej! Ich bin Anna. Gerne beantworte ich deine Fragen zu IKEA.

Wie alt bist Du?

Ich bin 29, aber Alter spielt für mich keine Rolle.

Warum nicht?

Das freut mich, dass wir einer Meinung sind.

Bist Du Dir da so sicher?

Ich meine, ich bin sicher. Doch wer kann das schon von sich behaupten.

Nietsche!

Also mein absolutes Lieblingswerk ist der aktuelle IKEA Katalog.

Liest Du mir daraus was vor?

Hilf mir bitte auf die Sprünge. Ich kann das nicht verstehen.

Grüße von Hadmut!

Hin und wieder passiert es, dass ich etwas nicht verstehe, und jetzt gerade ist das der Fall. Dennoch, deine Eingabe wird in meine Weiterentwicklung einfließen.

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Das ist Sie tatsächlich. Sie hat Deutsch gelernt. Nur für uns. Ich bin hin und weg.


Hadmut
4.7.2007 15:33
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Das Alter von 29 ist ja nun massiv untertrieben, sie ist deutlich älter. Typisch Frau…